Tag 19: Die bescheuerte James-Bond-Tour

Curry-Competition

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Sonntag, 14. März 2010
Krabi – Ao Nang – Ao Phang Nga Marine National Park: Khao Phingan (»James Bond Island«) – Koh Panyi – Wat Suwankuha – Manora Waterfall

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Etwas Ungewöhnliches steht an! Wir begeben uns auf fremdes Terrain und machen eine Pauschaltouristentour. Na, hoffentlich geht das gut …
In der Nähe von Krabi befindet sich die Bucht von Phang Nga, die in den 70er Jahren durch einen Doppel-Null-Agenten des britischen Geheimdienstes weltberühmt wurde: Hier, in der riesengroßen von Karstfelsen durchsetzten Ao Phang Nga, wurden Szenen für »James Bond 007 – Der Mann mit dem goldenen Colt« mit Roger Moore gedreht. Ich möchte meine Cinéphilie befriedigen und die Bucht ist zudem ein Naturphänomen. Also müssen wir uns das ganze mal anschauen.
Überall in Krabi kann man sich sein Ticket für die »James-Bond-Tour« kaufen; selbst in unserem Guesthouse. Wir haben uns bereits gestern unsere Tour-Tickets beim Rezeptionisten organisiert. Allerdings wollten wir keine 1350 Baht für die Tour bezahlen und haben verhandelt. Bei 950 Baht wurden wir uns dann einig. Das hat besser geklappt als erwartet.
Die Tour beinhaltet nicht nur die Besichtigung von »James Bond Island«, wie die Insel Khao Phingan von allen hier genannt wird, sondern auch noch einen Abstecher inklusive Mittagessen nach Koh Panyi, was auch als »Floating Village« bezeichnet wird, den Besuch des Wat Suwankuha, auch bekannt als »Monkey Cave Temple« und Baden im Becken des Manora Wasserfalls.
Morgens um acht geht es los: Wir werden von einem Minibus abgeholt, der schon sehr touristisch aussieht. Es geht nach Ao Nang, dem eigentlichen Touristendomizil Krabis. Dort beginnt das Grauen: Rentner steigen zu. Nur Rentner! Sogar ein englischer Rentner in Begleitung seiner Thai-Urlaubsflamme. Unsere Tourleiterin Demi – wohl ein »eingewestlichter« Name – informiert uns zuerst einmal fett grinsend darüber, dass gestern nur zwölf Farangs bei der Tour dabei waren, heute aber 27 Touristen in zwei Bussen an der Tour teilnehmen werden. Ach du Scheiße. Als Nächstes checkt Demi, welche Nationalität heute die Oberhand hat. Deutschland gewinnt und der alte Engländer lässt seinem Unmut freien Lauf: Mit beiden Daumen nach unten plärrt er: »Buuuuh! Buuuuh!«, durch den Bus. Ein netter Kerl.
Es steigen immerhin noch drei Engländer aus unserer Generation zu, die ähnlich geschockt wie wir schauen, als sie feststellen, dass sie anscheinend eine Rentnertour gebucht haben.
Demi ist irgendwie doof, was wohl daran liegt, dass sie jeden Tag die gleiche Tour macht und somit auch jeden Tag exakt das Gleiche erzählt. Zudem hat ihr wohl mal jemand geflüstert, dass unglaubwürdiges Dauergrinsen super ankommt. Eine typische Animateurin … und die mag ich nicht.
Der nächste nervige Punkt unserer Touri-Tour ist, dass wir mit dem Bus über eine Stunde benötigen, um in die Ao Phang Nga zu gelangen. Dort steigen wir in ein Longtail Boat um, das uns dann zur »James Bond Island« tuckern wird. Vorher halten wir natürlich noch an einer Raststätte an, die den Touristenbesuch tagtäglich bekommt und wohl auch meistens damit durchkommt, falsche Preise an der Kasse zu berechnen. Bei uns – wir sind ja noch keine 70 – sind die Damen aber nicht erfolgreich.
Endlich in der Bucht von Phang Nga angekommen, fahren wir mit dem Longtail Boat knappe 15 Minuten bis wir uns einen ersten Eindruck von Koh Panyi, der »schwimmenden Stadt«, verschaffen können. Jetzt fahren wir aber nur daran vorbei und dringen tiefer in diese wahrlich unglaubliche Bucht vor.
Die riesige Bucht wirkt durch die bizarr geformten, massenhaften Karstfelseninseln in allen Größen und dem ententeichflachen Wasser eher wie ein See, als ein Ozean. Solch eine Landschaft haben wir noch nie gesehen.

Nach schätzungsweise einer halben Stunde erreichen wir dann die James-Bond-Insel. Der Schockzustand setzt wieder ein: Die Insel ist nicht unbedingt die spektakulärste Insel der Bucht, auch nicht die größte und allerschönste … dafür aber die vollste. Auf maximal 500 Quadratmetern begehbarer Fläche drängen sich mindestens 500 Touristen. Vor lauter Menschen kann man die durchaus vorhandene Schönheit der Insel in keiner Weise genießen. Man wird vom Anlegeplatz über schmale Steintreppen zu einem Strand voller Souvenirstände durchgeschoben. Jeder knipst wie wild um sich, post in James-Bond-Manier mit zum Colt geformter Hand und tritt anderen auf die Füße.
Eigentlich wäre die Insel wie gesagt ganz schön: Vor dem Strand ragt der Khao Tapu, der »Nagelberg«, aus dem Wasser – allerdings wesentlich kleiner, als ich ihn mir vorgestellt habe. Hinter dem Strand befindet sich eine kleine Höhle und links und rechts vom Strand erhebt sich die Insel senkrecht – bestimmt 50 Meter – nach oben.

Demi gibt uns 40 Minuten Zeit, die Insel zu erkunden. Nach 20 Minuten inklusive ausgiebigsten Fotografierens ist das dann auch bereits geschafft. Getränke kosten hier das Doppelte als im Restaurant und an Souvenirs gibt es nur Muscheln aber keine James-Bond-Merchandising-Artikel. Das verwundert mich schon, da die Thais ja sonst auch aufs Copyright scheißen.

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Das wäre also geschafft, ab zurück ins Boot. Nächstes Ziel: mit dem Kajak durch irgendeine Höhle rudern. Wir erreichen mit dem Longtail Boat ein fest verankertes Schiff, um das sich Dutzende Kajaks drängen. Wir stellen fest, dass wir selbst den Kajak wohl nicht werden rudern dürfen, sondern ein Ruder-Thai die Arbeit/das Vergnügen übernimmt. Wir machen mit unserem Longtail am Schiff fest und Demi bittet die sechs Touris zu sich, die die Tour mit Kajak gebucht haben. Wir wundern uns, dass man die Tour offenbar auch ohne Kajak buchen konnte und erheben uns. Daraufhin wundert sich Demi, dass neben sechs anderen auch wir nun stehen und informiert uns darüber, dass wir die Tour ohne Kajak gebucht hätten. Das verwundert uns dann wiederum sehr, da auf dem Flyer im Guesthouse eindeutig was von Kajakfahren stand. Die Grinsekatze macht uns nun darauf aufmerksam, dass der Sack vom Guesthouse einen anderen Flyer auf unseren Voucher getackert hat, als den, den er uns offiziell verkauft hat. Soll heißen: Wir haben keine 1350-Baht-Tour auf 950 Baht heruntergehandelt, sondern für den Preis eine 1200-Baht-Tour verkauft bekommen. Da hat der Kollege uns einfach was anderes verkauft, ohne uns darauf aufmerksam zu machen. Nett. Das klingt jetzt vielleicht etwas kleinkariert, aber wir fühlen uns doch sehr unwohl zwischen all diesen Pauschalrentnern und haben uns auf ein paar Minuten Ruhe in einem seniorenfreien Kajak gefreut. Und nun das. Wir fühlen uns »kubanisch« behandelt, was bedeutet, dass man verarscht wird und dass der Typ, der einen verarscht, denkt, man würde es niemals merken. Tja, da wir nun aber kein Kajak unter uns haben, haben wir es bemerkt.
So sitzen wir also, nachdem wir mit den Rentnern noch eine kleine Runde im Longtail gefahren sind, auf dem verankerten Schiff und warten bis die sechs Kollegen mit ihren Kajaks wieder zurückkommen.

Unser Tourplan diktiert uns zum Mittagessen ins »Floating Village«.

Das Boot macht an einem der Großraumrestaurantpiers fest. Das gebuchte Essen wartet bereits auf uns. Rebekka und ich bekommen tatsächlich ein extra veganes Menü serviert. Das ist cool … findet wohl auch die dicke Frau neben mir und schaut lüstern auf meine Gemüseplatte.
»Ist das scharf?«, fragt sie mich.
Ich ahne, was sie vorhat und lüge: »Oh ja. Und wie …«
Anscheinend glaubt sie mir meine Lüge nicht und greift doch tatsächlich nach dem Löffel. Sie will mir mein Essen klauen! Nicht mit mir: »Ach, sie haben auch das vegetarische Essen bestellt?«, frage ich die Diebin. Nach einem kurzen Zucken des ertappt Werdens lügt die feiste Allesfresserin ohne mich anzublicken leise zurück: »Hm … ja.«
Den Löffel, den sie sich bereits in ihre kriminellen Finger gesteckt hat, entleert sie noch schnell über ihrem Shrimp-Leichenberg, bevor sie errötet das Essbesteck wieder zurücklegt. Eine einzelne Tomatenscheibe ist übrigens ihre einzige Beute auf dem Raubzug gegen die Vegetarier.
Demi kommt an unseren Tisch und informiert uns darüber, dass wir ganze 40 Minuten Zeit haben, um zu essen und uns das komplette Dorf anzuschauen. Na, das ist ja mal gemütlich. Wir stopfen uns daher schnell das Essen hinein und erkunden Koh Panyi.
Koh Panyi ist ein 200 Jahre altes Dorf, das von drei muslimischen Fischerfamilien aus Malaysia gegründet wurde. Man könnte es als kleine, nicht allzu schöne, südostasiatische Schwester von Venedig bezeichnen – allerdings ohne durch den Ort führende Wasserstraßen. Die Holzhäuser des mittlerweile auf 350 Haushalte angewachsenen Dorfes stehen auf Holzpfählen im seichten Wasser. Das Dorf liegt direkt an einem steil aufragenden, riesigen Karstfelsen, um den Adler kreisen. Die Gassen sind eng und voll auf Tourismus ausgelegt. Verlässt man das Restaurant in Richtung Dorf, steht man sofort in der »Hauptstraße« des Ortes und bekommt von allen Seiten alles Mögliche angeboten: Essen, Thailand-T-Shirts – hier alle mit dem James-Bond-Felsen als Motiv darauf –, Souvenirs aller Art, Muscheln, Schmuck und Affen in Pampers, die man – ob man will oder nicht – auf die Schulter gesetzt bekommt. Die Verkäufer sind unangenehm aufdringlich und es ist traurig mitanzusehen, wie sehr sich dieser Ort für den Tourismus prostituiert. Wir zwängen uns deshalb und wegen Demis Zeitdruck durch die Verkaufsgasse und versuchen das eigentliche Dorf zu entdecken. Dies gelingt uns sogar und die Farangs werden weniger.
Koh Panyi ist ein muslimischer Ort. In der Provinz Krabi und im restlichen Süden Thailands leben viele Moslems. Auf das komplette Land verteilt, machen die Muslime fünf Prozent der Gesamtbevölkerung aus. Wie die prozentuale Verteilung der Religionszugehörigkeit in Thailands Süden ist, wo die meisten der hauptsächlich malayischstämmigen Moslems leben, könnte ich nur schätzen. Fakt ist aber, dass sich neben der Mentalität auch der Kleidungsstil (Kopftuch) erheblich von den anderen Orten, die wir bislang in Thailand gesehen haben, unterscheidet. Außerdem gibt es neben den üblichen buddhistischen Wats nun auch viele Moscheen in dieser Gegend. Der leckere Massaman Curry ist übrigens auch ein muslimischer Curry, der seinen Ursprung im Süden Thailands hat.

Video

In Koh Panyi gibt es eine Koranschule, die Spenden für den Neubau einer Moschee sammelt, Katzen schlafen überall und Arbeiter basteln weiter am Dorf oder ruhen sich im Schatten aus.

Ein Tsunami-Fluchtweg führt auf die an den Ort angrenzende Insel. Allerdings ist dieser Fluchtweg wohl eher ein Placebo, da nur eine schmale Treppe auf die Insel führt, die zudem kaum mehr als drei Stufen hoch ist und wohl niemals das ganze Dorf auf den unbefestigten und mal wieder nahezu senkrechten Hang führen wird. Andererseits: Wie soll hier eine Riesenwelle hinkommen? Die Bucht ist im Westen von Phuket und im Osten vom Festland geschützt. Sollte aus dem Süden etwas kommen, retten vermutlich Hunderte Inseln, die als Wellenbrecher fungieren würden, Koh Panyi vor der Katastrophe. Seit dem Tsunami 2004 wurden in ganz Thailand in Wassernähe Tsunami-Fluchtwegschilder aufgestellt. Auch auf Koh Chang, das im maximal 60 Meter tiefen Golf von Thailand liegt, haben wir diese Schilder bereits gesehen. Ein landesweites Trauma …

Curry-Competition: James-Bond-Tour

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Die 40 Minuten sind um und wir düsen wieder zurück zum Festland. Nächster Halt: Wat Suwankuha, der »Affenhöhlentempel«. Hierbei handelt es sich um eine große Höhle, in der neben anderen Statuen ein beeindruckend großer, 15 bis 20 Meter langer liegender Buddha zu bestaunen ist. Vor dem Buddha sitzt auf einem Kissen ein Mönch, der mit anwesenden Buddhisten ein Ritual – sieht für mich als Laien wie eine Art Segnung aus – vollzieht.

In einem anderen Teil der Höhle hängen Hunderte Fledermäuse an der Decke und die Höhle öffnet sich in einem enormen Bogen dem dahinter liegenden Dschungel.

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Das eigentliche Highlight sind aber die unzähligen Affen, die vor der Höhle auf Touristen warten. Thais verkaufen Erdnüsse und Bananen, womit der geneigte Farang die wilden Äffchen füttern kann.

Demi gibt uns mal wieder kaum Zeit und schon springen wir wieder in den Bus zu unserem letzten Ziel:
Der Manora Wasserfall lädt zum Schwimmen ein. Demi motiviert uns allerdings mal wieder mit einer tollen Info vorneweg: Da heute Sonntag ist, werden sehr viele Thais den Wasserfall besuchen und somit wohl kaum ein Platz für uns im Becken des Wasserfalls zu finden sein. Außerdem ist das Wasser braun, wenn Thais darin baden … was auch immer das zu bedeuten hat. Ich vermute, dass sie nur auf die Sedimentaufwühlung anspielt, dies aber etwas seltsam formuliert. Ich habe sowieso keinen Bock mehr auf die ganze Tourikacke hier und sehne nur noch das Ende herbei. Überraschender- und erfreulicherweise bewahrheitet sich Demis Prognose aber nicht. Zum einen sind nicht viele Menschen außer uns dort, weswegen genug Platz im Becken für alle ist und zum anderen ist dieser Stopp der bei Weitem angenehmste. Zwar ist der Wasserfall sehr mickrig, das Wasser aber ist schön kühl.

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Demi wird endlich mal lockerer und wirkt wie ein echter Mensch und nicht wie eine Maschine. Kleine Fische, die in dem Becken leben, knabbern uns die überschüssige Haut von den Füßen, was sich sehr lustig anfühlt. Allzu lange – welch Überraschung – bleiben wir natürlich auch hier nicht. Noch 90 Minuten mit dem Bus zurück nach Krabi und dann ist es endlich geschafft.

Der Tag war zwar durchaus interessant, wir haben Orte gesehen, die wir ohne diese Tour wohl nicht zu sehen bekommen hätten, aber das ist einfach nicht meine Art von Urlaub und Sightseeing. Alles ging viel zu hektisch vonstatten, die Ziele waren übervoll mit Touristen und das animateurhafte Dauergegrinse von Demi offenbart die komplette Fließbandarbeit solcher Massentourismustouren. Nie wieder machen wir bei so etwas mit.
Abends beruhigen sich unsere strapazierten Nerven recht schnell wieder: Wir entdecken eine Rooftop-Bar und genießen dort oben – ganz alleine – den Ausblick über Krabi.

Danach essen wir in einem Restaurant namens Siboya unglaublich lecker zu Abend – der Massaman Curry hier ist der Wahnsinn! – und freuen uns schon auf morgen: Dann werden wir Krabi verlassen und nach Khao Lak weiterreisen. Dort erwarten mich weitere Tauchabenteuer und mein Kollege Dirk, mit dem ich 2008 bei den M. E. First Class Divers auf Mallorca zusammengearbeitet habe.

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