Tag 24: Koh Bons Mantarochen und der Curry des Todes

Curry-Competition

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Freitag, 19. März 2010
Khao Lak – Koh Bon

Der Tag beginnt sehr früh: Wir haben für heute einen Tauch-und-Schnorchel-Tagestrip nach Koh Bon gebucht. Um 7:20 Uhr werden wir vor der Basis der Wetzone Divers abgeholt. Koh Bon gehört zum Koh Similan Nationalpark, liegt allerdings gut 20 Kilometer nordöstlich vom Koh Similan Archipel. Der Tauchplatz ist berühmt für seine Mantarochen. Außerdem treffen wir hier endlich auf Dirk, was auch der einzige Grund ist, weswegen wir nicht entweder noch einen Tag länger mit den Fun Divers vor Koh Similan geblieben sind oder den Koh-Bon-Trip bei den Schweizern machen.
Ein großes Songthaew, ein Sammeltaxi mehrerer kooperierender Tauchschulen, holt uns ab und fährt uns zu einer anderen Tauchschule.
Ein Songthaew ist im Prinzip das Gleiche wie ein Pick-up-Taxi, lediglich größer. Man sitzt auf der mit einer Plane überdachten Ladefläche des kleinen LKW auf zwei montierten Sitzbänken. Um zu den Bänken zu gelangen, sind ein Gitter, auf das man sich bei Platzmangel stellen kann, und zwei Stufen vor die Ladefläche geschraubt.
Das Songthaew fährt uns zu einer Tauchschule namens Scuba Adventures. Diese Tauchschule ist mal wieder eine Fabrik mit nicht wirklich sympathischen Tauchlehrern, die uns erst mal eine kostenlose Reiseversicherung andrehen wollen. Die wollen wir nicht annehmen, was den obercoolen Tauchlehrer, der sich ständig durch seine Haare fährt, ziemlich nervt.
»You can never get enough insurance«, meckert er schlau daher. Das mag ja vielleicht stimmen, aber auch nur dann, wenn ich immer unterschiedliche Versicherungen abschließe, also eine Haftpflicht-, Unfall- und Reiseversicherung zum Beispiel. Was bringen mir denn aber fünf verschiedene Versicherungen gegen das Immergleiche? Am Ende fühlt sich keine der Versicherungen mehr für mich verantwortlich und schiebt die Zahlung zur nächsten Versicherungsgesellschaft weiter. Außerdem steht nirgends der Name der Versicherung und außer unseren Namen und unserer E-Mail-Adresse wollen die spaßigen Taucher auch keinerlei weitere Infos über uns, um die Reiseversicherung abzuschließen. Sehr fragwürdig das Ganze. Zwei Spanier, die ebenfalls über die Wetzone Divers den Trip gebucht haben, bekommen unsere kurze Diskussion mit dem Schönling mit und streichen daraufhin ihre Namen und E-Mail-Adressen wieder vom Zettel, was den Sonnyboy noch mehr auf die Palme bringt. Wir finden es lustig. Bevor es im nun randvoll besetzten Songthaew zum Pier geht, werden unnötigerweise noch schnell zwei »Discover Scuba Diver« von den Fließbandtauchlehrern nervös gemacht. »DSD« sind Gäste, die noch nie getaucht sind und es heute einmal ausprobieren möchten, ohne direkt einen Tauchschein zu machen. Gestern noch zu zweit auf unserer »Privatyacht«, heute mindestens 20 auf der »Sammelyacht« … Einmal mehr lassen wir die vergangenen zwei Tage genüsslich im Geiste Revue passieren.
Im Speed Boat bekommen wir ein »Speed Boat Briefing«, in dem uns eine Menge hauptsächlich unnötiger Informationen vermittelt werden. Vorgestern sind wir einfach eingestiegen und losgefahren. Nachdem sich die geilen Tauchlehrer aufs Sonnendeck gelegt haben, geht es dann auch hier endlich los. Eine Stunde später erreichen wir Koh Bon.

Dirk erwartet uns bereits und begrüßt uns herzlich. Vor eineinhalb Jahren auf Mallorca habe ich sehr gerne mit dem Pfälzer zusammengearbeitet. Ich freue mich also, ihn wiederzusehen. Wir tauschen gemeinsame Erinnerungen aus und er erzählt von seiner Zeit hier in Thailand. Dieses Jahr arbeitet er erstmals in Khao Lak, was ich bislang nicht wusste. Die Jahre zuvor war er stets auf Koh Tao oder Koh Phi Phi. Koh Similan findet er überschätzt. Seiner Meinung nach sei die Chance Walhaie und andere Großfische zu sehen auf Koh Tao viel größer und Koh Phi Phi sei mindestens genauso schön wie der Nationalpark, dafür aber bereits für wesentlich weniger Geld zu betauchen.
Unsere Unterhaltung wird unterbrochen, als das nächste Bootsbriefing ansteht. Diesmal erklärt uns eine Tauchlehrerin im Stile einer Stewardess, worauf man an Bord der White Sea Gull zu achten hat. Außerdem verkündet sie, dass die Softdrinks allesamt kostenlos zur Verfügung stehen, was nun wirklich mal eine nette Geste der Tauchbasen ist. Die Lasche, mit der man Getränkedosen öffnet, besteht zu 100 % aus Aluminium, weswegen diese an Bord der White Sea Gull separat gesammelt werden, um am Ende der Saison einem Krankenhaus in Bangkok gespendet zu werden. Dort wird das Aluminium zur Herstellung von Arm- und Beinprothesen verwendet. Aus diesem Grunde trinken wir dann auch so viel wie möglich von den kostenlosen Getränken, um diese tolle Aktion zu unterstützen. So leicht kann man Gutes tun.
Kurz darauf beginnt unser erster Tauchgang des Tages. Ich habe 2004 auf Hawaii bereits Mantarochen gesehen – wahrlich beeindruckende Tiere – und bin schon extrem scharf darauf die hier angeblich bis zu sechs Meter langen und breiten Tiere zu sehen. Ich frage Dirk, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, auch tatsächlich auf Teufelsrochen zu treffen, woraufhin er mit »in neun von zehn Fällen« meine Vorfreude weiter anheizt.
Leider taucht kein einziger Rochen auf. Na super, da haben wir wohl den Ausnahmefall erwischt. Was soll’s, es gibt ja noch den zweiten Tauchgang, denke ich mir.
Rebekka schnorchelt derweil fleißig und erzählt mir, auf welches Getier sie alles gestoßen ist. Sie sieht genau das Gleiche, das ich 15 Meter tiefer auch zu Gesicht bekommen habe. Ich bin enttäuscht, Rebekka hat aber zum Glück Spaß, was meine Enttäuschung dann doch stark mildert.
»In neun von zehn Fällen« bedeutet, dass der zweite Tauchgang erfolgreich verlaufen wird. Wie auch schon beim ersten Tauchgang lässt mich mein alter Kollege mit einem anderen Taucher, der weniger Luft als die beiden Spanier in unserer Gruppe verbraucht, noch einige Minuten alleine weiter tauchen. Das sind so die Vorteile, wenn man einen hier arbeitenden Tauchlehrer kennt. Nach dem Auftauchen allerdings muss ich Dirk darauf hinweisen, dass sein 90-Prozent-Versprechen wohl auf 80 % heruntergeschraubt werden muss: Wieder keine Rochen …

Dann endet auch schon unser kurzes Wiedersehen.
»Bis nächstes Jahr«, verabschiedet Dirk uns lächelnd und bleibt leider an Bord der White Sea Gull, da die beiden Spanier über Nacht bleiben werden. So wird es also nichts mit der geplanten Partynacht mit Dirk. Manchmal läuft eben – wie gestern und vorgestern – alles perfekt und manchmal hat man Pech.

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Dirk und ich

Um den Tag dann doch noch höchst spektakulär enden zu lassen, bestelle ich mir zum Abendessen erstmals Orange Curry alias Hot and Sour Curry. Ich schaffe es, die Kellnerin in große Verwunderung zu versetzen, als ich sie wissen lasse, dass ich das Gericht gerne mit Tofu essen möchte.
»With tofu? Uhm … never had that before. Normally with meat. Nobody eat Orange Curry with tofu.«
Kopfschüttelnd geht sie ab. Rebekka hört wenig später, als sie kurz zum Händewaschen auf Toilette geht, eine Unterhaltung in der Küche, in der ungefähr 20 Mal das thailändische Wort für Tofu – »tauhu« – vorkommt. Da habe ich mir wohl einen kulinarischen Fauxpas bestellt.
Das Essen wird serviert und ich verbrenne mir ordentlich die Mundhöhle. Uff, ist das scharf. Ich esse wirklich sehr gerne sehr scharf, aber das ist wirklich pervers! Eine Suppenschüssel mit der Schärfe einer Habanero Stufe 10 treibt mir den Schweiß aus sämtlichen Poren. Ich leide, lasse Rebekka aber glauben, dass ich nichts merke, was sie mir wiederum nicht glaubt: »Du siehst aus, als würdest du gleich umkippen.«
Meine Stimme ist so gut wie weg und ich klinge wie ein 80-Jähriger, als ich ihr ein souveränes: »Quatsch«, entgegenröchle! Meine Güte! Was ist das? Ich tupfe mich ununterbrochen mit Klopapierstücken ab, die man aus dem Tischspender ziehen kann. Plötzlich bekomme ich Ohrensausen.
»Du bist ganz rot, Dennis.«
Irgendwie sieht Rebekka besorgt aus.
»Hähä, Quatsch«, die Stimme ist immer noch weg. »Ich merke nichts.«
Das Ohrensausen flaut wieder ab und geht in ein Schwindelgefühl über. Boah … krass.
»Deine Augen sind total glasig.«
»Hehe!« Ich beginne zu lachen. Das Schwindelgefühl ebbt ebenfalls wieder ab und eine gewisse Heiterkeit macht sich bei mir breit. »Probier das auch mal! Ist geil!«, biete ich Rebekka einen Löffel der thailändischen Perversität an. Sie probiert ein Karottenstückchen.
»Boah, ist das bisschen schon scharf!«
Mehr will sie seltsamerweise nicht probieren, erträgt das scharfe Karöttchen zu meinem Erstaunen aber erstaunlich nüchtern. Das Licht blendet mich ein wenig und die Leute im vorderen Bereich des Restaurants sehen irgendwie verschwommen aus. Ich glaube … ich bin breit. Von Schärfe in einen Rauschzustand versetzt! Das habe ich bisher noch nie erlebt. Kurz vor dem Boden der Schüssel gebe ich dann auf. Dummerweise habe ich mir nämlich eine kurze Verschnaufpause gegönnt und empfinde den Curry nun wieder wesentlich schärfer als noch vor wenigen Minuten.
Die Kellnerin kommt und fragt grinsend: »Spicy?«
Höhö: »Did you ever see a farang eat the whole soup?«, frage ich zurück, um abzuchecken, wie groß ihr Respekt vor meiner Leistung ist. Sie lacht und sagt, während sie den Tisch abräumt: »No farang order orange curry. Never see farang eat orange curry.«
Mit breiten und nassen Schultern torkele ich – noch immer in einer gewissen Highterkeit – mit Rebekka im Arm aus dem Restaurant. Die Blicke der anderen Restaurantbesucher sind voller Ehrfurcht. Yeah, I am the man!

2010 03 19 17.35.23 Ausschnitt

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