Tag 18: Die Höhle im Hundeohrenberg

Curry-Competition

2010 03 13 15.14.23

Samstag, 13. März 2010
Surat Thani – Krabi

Ich kann während der Überfahrt erstaunlich gut schlafen und bin dementsprechend relativ fit, als wir im von vielen gefürchteten Surat Thani ankommen. Uns passiert erneut nichts und wir bekommen auch nichts von Zwerg-Thais mit, die sich im Gepäckfach der Busse verstecken, um auf großen Beutezug zu gehen. Diese Story wurde uns auf Koh Tao erzählt. Übrigens nicht von Beraubten selbst, sondern aus 25. Hand. Ich habe keine Ahnung, ob Surat Thani wirklich so »gefährlich« ist, wie man es in Reiseführern nachlesen kann und von (dadurch) paranoid gewordenen Touristen erzählt bekommt. Wir sitzen lediglich im nächsten (diesmal einem anderen) »Wait for the Bus«-Restaurant und warten auf unseren Bus, der uns nach Krabi fahren soll.

Das dauert länger als geplant, weswegen ich mich selbst in die Kunst des »In-der-Hocke-ins-Erdloch-Scheißens« einführe. Damit habe ich sämtliche Toiletten-Arten Thailands bravourös gemeistert und bin ganz schön stolz auf mich. Rebekka auch.
Mit locker einer Stunde Verspätung kommt dann unser Bus vorgefahren, der – zu unserer Überraschung – ein Minibus mit nur neun Gästesitzen ist. Das ist nicht das Schlechteste, denke ich mir. Der Fahrer denkt sich das wohl auch und macht deshalb erst einmal noch ein paar private Erledigungen: eine verpackte Stoßstange und noch irgendetwas beim Kumpel abholen und unter die Sitzbank schieben, die Tochter noch schnell in der neuen Schule einschulen lassen, was ungefähr eine halbe Stunde dauert – und dann noch was zum Futtern für die Fahrt kaufen gehen. Dabei lässt er immer Motor und Klimaanlage laufen und kommt jedes Mal breit grinsend und mit einem: »Sorry, one minute«, auf den Lippen zurück. Ach, es ist früh am Morgen, der Mann trägt ein Hawaiihemd, wir haben die Nachtfähre »wo all üwwereinander liegen« überlebt und ich kann mittlerweile Dinge in der Hocke tun … man lernt ja nie aus. Auf jeden Fall meckert kein Mensch, denn das ist Thailand. Wir schauen zu, wir nehmen auf und wir freuen uns. Hoffentlich gefällt der Kleinen die neue Schule.×
Dafür heizt unser Chauffeur nun wie ein Berserker die nicht immer allzu ebenen Straßen nach Krabi in gerade einmal 90 Minuten runter. An sich sind die Straßen hier voll in Ordnung. Lediglich bei Brücken haben es die hiesigen Straßenbauer nicht so wirklich drauf, weswegen ich stets versuche, meinen vom Sturz noch immer schmerzenden Hintern rechtzeitig anzuheben, bevor wir mit dem Minibus über die Schwellen der Brücken poltern. Autsch.
Die Schnellstraße führt durch ein, auch hier im Süden, noch immer vollkommen grünes Land. Je näher wir Krabi kommen, desto mehr hohe und steile Karstfelsen zieren die Landschaft. Die Felsen, die vor Hunderten Millionen von Jahren einmal Korallenriffe waren, sind teilweise mehrere Hundert Meter hoch und trotz ihrer senkrechten Wände über und über mit Pflanzen bewachsen.
Mitten auf der Schnellstraße haben einige Bauern ihre Stände aufgebaut und verkaufen den Vorbeifahrenden frische Säfte und Früchte.

Wir erreichen Krabi. Das heißt, wir erreichen die Stadtgrenze. Unser Minibus steuert ein Haus an, wo wir bereits erwartet werden: Man will uns in Unterkünften unterbringen, am liebsten jedoch in Ao Nang, dem Touristennest hier. In Krabi-Stadt ist laut der Frau, die uns in einem Hostel unterbringen will, »nothing«. Daher wundert sie sich, dass wir dennoch dorthin wollen.
Mittlerweile doch schon ziemlich fertig von der langen Reise, lassen Rebekka und ich uns ein Hostel in der Stadt aufquatschen. Das Argument, das uns zur Wahl eines der Hostels aus dem Katalog des Busunternehmens führt, ist, dass wir uns andernfalls ein Taxi in die Stadt organisieren müssten, was natürlich mit zusätzlichen Kosten verbunden wäre. Das ist nicht gerade die freundlichste und seriöseste Taktik: Schließlich haben wir ein Fähr- und Busticket für Krabi-Stadt und nicht für Krabi-Vorort gekauft. Aber was soll’s. Im Katalog finden wir mit dem P. Guesthouse ein preiswertes Hostel und werden kurz darauf kostenlos vom Guesthouse abgeholt. Was die Reiseagentur gemacht hätte, wenn wir bereits ein Zimmer reserviert hätten (oder es zumindest behauptet hätten), würde mich schon mal interessieren …
Das Zimmer ist klein, der Ausblick aus dem Fenster grau – weil 20 Zentimeter davor die Rückwand des Nachbarhauses ist – und die Dusche warm. Wer braucht hier schon warme Duschen? Genauso unnötig ist der Fernseher im Zimmer, der aber interessanterweise neben thailändischem Fernsehen auch den Bayrischen Rundfunk empfängt. Verrückt. Das thailändische MTV heißt übrigens MVTV und die lokalen Popsongs erzählen offenbar allesamt tragische Liebesgeschichten. Auf tragische Liebe scheinen die Thais zu stehen: Die Telenovela, die wir im Coconut Beach Resort auf Koh Pha Ngan allabendlich im Restaurant und an einem Abend in einem schäbig wirkenden, auf jeden Fall hässlich aussehenden, Restaurant auf Koh Tao zu sehen bekamen, erzählt die Geschichte von tragischen Liebschaften im Krankenhausmilieu … mit grausam schlechten Schauspielern. Die Schauspieler in den Musikvideos machen ihre Sache übrigens nicht wesentlich besser. Außerdem habe ich noch nie solch dreistes Product Placement in einem Musikvideo gesehen. Die in den gut vier Minuten knappe fünfmal beworbene Sojamilch habe ich übrigens auch schon getrunken. Gibt’s bei 7-Eleven. Wo auch sonst?
Wir dürfen in unserer eigenen privaten Toilette das Klopapier mit hinunterspülen! Das wird sehr selten gestattet. Alles in allem sind wir mit der Unterkunft für diesen Preis mal wieder voll zufrieden.
Beim ersten Spaziergang durch Krabi entdecken wir das Guesthouse, in das wir eigentlich gehen wollten, das laut der Dame vom Stadtrandreisebüro aber nicht mehr existiert beziehungsweise umgezogen und sauteuer geworden sei. Oha, man hat uns dreist belogen! Das ist uns – so deutlich – hier noch nicht geschehen.

Wenig später bemerken wir jedoch erneut, dass sich die Mentalität der Thais hier von der Mentalität der nördlich von Krabi lebenden Thais durchaus unterscheidet. Reicht andernorts ein Lächeln, verbunden mit Kopfschütteln aus, um Taxifahrer oder Verkäufer abzuwimmeln, kommt man in Krabi damit nicht immer weiter. Am Fluss, der durch Krabi fließt und der kleinen Provinzhauptstadt ihren Namen verleiht, kommt ein Longtail-Boat-Fahrer auf uns zu und bietet uns eine kleine Rundfahrt an: einige Hundert Meter den Fluss herunter, links die Stadt, rechts Mangroven, zu einer Höhle, die sich durch einen der beiden riesigen Felsen des Khao Kanab Nam, dem »Hundeohrenberg«, zieht und mit prähistorischen Wandmalereien aufwartet. Der »Hundeohrenberg« sind zwei durch den braunen Fluss getrennte Felsen von circa 100 Metern Höhe. Die zwei Felsen, die wie eine Pforte wirken, sind das Symbol der Stadt. Im Hinterland erheben sich Karstberge. Auf einem von ihnen thront ein goldener Buddha, der prunkvoll in der Sonne glänzt.

Zurück zum Thema: 150 Baht will der Mann pro Person für die Tour. Wir lehnen dankend ab, was aber, wie gesagt, hier nicht ausreicht. Insgesamt fünfmal kommt er bei unserem Spaziergang am Fluss auf uns zu und versucht uns zu überzeugen. Als ich Rebekka für einen kurzen Moment alleine stehen lasse, um Fotos zu machen, taucht plötzlich noch ein zweiter Kollege auf, der uns mit Fotos ködern will. Ja, was ist denn hier los? Da wir aber mittlerweile – und das ging recht fix – so ziemlich alles von Krabis Innenstadt gesehen haben, willigen wir schließlich doch noch ein. Den Preis hat der Bootsführer für seine 30, »no for you 45 minutes« andauernde Tour derweil von alleine gesenkt: Jetzt sind es schon nur noch 120 Baht pro Person. Für 100 Baht pro Person will er es allerdings nicht machen.

Es stellt sich heraus, dass die Entscheidung, sich breit schlagen zu lassen, nicht schlecht war. Die kleine Bootstour zur Höhle und die Höhle selbst sind wirklich sehr schön. Außer fünf anderen Touristen, die aber kurz nach unserer Ankunft schon wieder verschwinden, sind wir die einzigen Menschen in der großen Höhle. Zudem ist der Eintritt noch kostenlos, was sich jedoch bald ändern wird: Ein Kassenhäuschen wird bereits gebaut.

Es ist Wochenende, weswegen neben dem allabendlichen Nachtmarkt am Pier heute auch der wesentlich größere Wochenendnachtmarkt im Stadtzentrum, keine 500 Meter vom Pier entfernt, stattfindet. Die Nachtmärkte öffnen mit Anbruch der Dunkelheit. Wir beginnen unsere Nachtmarkt-Tour am Pier, sind aber schnell enttäuscht, da hier alles auf die eigentlich nicht allzu vielen Touristen in Krabi ausgelegt ist: Alles ist auf Englisch, es laufen fast ausnahmslos Farangs und Japaner umher und ständig wird man mit: »Hello! Hello!«, zum Konsumieren aufgefordert. Wir verlassen den Markt von daher wieder erstaunlich schnell und gehen zum Wochenendmarkt. Hier sieht es schon etwas anders aus. Nur relativ wenige Farangs haben offenbar etwas vom zweiten Markt mitbekommen. Zudem könnte die Tatsache, dass hier zu 90 % alles nur auf Thai geschrieben steht, eine abschreckende Wirkung haben. Es ist unglaublich voll auf dem großen Platz, auf dem sogar eine große Bühne aufgebaut wurde, auf der nun ein kleines, dickes Mädchen mit Karaoke den Platz beschallt und dabei stark geschminkt, ordentlich abrockt.
Wir entdecken so manche für uns neue lokale Köstlichkeit. So essen wir zum Beispiel Klebereis mit Bohnen, den man auch im Bambusrohr kaufen kann, Ananas- und Bananen-Wan-Tans und trinken Roselle- und Chrysanthemen-Saft. Eine Gruppe Kinder spielt auf asiatischen Holzschlaginstrumenten, die wir so noch nicht kennen, Lieder, die man wohl eher in alten asiatischen Historienfilmen vermuten würde. Eine blinde Sängerin hat sich einen kleinen Lautsprecher um den Hals gebunden und singt mit lauter Stimme inmitten der Menschenmenge. In ihrer linken Hand hält sie ein Mikrofon und einen blauen Plastikbecher, in den die vorbeilaufenden Menschen Geld stecken.

Allzu lange fesselt uns aber auch dieser Markt nicht, weswegen wir den Tag in der von einem thailändischen Rastafari betriebenen Fu Bar II ausklingen lassen. Ich trinke dort ein gut gekühltes Singha Bier, während Rebekka sich durch die schlechteste Piña Colada ihres Lebens mitsamt Insektenzugabe quält. Besonders weit kommt sie dabei – vollkommen zu Recht – allerdings nicht.


× Anmerkung Rebekka: Du hast doch die ganze Zeit gepennt!?

Tag 17   Inhaltsverzeichnis   Tag 19

0 0 votes
Article Rating
Abonnieren
Benachrichtige mich bei
guest

0 Comments
Inline Feedbacks
Lies alle Kommentare
0
Would love your thoughts, please comment.x