Tag 16: Im Karsttrichter

Anarchistenherz

Donnerstag, 22. Februar 2007
Playa Larga

Heute wird getaucht! Komme, was da wolle.
Unser erster Weg am heutigen Tage führt von daher zur Tauchschule. Allerdings sind wir etwas spät dran, und ich befürchte, dass es wohl auch heute nichts mit dem Tauchen wird. Es gibt zwar wohl auch Nachmittagstauchgänge, aber das hat nicht zu bedeuten, dass man sich hierfür auch in der Tauchschule trifft. Die Tauchplätze des Tauchcenters erstrecken sich über die komplette Ostseite der Schweinebucht (bis nach Playa Girón). Die Westseite der Bucht ist ein Teil des naturgeschützten Nationalparks der Halbinsel Zapata: das Sumpf- und Vogelschutzgebiet Parque Nacional de Zapata. Dort gibt es im Prinzip keine "Zivilisation".

Am Tauchcenter angekommen, begegnen wir glücklicherweise zufällig dem Lifeguard (höhö) der Tauchschule. Dürfte der wohl unnötigste Job sein, den man sich hier vorstellen kann: keine Wellen und nur ein einziges Mal gab’s hier einen Hai, wie wir kurz darauf von ihm erfahren; von daher mache ich mir keine Hoffnungen mehr, hier einem zu begegnen.
Seine Haupttätigkeit besteht wohl im Chauffieren von Tauchgästen, was er auch auf eine sympathische Weise macht: "Let’s see, if we can find an Instructor for you." Wir setzen uns also in den stylishen Tauchschulwagen und fahren, einen Tauchguide für mich suchend, die Küste ab.

Tauchschulentaxi
Tauchschulentaxi

Dass ich heute im Karsttrichter tauchen möchte, teile ich dem "Lebensretter" mit. Von daher fahren wir einfach mal dorthin. Auch, weil an der Cueva de los Peces sowieso immer was los ist; selbst aus dem locker zwei Stunden entfernten Varadero kommen Tauchgruppen mit Bussen hierher angereist!

Irgendwann – wir sonnen uns gerade am Ufer – steigt Ernesto, mein netter Guide von vorgestern aus dem Wasser. Sofort wird er darüber informiert, dass er gleich wieder tauchen darf, und nach einer knapp dreiviertelstündigen Oberflächenpause geht’s auch direkt los.

Der Karsttrichter sieht von außen aus wie ein kleiner See (knapp 25m im Durchmesser). Die oberen 3-5m sind Süßwasser, darunter ist der Trichter mit Salzwasser gefüllt. Die maximale Tiefe beträgt 72m. Wenn man jedoch in den See hineinspringt, kann man – nachdem man die äußerst verschwommenen ersten Meter durchtaucht hat – den Grund bereits nach 15-20m sehen. Und jetzt wird’s spannend: Der See geht unterirdisch weiter, wird zu einer stockdunklen Höhle, die knapp 200m lang ist und immer tiefer und tiefer in der Erde verschwindet (wie gesagt: die maximale Tiefe sind 72m). Wir gehen auf maximal 35m. Der Tauchgang ist allerdings weit weniger spannend als erhofft. Ganz im Gegenteil: ich atme so etwas von entspannt, dass ich – obwohl wir knapp 30 Minuten lang auf durchschnittlich 30m tauchen – kaum Luft verbrauche. Wie bei einem Nachttauchgang. Dunkelheit beruhigt mich scheinbar irgendwie …

Cueva de los Peces
Beim Verlassen der Höhle

Der Fischbestand hält sich auch in Grenzen, wobei es schon fasziniert, dass Papageifische (Salzwasserfische) auch an der Süßwasseroberfläche anzutreffen sind. "Interessante" Bewohner des Trichters sind eine Muräne und eine mittelgroße Schildkröte. Nicht das absolute Tauchhighlight, aber soweit ganz schön.

Nach dem Tauchen lassen wir uns zurück nach Playa Larga fahren und begeben uns zu unserem neuen kubanischen Lieblingsstrand im Clübchen Villa Playa Larga. Dort erwartet uns eine komplett abgemagerte Hündin, die uns so traurig anguckt, dass wir ihr in schwer abenteuerlicher Weise – nämlich so, dass keiner der weiteren anwesenden Vierbeiner etwas davon mitbekommt – Nahrung "zukommen lassen": mit einer Hand die anderen, sich langsam um uns versammelnden Hunde, irritieren, mit der anderen Hand, die arme Hündin füttern. Klappt erstaunlich gut ...
Danach müssen wir jedoch erst einmal eine Runde durch den Club laufen, um die Hunde wieder abzuschütteln. Die haben nämlich, trotz aller "Sicherheitsvorkehrungen", den Braten gerochen und verfolgen uns von nun an, in der Hoffnung doch noch etwas abzubekommen.

Der Rest des Tages ist Entspannung am Strand und Überfressen bei Enrique. Der Kubaner und seine strunzdumme Frau Dahlia nerven uns beim Essen übrigens ganz gewaltig, da die beiden sich abwechselnd (nie zusammen!) alle paar Minuten an unserem Tisch blicken lassen und fragen: "¿Bueno?" Und wir antworten immer "Si, gracias."
Fünf Minuten später: "¿Bueno?" – "Si, gracias."
Drei Minuten später: "¿Bueno?" – "Si, gracias."
etc.pp.
Boah …
Dahlia fügt dem Ganzen dann meistens noch ein "Äähähäääääää … äääh …" hinzu, was unsere Theorie der geschwisterlichen Eltern nur noch stärkt. Äähähäääääää … äääh …
Ihre Tochter ("la niña", irgendwas zwischen 15 und 25) antwortet übrigens mit genau dem gleichen "Laut", wenn man ihr ein freundliches "Hóla" entgegenwirft.
"Äähähäääääää … äääh …"
Ab und an fügt sie dem ganzen jedoch auch noch ein "Umpf." hinzu. Mal vorne- und mal hintendran. Also: "Äähähäääääää … äääh … Umpf." Oder: "Umpf. Äähähäääääää … äääh …"
So ist das...
Auch noch zu erwähnen wäre, dass (speziell) Enrique allabendlich mit total eingeschnapptem Gesichtsausdruck die Essensreste abräumt. Er, knappe 120kg, und seine Wuchtbrumme Dahlia (~110kg) mögen zehn randvoll gefüllte Teller vielleicht vertilgen können; wir (jeweils mit Traummaßen) können es nicht.
Wären diese seltsamen "Rituale" beim Abendessen nicht, die Zeit in Playa Larga wäre nahezu als "optimal" zu beschreiben. Der perfekte Kontrast zu La Habana.

Und morgen ist’s vorbei. Vamos a Cienfuegos …

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