Tag 32: Der beste Bäcker Kubas und ein Warnhinweis an suizidgefährdete Italiener

Anarchistenherz

Samstag, 10. März 2007
Santa Clara

Der in Havanna studierende Johannes hat den besten Bäcker Kubas entdeckt! Nach all dem Einheitsbrot kann man in Santa Clara tatsächlich endlich einmal Einheitsbrot mit leichter Rezeptänderung plus Sesam oben drauf kaufen! Wahnsinn. Außerdem hat er so manchen Tipp für uns, wie wir hier billiger leben können. Wie sich später leider herausstellt, brauchen wir für die Tipps, die das billige Fortbewegen betreffen – zum Beispiel mit dem Bus –, einen Studentenausweis für Kuba. Tja, und den haben wir leider nicht. Dafür wissen wir jetzt jedoch, dass man im Restaurant durchaus mal die Frage nach der Karte mit den Peso-Cubano-Preisen stellen sollte. Manche Restaurants haben nämlich eine Dollar-Karte und eine Peso-Karte. Auf diese Weise haben die drei Bremer gestern Abend drei Pizzen (plus Getränke) für insgesamt 85 Euro-Cent gegessen. Das ist krass.

Wir kaufen uns heute zunächst Sesambrötchen und laufen zum Che-Monument. Im Memorial, einem viel zu dunklen Raum, in dem sich Che Guevaras Gebeine befinden, ist das Fotografieren verboten. So spannend ist der Raum aber auch nicht. Man sieht außer recht hässlich gefertigten Tonscheiben mit den Gesichtern gefallener Guerilleros darauf nichts Interessantes. Der Eintritt ist allerdings umsonst. Von daher …
Ches Grab hat natürlich einen besonderen Platz in dem Raum, von seinen Überresten sieht man aber überhaupt nichts. Gegenüber ist das – wie immer typisch kubanisch – äußerst unspektakuläre, aber dafür das bisher am modernsten aufgemachte Mini-Museum (freier Eintritt) über Ernesto Che Guevara de la Serna. Darin stehen so interessante Dinge wie der Holzstuhl, auf dem seine Oma einst saß und verbeulte Teller, von denen er einst aß.

Che - Hasta la victoria siempre

Die Statue ist ca. 5-6 m hoch und steht auf einem etwa 10m hohen Sockel. Irgendwie sieht das Gesicht der Statue zu alt aus.

Am nahe gelegenen Busbahnhof erkundigen wir uns über den Preis und die Abfahrtszeit des Busses nach Holguín. Morgen werden wir nämlich Santa Clara bereits wieder verlassen. Die Strecke "Santa Clara – Holguín" (26 CUC pro Person) ist knappe 600 km lang (ui) und dauert wohl 14 Stunden (kotz). Wir freuen uns auf morgen …

Zurück am Parque Vidal unterhalten wir uns erstmals in unserem Leben mit einem netten taubstummen Paar in Gebärdensprache! Dies klappt erstaunlich gut, und so können wir mit den beiden mehr Informationen austauschen als mit so manchem nicht behinderten Kubaner. Ihr großer Wunsch: raus aus Kuba.
Johannes erzählte uns gestern ebenfalls, dass bisher jeder Kubaner, mit dem er sich in den letzten Monaten über das Thema "Ausreise" unterhalten hat, diesen Wunsch äußerte.

Zu Abend gegessen wird heute in der Peso-Pizzeria. Wir stellen uns vor dem Restaurant an und warten – typisch kubanisch – auf freie Plätze in der Pizzeria. Nach ca. zehn Minuten bekommen wir dann einen Tisch. Vegane Pizza wollen sie allerdings nicht backen und so müssen wir auf Spaghetti umschwingen. Tja, und Nudeln können die Kubaner einfach nicht kochen. Wer es einmal nachkochen will: hier ist das Rezept für …

Spaghetti mit lecker Napoli-Sößchen – kubanische Art

Man Koche die Nudeln mindestens 45 Minuten lang. Die richtige Konsistenz haben die Nudeln dann erreicht, wenn man sie mit dem bloßen Berühren durch die Zunge – kein Drücken! – zu Brei zermatschen kann.
Für die Soße nehme man am Besten die billige von Netto, die manchmal nach Zahnpasta schmeckt (die gibt es auch auf Kuba). Pro Teller jedoch maximal drei Teelöffel der roten Brühe verwenden. Ein gutes Restaurant auf Kuba kann mit einer einzelnen 375ml-Packung Tomatensoße einen kompletten Samstagabend auskommen. Um den Konsumenten jedoch vor dem Erstickungstod an trockenem Hartweizengrießbrei zu bewahren, siebe man die Nudeln einfach nicht ab. Stattdessen nehme man einen großen tiefen Löffel, hole die Nudeln samt Wassers aus dem Topf und vermische dies mit den drei Teelöffeln Tomatensoße. Der Konsument wird das Strecken der Soße mit Hilfe des Wassers vermutlich kaum bemerken.
Großmutters Tipp zum Schluss: Verzichten sie ja auf irgendwelche Gewürze!
Preisempfehlung: 3,75 Peso Cubano (ca. 15 Euro-Cent)

Nachkochen lohnt sich durchaus. Bekki und ich sind der absoluten Überzeugung, noch nie zuvor solche Nudeln gegessen zu haben. Sie als "abgrundtief schlecht" und "antiitalienisch" zu bezeichnen ist auf Grund des Erfahrungs- und Abenteuerwertes zu bösartig. Trotzdem dürfte ein sowieso schon deprimierter Italiener auf Kuba nach dem Genuss dieser Nudeln höchst suizidgefährdet sein.

Zum Nachtisch gibt es für die liebe Bekki zwei und für den lieben Dennis acht Sesambrötchen. Diese Zahl mag schocken, allerdings entspricht ein kubanisches Brötchen wohl eher einer halben Scheibe deutschen Schwarzbrotes. Und soviel kostet so ein Brötchen auch: knapp 3,5 Euro-Cent (1 Peso Cubano).

Buenas noches,
Dennis y Rebekka

PS: Gestern wurden die Bremer und wir von einem Schnorrer verflucht, weil wir ihm anstelle einer gewünschten Pizza nur ein Brötchen schenkten. Glücklicherweise wurde heute bereits der Fluch wieder von uns genommen. Ein Mann schenkte den Bremern eine Plastiktüte und verlangte daraufhin von jedem einmal "Hände schütteln". Diese Bitte wurde prompt von allen erfüllt, und so wurden wir wieder "entflucht". Glück gehabt …

Hotel Santa Clara Libre
"Geschichtsträchtige Einschusslöcher" am Hotel Santa Clara Libre
Relikte der Eroberung Santa Claras durch die Revolutionäre.

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