Tag 25: Das On On und Phuket Town

Curry-Competition

2010 03 20 13.01.14

Samstag, 20. März 2010
Khao Lak – Phuket

Der Bus nach Phuket fährt laut der einen Travel Agency stündlich, laut der anderen alle 90 Minuten durch Khao Lak. Eine Bushaltestelle gibt es nicht. Stattdessen stellt man sich einfach an den Straßenrand und winkt, wenn der Bus vorbeikommt. Wir verlassen uns auf die »konservativere« Info und rechnen nur alle 90 Minuten mit einem Bus. Der erste Bus fährt – nach dieser Prognose – morgens um sieben in Richtung Süden. So früh wollen wir zwar noch nicht los, benutzen diese Zeitangabe aber zur Berechnung der Abfahrt der restlichen Busse: sieben Uhr, halb neun, zehn etc.
Wir versuchen es um zehn und haben ein optimales Timing. Wir kommen noch nicht einmal zum Rucksack ablegen, als sich der Bus bereits nähert. Ich winke kurz und der Linienbus hält tatsächlich an. Die Fahrt in das knapp 100 Kilometer entfernte Phuket kostet 85 Baht pro Nase.
Phuket ist Thailands größte Insel und neben Pattaya der bei Touristen wohl bekannteste Ort des Landes. Durch den Tsunami 2004 erhielt Phuket zusätzlich traurige Berühmtheit. Was aber viele Leute nicht wissen, ist, dass Phuket nicht nur eine Insel, sondern auch eine Kleinstadt mit 60.000 Einwohnern im Osten der Insel ist, die nicht von Touristen überlaufen ist. Die Touristen türmen sich alle an den Stränden im Westen der Insel, weswegen Patong und nicht Phuket-Town das eigentliche »Pauschaltouristenzentrum des Grauens« ist. Als wir uns heute Morgen auf den Weg nach Phuket machen, wissen wir das allerdings noch nicht, weswegen sich meine Begeisterung über die Fahrt dorthin zunächst in Grenzen hält. Eigentlich reisen wir nur nach Phuket, um von dort aus in drei Tagen in die malaysische Hauptstadt Kuala Lumpur zu fliegen.

Nach zwei Stunden erreichen wir das Bus-Terminal von Phuket-Town. Die meisten Farangs, die im Bus mitgefahren sind – viele sind es nicht –, steigen hier in die Busse um, die sie an die Westküste fahren. Das Terminal befindet sich in unmittelbarer Nähe zum Stadtzentrum, weswegen wir uns kein Taxi nehmen müssen. Nach wenigen Hundert Metern erreichen wir die Phang Nga Road. Hier befindet sich das On On Hotel, welches aus zwei Gründen unser Interesse geweckt hat: Zunächst einmal ist das On On laut unserem Reiseführer (Stefan Loose Travel Handbücher: Thailand) eine der preiswertesten Unterkünfte der Stadt. Der andere Grund für unser Interesse an diesem Haus ist die Tatsache, dass es im Jahr 2000 als Drehort für Danny Boyles »The Beach« mit Leonardo DiCaprio diente. Wer »The Beach« kennt, wird sich an den Beginn des Films gut erinnern können: Leonardo DiCaprio ist gerade in Bangkok gelandet und mietet sich in der Khaosan Road in einem Hostel ein. Hier trifft er auf den völlig verwirrten Duffy, der ihm vom mysteriösen Strand erzählt, um den es im weiteren Verlauf des Films geht. Das Hostel aus dem Film beeindruckt durch seinen 20er-Jahre-Charme, der wohl deswegen heute noch deutlich spürbar ist, weil seither nahezu nichts verändert oder verbessert wurde.
Wir betreten die Rezeption des ältesten Hotels der Stadt, das es schon seit 1929 gibt. Die Rezeption befindet sich in einem größtenteils überdachten Patio und hat bereits eine Menge Style zu bieten: Dunkle Holztreppen und weiße Säulen zieren die Mischung aus Innenhof und Raum. Der große Raum ist bestimmt vier Meter hoch und im sino-portugiesischen Stil gestaltet. Überhaupt ist Phuket so ganz anders als alle anderen Orte, die wir bislang auf unserer Reise gesehen haben. Hier erbauten im 19. Jahrhundert reiche Zinnbarone ihre Villen, die Phuket zu einer Handelsstadt mit Indien, Malaysia, Arabien und Europa werden ließen und eine Menge chinesischer Arbeiter anlockten. Aufgrund dieser Einflüsse unterscheidet sich die Architektur Phukets so sehr von der des restlichen Landes.
Für 250 Baht pro Nacht ziehen wir im On On ein. Man kann auch bereits für 180 Baht ein Zimmer bekommen. Das verfügt dann allerdings über kein eigenes Bad. Außerdem gibt es noch Zimmer mit einem kleinen und einem großen Bett für 300 Baht, Zimmer mit zwei großen Betten für 350 Baht und die gehobenere Klasse mit Air Condition für 500 Baht.
Auf einer der beiden dunklen Holztreppen geht es hoch ins Obergeschoss. Hier ist vom Boden bis zu den Wänden alles aus Holz. Die dunklen Dielen gehen in weiße Wände mit dunkelbraunen Balken über. Die Zimmertüren werden von außen mit schweren Vorhängeschlössern, innen mit alten rostigen Riegeln verschlossen.

Wir beziehen Zimmer 43. An der Decke hängt ein großer, alter Deckenventilator. Im Fensterrahmen befindet sich kein Glas, sondern ein Fliegengitter. Die Wände der Zimmer reichen nicht bis hoch an die Decke: Auf den letzten 40 Zentimeter sind die Zimmer lediglich durch Fliegengitter voneinander getrennt! Die Wände sehen also genauso aus wie im Film; mit dem kleinen Unterschied, dass unser Zimmer Scheiben anstelle der Fliegengitter im oberen Wandbereich eingebaut bekommen hat. Andere Räume im Hotel haben die Fliegen-, aber auch Metallgitter in den Wänden. Das Bad ist mit alten kleinen Fliesen und kleinen »Fensterlöchern« ausgestattet. Dreht man das Waschbecken an, läuft das Wasser zunächst durch ein Rohr in Richtung Boden. Allerdings verschwindet das Rohr dann aber nicht im Boden, sondern endet einfach zehn Zentimeter darüber, sodass das ganze Wasser auf den Boden strömt, von wo aus es dann in ein Loch in der gegenüberliegenden Wand abfließt. Das Hotel ist super.
Später gehe ich in einen kleinen Laden, den man von der Straße, aber auch von der Rezeption aus betreten kann. Dort will ich eigentlich die (vermutlich sowieso zu) junge Rezeptionistin ein wenig über die Dreharbeiten von »The Beach« ausquetschen. Das Mädel versteht allerdings kein Wort von dem was ich sage. Als ich mit meinen Händen eine Kamera imitiere und sie »Beach« hört und versteht, quält sie sich aber immerhin ein »Le-o-nalo Di-Capo« über die Lippen. Die süße ältere Dame, die den kleinen Laden leitet, übernimmt unerwarteterweise die Initiative und erzählt mir in erstaunlich gutem Englisch von den Dreharbeiten: Eine Woche arbeitete die Filmcrew im On On Hotel und hat immer sehr früh angefangen. Das berühmte Zimmer aus dem Film ist Zimmer 38 und Leonardo war sehr nett. Zwischendurch übersetzt sie ihre Aussagen ins Thailändische, woraufhin die Rezeptionistin brav nickt. Die liebe Omi erzählt mir außerdem, dass die Coffee-Shop-Szene auch hier gedreht wurde und hierzu die komplette Rezeption umdekoriert wurde. Ich frage sie, ob die Filmcrew denn auch im On On übernachtet hat, woraufhin sie zu lachen beginnt und sagt, dass die Filmemacher natürlich in einem viel besseren Hotel geschlafen hätten. Als ich sie frage, in welchem Hotel Hollywood geschlafen hat, weiß sie keine Antwort. Wahrscheinlich in Patong oder so. So genau kann sie das auch nicht wissen, da sie damals ja gar nicht dabei war, sondern als Krankenschwester natürlich die ganze Zeit über im Krankenhaus gearbeitet hat …
Wir legen unseren Kram ab und gehen auf Erkundungstour durch die Stadt. Phuket ist durch seine sino-portugiesische Aura wirklich schön, auch wenn der Verkehr auf den Hauptstraßen, die überdies noch ein einziger Irrgarten aus Einbahnstraßen sind, hier wirklich krass ist und für Fußgänger keine Vorrichtungen wie Fußgängerampeln geschaffen wurden. Auf Zebrastreifen nimmt hier auch keiner Rücksicht.

Wir wimmeln die fleißig nachfragenden Taxifahrer ab, was bei einem ganz hartnäckigen etwas schwieriger ist und entdecken in einer mehr und mehr chinesisch anmutenden Straße das Ruamjai Vegetarian Restaurant. Von Farangs, von denen es in Phuket-Town offenbar wirklich nicht sehr viele gibt, ist hier weit und breit nichts mehr zu sehen. Das Restaurant wirkt sehr authentisch, weswegen der ein oder andere empfindlichere Farang hier sicherlich nicht essen gehen würde. Uns gefallen diese auch immer sehr preiswerten Restaurants sehr gut und das Essen schmeckt lecker.

Wir stoßen auf einen Tempel, den Put Jaw, in dem wir einige betende Buddhisten bei ihren Ritualen beobachten können, was sehr interessant ist. Im Tempel gibt es neun »Betstationen« zu durchlaufen, die für Farangs durchnummeriert wurden. Erläuterungen, welcher Statue man bei jeder Station gegenübersteht und was man hier machen muss, fehlen aber leider.

Wir spazieren weiter und entdecken einen Schulhof, aus dem laute Musik dröhnt. Bei genauerer Beobachtung stellen wir fest, dass hier Karaoke gesungen wird. Der Sänger scheint der Lehrer zu sein, der von einem Schülerinnen-Backgroundchor unterstützt wird. Vor ihnen sitzen Dutzende Schüler und lauschen der Musik. Eine Lehrerin entdeckt uns und winkt uns zu sich. Sie erklärt uns in miserablem Englisch, dass die Schülerinnen und Schüler hier einen Abschluss feiern. Ob es der Schuljahresabschluss oder gar der endgültige Schulabschluss ist, können wir dem schlechten Englisch der Frau nicht entnehmen. Na, hoffentlich ist das nicht die Englischlehrerin …
Irgendwann hat die Singerei ein Ende und die Schüler wuseln mit kleinen bunten Heftchen in ihren Händen umher, offensichtlich Jahrbücher.

Direkt neben der hübschen Schule befindet sich der nächste Tempel. Im offenen Schulhof sitzen dementsprechend auch einige Mönche. Auf einmal kommt ein lustiges Pärchen des Weges: Ein Mann mitsamt seines behelmten Hundes fährt mit dem Roller vor. Ein urkomisches Bild.

Wir statten dem Tempel neben dem Schulhof noch einen kurzen Besuch ab und lesen einige buddhistische Weisheiten: »Lebe, als würdest du morgen sterben und lerne, als würdest du für immer leben.«

Am Abend suchen wir ein Restaurant. In Phuket erweist sich das als erstaunlich schwierig, was wohl auch daran liegt, dass heute offenbar ein Feiertag oder der letzte Tag zweier ganzer Feierwochen, dem »Heroines Festival«, ist.
Als wir gerade vor dem von außen sehr schön aussehenden China Inn stehen, kommt plötzlich ein Japaner auf uns zu, der uns voller Begeisterung empfiehlt, hier essen zu gehen. Das China Inn sei ein landesweit bekanntes und für seine tolle Architektur hoch geschätztes Restaurant mit antiken Möbeln und Skulpturen. Zudem sei es preiswert und habe eine sehr gute Küche. Na dann. Probieren wir es mal aus. Kaum sind wir im Vorraum des Restaurants, der wie eine Mischung aus Museum und Antiquitätenhandel aussieht, werden wir auch schon von der freundlichen Kellnerin empfangen: »Table for two?«, fragt sie und führt uns zu unserem im kleinen Hinterhof stehenden Tisch. Auf dem Weg dorthin laufen wir an Fotos vorbei, die belegen, dass Königin Silvia von Schweden bereits hier speiste. Wir ahnen Schlimmes: Was heißt für einen Japaner billig? Rebekka merkt zusätzlich noch an, dass der nette Herr durch und durch in Designerfummel gekleidet war, was mir wie immer entgangen ist. Ich erkenne Markenklamotten einfach nicht. Ich habe mich lediglich insgeheim über seine ziemlich schräge Brille amüsiert. Dass er dafür auch noch viel Geld bezahlt zu haben scheint, finde ich sehr merkwürdig.
Unsere Befürchtung bestätigt sich, wobei die Preise, verglichen mit Restaurants in Deutschland immer noch als recht günstig zu bezeichnen sind. Eine vegetarische Hauptmahlzeit kostet hier zwischen 180 und 250 Baht, was in etwa dem doppelten bis dreifachen Preis durchschnittlicher Restaurants in Thailand entspricht. Das Essen schmeckt wirklich gut – auch wenn ich etwas zu wenig Soße bekomme – und das Restaurant ist gemütlich, stilvoll eingerichtet und hat eine sehr interessante Architektur.
Nach dem Essen spazieren wir noch einmal um den Block und suchen nach einer Bar. Wir spazieren gerade den Bürgersteig entlang, als ich plötzlich bemerke, dass wir einer thailändischen Fernsehcrew voll durchs Bild laufen. Wir entschuldigen uns kurz höflich und setzen unseren Weg fort. Nach einer kurzen Unterredung mit dem Regisseur oder Aufnahmeleiter läuft uns einer der Thais auf einmal rufend hinterher. Er bittet uns, noch einmal für sie durchs Bild zu laufen. Klar, kann er haben. Also gehen Rebekka und ich wieder zurück zum vom Kameramann gewünschten Ausgangspunkt und flanieren erneut lässig die Straße entlang. Nach 20 Sekunden ist unser Ausflug ins Schauspielfach beendet und die Crew bedankt sich höflich klatschend bei uns. Wir verbeugen uns und fragen nach, um was für eine Produktion es sich denn hierbei überhaupt handelt.
»Television, television«, lautet die Antwort. Tja, dann sind wir wohl bald so etwas wie Fernsehstars in Thailand. Gleich morgen werden wir im Copyshop ein paar Autogrammkarten drucken lassen.

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Letztlich landen wir im Lard Yai, einer gemütlichen Kneipe schräg gegenüber des China Inn. Nach Mitternacht darf kein Alkohol mehr ausgeschenkt werden, weswegen die Bar dann auch kurz nach 24 Uhr schließt. Wenige Minuten zuvor reden wir mit einem Engländer und einem Franzosen, die uns dazu einladen, mit ihnen und den Besitzern der Bar noch in einen Club mitzukommen, in dem wir vier unter Garantie die einzigen Farangs wären. Klingt fett, also sagen wir zu. Wir bitten die Jungs, noch kurz auf uns zu warten, damit wir das Notebook und die Kamera ins Hotel zurückbringen können. Als wir keine zehn Minuten später wieder zurück sind, ist die Bar verschlossen und die blöden Säcke sind nicht mehr da.

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