Tag 28: Die Petronas Towers, der Fernsehturm und »Berhati-hati!«

Curry-Competition

Petronas Towers

Dienstag, 23. März 2010
Phuket – Kuala Lumpur, Malaysia

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Unser Flieger nach Kuala Lumpur hebt um acht Uhr morgens ab. Da der Flughafen gute 25 Kilometer von Phuket-Town entfernt ist und wir laut dem Mann von der Travel Agency im On On Hotel zwei Stunden vorher einchecken mĂĽssen, beginnt der Tag dementsprechend frĂĽh. Der Mann von der Travel Agency höchstselbst fährt uns zum Airport. 500 Baht ist der Standardpreis fĂĽr die Taxifahrt von Phuket zum Flughafen.
Im Flugzeug mĂĽssen wir fĂĽr das Visum einen Bogen ausfĂĽllen. Am Ende des Bogens steht in roter Schrift, dass man hiermit gewarnt sein soll: FĂĽr den Handel mit Drogen gibt es in Malaysia die Todesstrafe.

Ausgerechnet heute ist es stark bewölkt, speziell über Malaysia hängen dicke Wolken, weswegen wir das Land leider nicht von oben sehen können.
Am Flughafen von Kuala Lumpur suchen wir als Erstes ein Tourist Information Center auf und erkundigen uns, wie wir von hier aus am kostengĂĽnstigsten in die 55 Kilometer entfernte Hauptstadt gelangen und wo wir dort am sinnvollsten billig wohnen können, um uns die Petronas Towers an einem Tag stressfrei anschauen zu können. Der Mann mit dem lustigen indisch wirkenden Akzent erklärt uns in perfektem Englisch, dass Chinatown wohl am geeignetsten fĂĽr uns wäre. In die Stadt gelangen wir mit dem Bus an Haltestelle 5, der Preis beträgt acht Ringgit, was circa 1,80 Euro entspricht.
Bereits am Flughafen verliebe ich mich in die malaysische Sprache. Ein Volk, das »Berhati-hati!« zu »Vorsicht!« sagt, kann nur sympathisch sein. »Jemput naik« heißt »willkommen« und ist nebenbei in jedem Taxifenster zu lesen.

Im Bus flirte ich mit einem bildhübschen, dreijährigen Mädchen. Die Kleine hat wunderschöne dunkelbraune, fast schon schwarze Augen. Zu unserer gegenseitigen Belustigung schneiden wir um die Wette Grimassen und machen mit dem Mund Furzgeräusche. Irgendwann wird es der Mutter anscheinend zu laut und sie zieht das süßeste Mädchen Südostasiens aus meinem Blickfeld. Wenige Sekunden später schläft es tief und fest.
Die Landschaft links und rechts der Straße unterscheidet sich stark von Thailand. Rund um den Flughafen sind riesengroße Palmölplantagen, die kein Ende zu nehmen scheinen. Als sie dann doch enden, wird das Land hügeliger und Vororte, die aus ein und demselben Typ Reihenhaus bestehen, sind ein erster Hinweis auf die Zwei-Millionen-Einwohner-Stadt. Die Reihenhäuser mutieren, je näher wir Kuala Lumpur kommen, zu Reihenhochhäusern und wir fragen uns, wie alt beziehungsweise jung diese Siedlungen sind.
Als wir in Kuala Lumpur ankommen, sieht es stark nach Regen aus. Die Stadt scheint ausnahmslos aus Hochhäusern zu bestehen. Ein Haus unter fünf Stockwerken hat hier Seltenheitswert.
In Chinatown angekommen checken wir im Red Dragon ein. Das Red Dragon ist ein verranztes, aber billiges Hostel mit übel nach Farbe und Chemie riechenden Zimmern. Da wir sowieso nur eine Nacht hier bleiben und bereits mitten in der Nacht zurück zum Flughafen müssen, ist uns die Qualität des Zimmers völlig egal. Wer weiß, ob wir überhaupt zum Schlafen herkommen werden. Wichtig ist nur, dass die Rucksäcke und das Notebook sicher gelagert sind.
Wir sind hungrig und gehen in das etwas schäbig, aber authentisch wirkende Billigrestaurant Hidangan Suria am Maybank Tower. Wir kennen â€“ abgesehen von Nasi Goreng â€“ keine der Speisen, die auf der Karte stehen und lassen uns von der Kellnerin »the best one« aus der vegetarischen Spalte auswählen. Dazu gibt es Jus Belimbing (Sternfruchtsaft) und Jus Oren (Orangensaft). Die Kellnerin entscheidet, dass wir fĂĽr umgerechnet rund 95 Cent Kailan Ikan Masin essen sollen und wir sind gespannt, was da jetzt wohl auf uns zukommt. Da man in Malaysia aber offensichtlich ĂĽberall sehr gutes Englisch spricht, sind wir uns immerhin schon einmal sicher, dass dieses Kailan Ikan Masin ohne Ei, Milch oder sonstigen tierischen Produkten daherkommen wird. Die Kellnerin bringt uns Wasserspinat mit Reis in SojasoĂźe. Wunderbar.
Wasserspinat gibt es auch auf so ziemlich jeder Speisekarte in Thailand, wo er allerdings »Morning Glory« genannt wird. Überhaupt haben die Thais manchmal lustige Namen für ihr Essen. So sind wir bereits in Koh Chang auf eine mysteriöse Speise namens »No Name« gestoßen, die entweder mit Gemüse, Schwein, Shrimp oder Huhn angeboten wird. In Koh Pha Ngan haben wir uns dann getraut und »No Name Vegetable« bestellt, was sich als sehr kluger Schachzug entpuppte: »No Name« ist mit Tempura frittiertes Schwein, Garnele, Huhn oder eben Gemüse. Wir können nur von der vegetarischen Version berichten, die nicht nur aus einzelnen frittierten Gemüsebrocken, sondern aus einer durchaus auch pikant gewürzten, klein gehackten Gemüsemischung besteht. Schmeckt köstlich!
ZurĂĽck nach Malaysia, aber noch nicht zurĂĽck ins Restaurant â€“ oder wie man hier sagt: »Restoran«.
Da wir nur einen Tag hier verbringen werden, bietet es sich auch nur heute an, ein paar Fakten über Malaysia zu präsentieren:
Malaysia ist ein Vielvölkerstaat mit rund 28 Millionen Einwohnern. Politisch betrachtet ist ein StaatsbĂĽrger Malaysias ein Malaysier. Ein Malaie â€“ wovon ich bis vor wenigen Minuten noch als Bezeichnung fĂĽr einen malaysischen StaatsbĂĽrger ausgegangen bin â€“ ist ein Angehöriger einer spezifischen ethnischen Volksgruppe, die mit etwas mehr als 50 % die Mehrheit der Bevölkerung ausmacht. Danach kommen die Chinesen, die gut ein Viertel der Bevölkerung ausmachen. Indigene Völker wie die Orang Asli und die Dayak, Inder und sonstige Volksgruppen komplettieren die bunte Mischung.
Es gibt eine Verfassungsdefinition zu den Malaien in Malaysia, die ich persönlich ziemlich schräg finde: Alle muslimischen und die malaiische Sprache sprechenden sowie die malaiischen Traditionen befolgenden StaatsbĂĽrger, die vor dem 31. August 1957 in Malaysia oder Singapur geboren wurden oder an diesem Datum dort sesshaft waren sowie deren Nachkommen sind Malaien. Singapur gehörte nebenbei bemerkt bis 1965 zu Malaysia.
Nichtmuslimische Malaien gibt es demnach also nicht. Auch Malaien, die vom islamischen Glauben abgefallen sind, gelten offiziell nicht als Malaien, sondern als nichtmalaiische StaatsbĂĽrger Malaysias.
Malaysia hat eine hochinteressante Geografie, da es aus zwei Teilen besteht: Der Westen des Landes â€“ wo wir uns befinden â€“ liegt auf der Malaiischen Halbinsel und grenzt im Norden an Thailand, wohingegen der Ostteil des Landes auf der 650 Kilometer entfernten Insel Borneo liegt. Dazwischen liegt das SĂĽdchinesische Meer.
Zurück ins »Restoran«:
Unsere BefĂĽrchtung bewahrheitet sich und es beginnt wie aus KĂĽbeln zu schĂĽtten â€¦Â Na super, da haben wir einen Tag in Kuala Lumpur und es regnet.

Zum GlĂĽck dauert der Regen nicht allzu lange an und wir können uns in Richtung Menara Kuala Lumpur, Asiens zweithöchstem Fernsehturm, aufmachen, der ganze 421 Meter misst. Weltweit ist der Menara Kuala Lumpur der fĂĽnfthöchste Fernsehturm und der einzige, der von einem Urwald umgeben ist! Dirk hat uns den Tipp gegeben, anstelle der Petronas Towers den Fernsehturm als Aussichtspunkt ĂĽber Kuala Lumpur zu nutzen, da dies den groĂźen Vorteil bietet, Kuala Lumpur samt seines Wahrzeichens von oben zu bewundern. Das klingt gut.
Unseren Stadtplan, den wir am Flughafen bekommen haben, vergessen wir offenbar im Schnellrestaurant, weswegen wir uns mit dem Blick nach oben und meinem grandiosen Orientierungssinn zum Turm vorarbeiten. Kuala Lumpur besteht aus so vielen Hochhäusern, dass man den Fernsehturm und auch die Petronas Towers nicht von ĂĽberall aus sehen kann. Eine ausreichende Beschilderung und mein innerer Kompass â€“ yeah â€“ lassen uns den Fernsehturm aber problemlos finden. Am Menara KL angekommen, bietet man uns einen Bus an, der uns den HĂĽgel, auf dem der Turm steht, hinauffahren könnte. Wir lehnen dankend ab und erfahren erst jetzt, dass dieser Service vollkommen kostenfrei ist. Oha â€¦Â damit haben wir nicht gerechnet. Trotzdem erklimmen wir den HĂĽgel zu FuĂź und entdecken den »Flying Fox«, eine Attraktion, die wohl jeder noch vom Kinderspielplatz kennt: Man rutscht an einem Drahtseil befestigt von einem Ende des Seils zum nächsten; hier allerdings mit dem Unterschied, dass dies in gut 30 Metern Höhe geschieht. Sieht lustig aus.

Im Turm angekommen, hat man die Wahl zwischen zwei verschiedenen Paketen: Paket A beinhaltet neben dem Besuch der Aussichtsplattform noch Ponyreiten, eine Fahrt im Formel-1-Simulator und einen Besuch im City-Dschungel. Da das Ponyreiten nur fĂĽr Menschen bis einschlieĂźlich 50 Kilogramm erlaubt ist, entschlieĂźen wir zwei Dicken uns fĂĽr Paket B: Aussichtsplattform, ein Besuch im Malaysia Cultural Village samt traditioneller Showeinlage, ein altes malaysisches Spiel und ebenfalls der Besuch im City-Dschungel. Ein Paket kostet umgerechnet etwa acht Euro.
Die unglaublich höflichen Angestellten fĂĽhren uns in das Cultural Village, welches sich am FuĂźe des Turmes befindet. Wir gehen bereits stark davon aus, dass die drei Programmpunkte, mit denen wir vor unserer Ankunft nicht gerechnet haben, auf das Touristengesocks zugeschnitten ist, welches wir spätestens seit der James-Bond-Island-Katastrophe zu ignorieren versuchen. Und genauso ist es dann auch: Das Village ist zwar liebevoll gestaltet, die Tanzshow aber stellt mir die Nackenhaare auf â€“ oder, um es mit den Worten meines alten Französischlehrers zu sagen: Mir rollen sich die FuĂźnägel hoch und runter. Die Show soll 30 Minuten lang gehen, wovon Rebekka und ich uns â€“ der Höflichkeit halber â€“ gut fĂĽnf Minuten geben, bevor wir uns wieder herausstehlen. Eine der freundlichen Village-Damen sieht uns deswegen verwundert an und ich erkläre ihr â€“ mich dabei zehnmal entschuldigend â€“, dass wir nur wenige Stunden in Kuala Lumpur zur VerfĂĽgung und uns ein straffes Programm auferlegt haben. Vom zweiten Programmpunkt, dem malaysischen Spiel bekommen wir somit auch nichts mehr mit.

Wir gehen zum Aufzug und endlich geht es hinauf in (nur) 276 Meter Höhe. Oben angekommen bietet man uns â€“ kostenfrei â€“ einen »audiovisuellen FĂĽhrer« an: ein kleiner tragbarer Fernseher mit Kopfhörern, der uns von Fenster zu Fenster fĂĽhrt und erklärt, was wir von hier aus sehen. Das ist cool!

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Die Aussicht ist fantastisch und wir lernen zudem noch ein wenig ĂĽber Malaysia, Kuala Lumpur und seine Bauwerke: Kuala Lumpur â€“ oder auch einfach nur »KL« â€“ ist mit gerade einmal 150 Jahren eine noch sehr junge Stadt, die durch den Handel mit Zinn bereits frĂĽh anfing zu wachsen. Mitten im Urwald gegrĂĽndet, hat KL heute ĂĽber zwei Millionen Einwohner. 1957 wurde auf einem Rugbyfeld die Unabhängigkeit erklärt und das Staatsoberhaupt ist ein von den Herrschern der neun Sultanate gewählter König. Alle fĂĽnf Jahre wird ein neuer König gewählt. Zur Wahl steht dann jeweils einer der neun Herrscher der Sultanate Malaysias. Die eigentliche Macht im Lande geht jedoch vom demokratisch gewählten Parlament aus. Malaysia ist somit eine konstitutionelle, parlamentarisch-demokratische Wahlmonarchie.

Der Blick auf die Petronas Towers ist beeindruckend, leider aber aus einem Winkel, der es nur ermöglicht, einen der beiden Türme vollständig zu sehen. Der zweite Turm wird unglücklicherweise vom ersten größtenteils verdeckt.

Wir verlassen den Menara Kuala Lumpur und gehen in Richtung KL City Center. Hier befinden sich die imposanten ZwillingstĂĽrme. Auf dem Weg dorthin versuchen wir das Flair der Stadt genauer unter die Lupe zu nehmen: Kuala Lumpur ist wohl nicht unbedingt die Stadt, in der man allzu viel Zeit verbringen muss. Durch die vielen Hochhäuser wirkt die Stadt etwas unterkĂĽhlt und zu sehr auf das »groĂźe Geschäft« ausgelegt. Unsympathisch finde ich die Stadt aber nicht. Neben den stylish animierten Ampelmännchen, die sich bei GrĂĽn sogar bewegen, gefallen mir auch solche Kleinigkeiten, wie das Bekritzeln von Stromkästen mit Telefonnummern von Mechanikern, die Motorradfahrern â€“ wohl speziell Tuk-Tuk-Fahrern â€“ helfen, schnell neue Reifen zu organisieren, wenn ihnen mal einer geplatzt ist.

Die Petronas Towers sehen groĂźartig aus. Wir betreten den ersten Turm und finden uns in einer unglaublich groĂźen Geschäftswelt wieder. Jede Modemarke der Welt scheint hier eine Filiale zu haben! Erstaunlicherweise kann man in den TĂĽrmen auch sehr kostengĂĽnstig essen. Sei es im recht schicken Restaurant im Erdgeschoss oder natĂĽrlich im riesigen Fastfood-Bereich in einem der insgesamt sechs oberen Stockwerke der Riesen-Mall. Wir essen erneut typisch malaysisch und machen den beiden liebenswerten Verkäuferinnen/Köchinnen des kleinen malaysischen Fastfood-Ladens offensichtlich eine groĂźe Freude, als wir uns fĂĽr das â€“ ungelogen â€“ köstliche Essen bedanken und nachfragen, wie sie den Tofu nur so köstlich hinbekommen haben. Offenbar hören die beiden nicht allzu oft solch Lobeshymnen und sind ganz ergriffen. Einfach schön â€¦

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Wir bummeln ein wenig durch die Gegend rund um die Petronas Towers und landen in einer geschäftigen Passage, die ausschließlich aus Bars und Restaurants besteht. Eine Eisdiele bietet Sorbet in den verrücktesten Geschmackssorten an. Ich bestelle mir eine Kugel schwarzer Sesam und eine Kugel Durian.

Dass ich zwei verschiedene Sorten Eis in einem Becher ordere, scheint die extrem gut gelaunten und lustigen Jungs von der Eisdiele schon stark zu beeindrucken. Durian ist übrigens auch als »Stinkfrucht« berühmt berüchtigt. In Phuket haben wir vor dem Thavorn Grand Hotel ein »No Durian«-Schild gesehen, welches darauf hinweist, dass in diesem Hotel die Frucht unerwünscht ist. Seitdem ich mein Durianeis gegessen habe und Rebekka nun die Luft anhalten muss, wenn ich mit ihr spreche, verstehen wir auch warum. Dieser Gestank ist wirklich abartig. Würde Durian nicht so stinken, wäre der Geschmack eigentlich nicht schlecht.

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Im Thavorn Grand Hotel in Phuket ist das Mitbringen von Durian verboten â€¦

Da die Eisdiele der mit Abstand preiswerteste Laden der Passage ist, bleiben Rebekka und ich hier ziemlich lange sitzen, was die Jungs noch mehr zu faszinieren scheint. Es ist wirklich unterhaltsam und die Leute in dieser Stadt sind einfach beeindruckend herzlich. Zudem kann man sich in dieser Passage die verschiedensten Menschen aus den unterschiedlichsten Kulturkreisen anschauen. Was die Zusammenkunft der verschiedensten Kulturen angeht, ist Kuala Lumpur so spannend wie der Flughafen von Bahrain, nur größer.
Die Sonne geht unter und wir beschließen, uns noch einmal die Petronas Towers anzusehen. Und das ist eine kluge Entscheidung: Im Dunkeln sehen die Türme noch beeindruckender aus als bei Tageslicht. Viel beeindruckender sogar! Mit ihrer grandiosen Beleuchtung wirken die Türme wie aus einer anderen Welt oder wie ein riesengroßes Raumschiff; vielleicht das beeindruckendste Gebäude, das wir jemals gesehen haben.

Es ist bereits kurz vor Mitternacht, als wir durch das Nightlife Kuala Lumpurs schlendern. Die Stadt wirkt nun nicht mehr unterkühlt, sondern pulsiert. Wir beschließen, nicht mehr schlafen zu gehen. Da uns die Füße aber einmal mehr brennen, der Tag schon teuer genug war und wir noch herausfinden müssen, wann genau der erste Bus an welcher Haltestelle zum Flughafen fährt, spazieren wir wieder in Richtung Chinatown.

Der Puduraya Busbahnhof ist krass: ein noch nie restaurierter oder sonderlich sauber gemachter Busbahnhof mit einer großen, dreckigen und ziemlich vollen Wartehalle im Obergeschoss und circa 25 platforms, also Haltestellen, darunter, die man über rostige schmale Metalltreppen betritt. Man fühlt sich hier unten wie in einem ziemlich schrägen und düsteren Parkhaus ohne Autos. Wir suchen nach einem Fahrplan, können aber nirgends einen finden. Ein Sicherheitsmann sagt uns, dass von hier aus kein Bus zum Flughafen fährt und wir zur Sentral Station müssen. Die Sentral Station schreibt sich übrigens tatsächlich so. Wie wir heute feststellen konnten, haben die Malaysier ziemlich viele Worte »eingemalaysischt«: Restoran, Sentral Station, Kopi (coffee), The (tea), Sirap (sirup), Jus (juice), Oren (orange), Epal (apple) etc. Ziemlich witzig.
Die Sentral Station ist zwar in einer machbaren Entfernung von Chinatown, am Flughafen wurde uns aber gesagt, dass von hier aus frĂĽh morgens auch ein Bus zum Airport fahren wird. Also fragen wir den nächsten Arbeitenden, der uns sagt, dass an Plattform 18 ein Schalter der Gesellschaft ist, die zum Flughafen fährt. Also gehen wir wieder runter und finden tatsächlich einen Schalter von Star Shuttle â€“ allerdings geschlossen. Davor sitzen zwei Einheimische, die ich frage, ob sie wissen, wann der erste Bus zum Flughafen fährt.
»What airport?«, fragen die zwei.
Ă„h â€¦Â gibt es mehr als einen?
»Where do you wanna go? International?«
»Uhm, yes.«
»Air Asia?«
»Yes.«
»So, you wanna go to KLIA.«
»Okay.«
»I think there is no bus going from here to KLIA. You might have to go to Sentral Station.«
Hm, schlechte Antwort. Ich bedanke mich freundlich und gehe mit Rebekka wieder nach oben. Wir entdecken einen Schalter, an dem zwei Menschen manuell die Abfahrts- und Ankunftstafel aktualisieren, was einem in einer solch modernen und hoch technisierten Stadt schon etwas merkwĂĽrdig vorkommt. Aber hier fahren nur die Busse und nicht der Monorail-Train, den es in dieser Stadt ebenfalls gibt. Also warten wir kurz, bis die zwei Kollegen die Holzschildchen fĂĽr die verschiedenen Städte und die Holzschildchen fĂĽr die verschiedenen Uhrzeiten samt »in time«- oder »departed«-Vermerk sortiert haben und fragen noch mal nach: »No idea. This is just for transnational busses. But there is a schedule next to platform 18.«
Hmpf, ob wir wohl jemals die richtige Info erhalten? Von einem Fahrplan haben wir bei Plattform 18 ĂĽbrigens nichts gesehen.
Ein weiterer Angestellter des Bahnhofs, was wir an seinem roten Hemd erkennen, läuft uns über den Weg: »Excuse me, can you tell me when and where the first bus to the airport is going to leave?«
»4 a.m., plattform 18. Star Shuttle Bus. The guys with the yellow shirts.«
Öh! Na, das ist doch mal eine Antwort. Um auf Nummer sicher zu gehen, schiebe ich noch ein geschicktes: »Sure?«, hinterher, welches der Mann in Rot mit einem souveränen »Sure« kontert. Rock und Roll.
Wir ziehen uns noch einmal in unser ekeliges Hostel zurück, wo ich Rebekka zu einer lustigen kleinen Sprungaktion verleiten kann. Gerade als sie sich kurz ins Bett fallen lässt, merke ich an, dass dieses Hostel bestimmt über Bettwanzen verfügt und schwups: Rebekka steht wieder.

Wir schlagen uns die letzten drei Stunden bis zur Abfahrt im Internet und mit der ersten »veganisch korrekten« 7-Eleven-Fertigsuppe Südostasiens um die Ohren und schleppen uns zeitig wieder zurück zum Busbahnhof.
Mittlerweile hat sich das Bild hier leicht verändert: Ăśberall vor und im Bahnhof schlafen Menschen auf ihren Rucksäcken. Allerdings sieht keiner der Schlafenden wie ein Backpacker und die wenigsten wie Obdachlose aus. Sind das Pendler, die â€¦Â ja, was machen die alle (schon) hier? Die Wartehalle ist voll von Schlafenden! So etwas Schräges haben wir noch nicht gesehen.

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Im Plattformbereich befindet sich indes noch kein Schwein, auch kein Bus. Das ist alles ziemlich merkwĂĽrdig â€¦Â Irgendwann kommen dann aber doch noch zwei Backpacker, ein Mönch mit einer bis dato von uns noch nicht gesehenen Tracht mit Strumpfhosen (!?) und â€“ zu meiner groĂźen Freude â€“ der Papa von dem sĂĽĂźesten Grimassen schneidenden Mädchen SĂĽdostasiens daher! Die Kleine ist sehr mĂĽde und nimmt mich gar nicht wahr. Kurz darauf kommt dann auch der dicke morgenmuffelige Star-Shuttle-Mann an und öffnet seinen Schalter. In der Dunkelheit des geschlossenen Schalters konnte ich ĂĽbrigens zuvor doch noch den Fahrplan hinter der zugestaubten Scheibe entdecken. Dem Dicken gefällt sein Arbeitsplatz offenbar nicht, weswegen er sich seinen Plastikstuhl schnappt, den Schalter wieder schlieĂźt und sich vorne dransetzt. Nach dieser bestimmt fĂĽnf Minuten dauernden Ankunftsprozedur verkauft er schlieĂźlich auch Tickets.
Der Bus kommt gut 20 Minuten zu spät, was den einen oder anderen der mittlerweile noch hinzugekommenen Passagiere in höchste Nervosität versetzt: Kaum erscheint der Bus, zwängen sich die Nervösen nach vorne, schmeiĂźen ihre Rucksäcke oder Koffer in den Laderaum und rennen in den Bus hinein. Dass aufgrund dieser Unordnung beim Einräumen die Hälfte des Gepäcks der anderen Passagiere nicht mehr hineinpasst, juckt die Egoisten kein bisschen. Dadurch verzögert sich die Abfahrt aber um weitere fĂĽnf Minuten. Intelligent.
Dann ist es endlich geschafft und wir haben noch genug Zeit, uns am Flughafen das islamische Kinderfernsehen anzusehen, in dem ein verschleiertes kleines Kind Verse aus dem Koran vorsingt. Später tut eine komplette Koranschulklasse es dem Kind gleich und der Lehrer mit Erich-Honecker-Gedächtnisbrille unter seinem Turban verbessert die SchĂĽlerinnen und SchĂĽler. FĂĽr den Fernsehzuschauer gibt es zudem noch eine Karaoke-Textspur zum Mitsingen. Leider kann ich die Schrift nicht entziffern â€¦Â denn die ist in Malaysia schon wieder anders als in Thailand.
DafĂĽr wird das sĂĽĂźeste kleine Mädchen â€“ von dem ich Depp kein Foto gemacht habe â€¦Â Aaargh! â€“ wieder fitter und winkt mir zum Abschied. So niedlich â€¦

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