Tag 33: Eugen & Patrick

Curry-Competition

Rasthof auf dem Weg nach Phnom Penh

Sonntag, 28. März 2010
Siem Reap – Phnom Penh, Kambodscha

Da es schon lange nicht mehr geregnet hat, führen der Tonle Sap, Südostasiens größter See, und die Flüsse, die von ihm aus nach Phnom Penh fließen zu wenig Wasser, um mit dem Boot in Kambodschas Hauptstadt einzureisen. Also ist sechs Stunden Bus fahren angesagt. Ein Ticket kostet vier Dollar, da wir aber bei einer Rast zu unvorsichtig sind und Rebekkas Tasche unbeaufsichtigt im Bus liegen lassen, wird uns unser restliches thailändisches Geld geklaut und so kostet uns die Fahrt schätzungsweise 20 Dollar pro Person. Toll.

Die Fahrt, die quer durch Kambodscha geht, ist ansonsten recht interessant, da wir nun mehr vom Land zu sehen bekommen, als das doch schon extrem auf Touristen ausgelegte Siem Reap und Angkor. Allzu lange interessant ist es dann aber doch nicht, weil es irgendwie überall gleich aussieht: ein, im Vergleich zum überall grünen Thailand, erstaunlich trockenes und flaches Land ohne jegliche Erhebungen. Ackerbau und Viehzucht beherrschen das Bild, was womöglich noch ein Überbleibsel aus der Khmer-Rouge-Tyrannei ist: Die Roten Khmer sahen Stadtleben als unnatürlich und böse an, wohingegen der Landmensch als rein galt. Aus diesem Grunde wurde Phnom Penh quasi »evakuiert« und schrumpfte während der Schreckensherrschaft Pol Pots auf gerade einmal 40.000 Einwohner zusammen! Heute, 31 Jahre nach dem Ende des fehlinterpretierten Kommunismus’, leben wieder zwei Millionen Menschen in der Hauptstadt.
Unser Bus teilt sich vorrangig mit Rollern, Lastwagen, anderen Bussen sowie Pferdewagen und -pflügen die Straße in Richtung Südosten. Unser Fahrer hat jedoch offensichtlich nicht mehr alle Tassen im Schrank und hupt bei jedem Vehikel, das er überholen will dreimal zur »Ich komme!«-Warnung, und dann noch einmal zur »Jetzt bin ich gerade direkt neben dir«-Information. An Schlaf oder Entspannung ist daher nicht zu denken.
Ein Gutes hat die Fahrt dann aber doch noch: Wir lernen Eugen und Patrick aus Bochum kennen. Die beiden arbeiten nebenbei als Filmvorführer in einem Bochumer Kino. Patrick studiert Sozialarbeit und Eugen Archäologie, dementsprechend angetan ist er von Angkor.

Mein Artikel über Patrick Wendt auf kwerfeldein.de (11. August 2016)
Patrick Wendt Header 1

Vom Tagträumen und Pausieren

Im März 2010 lerne ich bei einer Busfahrt in Kambodscha den damals als Filmvorführer in einem Bochumer Kino arbeitenden Sozialarbeiter Patrick Wendt kennen. Wir beschließen, in Phnom Penh in dasselbe Hostel zu ziehen und die nächsten Tage gemeinsam zu verbringen. Seine große Passion fürs Fotografieren fiel mir bereits zu diesem Zeitpunkt sofort auf und so erkannte ich schnell, dass Patrick weit mehr mit seinen Kameras anstellte, als lediglich zu knipsen.

Zur Ankündigung   Zum Artikel

In Phnom Penh angekommen beschließen wir vier, dasselbe Hostel zu beziehen und gemeinsam die Stadt zu erkunden. Dabei lernt man sich kennen und spart obendrein Geld beim Tuk-Tuk-Fahren. Am Busbahnhof lehnen wir sämtliche Schlepper-Tuk-Tuks erfolgreich ab und schlagen uns durch das extreme Verkehrschaos von Phnom Penh in Richtung Olympiastadion durch. Olympiastadion? Richtig: In Kambodscha gab es nie Olympische Spiele, was die lustigen Khmer nicht daran gehindert hat, ihr Stadion, das angeblich bis zu 80.000 Zuschauer fassen soll, so zu benennen.
Der krasse Verkehr von Siem Reap ist übrigens im Vergleich zu Phnom Penh ein Kindergeburtstag. Man fühlt sich wie in einem Ameisenhaufen. Ein Gewusel von Rollermassen, Autos und Tuk-Tuks zwängt sich hier kreuz und quer durch die Stadt. Einmal mehr lautet die Devise: Mitmachen. Es gibt zwar ab und zu mal eine Fußgängerampel, meistens muss man jedoch ohne derartige Hilfsmittel über eine zwei- bis dreispurige Straße laufen. Diesmal empfiehlt es sich aber, nach links und rechts zu schauen, bevor man sein Leben riskiert. In Phnom Penh verstehe ich (ausnahmsweise) auch all diejenigen, die mit Mundschutz herumlaufen. Die Luft ist grausam. Vielleicht spucken hier deswegen so viele Leute ungeniert und oftmals sehr geräuschvoll auf die Straße!?
Unweit des Olympiastadions finden wir ein preiswertes Guesthouse. Sechs Dollar kostet die Nacht im Doppelzimmer; sogar mit Fernseher und Air Condition. Air Condition mögen wir nicht, aber wem’s gefällt … 
Patrick und Eugen fallen beim Schauen eines Muay-Thai-Boxkampfes im kambodschanischen Fernsehen in Tiefschlaf, während Rebekka und ich die nähere Umgebung erkunden. Die Stadt ist ziemlich dreckig. Wie so oft gibt es auch in Phnom Penh keine Mülltonnen. Der Müll wird einfach auf einer Stelle des Bürgersteigs getürmt und tatsächlich irgendwann von der Müllabfuhr abgeholt. Den Job wollte ich hier nicht haben, da die Männer – wie wir später beobachten können – tatsächlich jedes Müllteilchen einzeln aufheben und in den Abfuhrwagen werfen müssen. Mülltüten werden eher selten verwendet.
Die Leute in Phnom Penh bekommen anscheinend nicht allzu oft Farangs zu Gesicht. Zumindest fühlen Rebekka und ich uns in manchen Straßen sehr kritisch beäugt. Wenige Meter weiter passiert es dann aber meistens wieder, dass man grundlos angelächelt wird. Angst oder dergleichen muss man also keine haben.
Wir sind müde und gehen wieder zurück in unser Hostel, wo wir gemütlich auf dem Balkon unseres Guesthouses zu Abend essen, während Patrick und Eugen immer noch schlafen. Man kocht gut und preiswert in unserem Hostel. Rebekka hat Tofu-Gemüsespieße und ich Amok im Bauch, als Eugen und Patrick aus ihrem Zimmer kommen und mit uns bis tief in die Nacht erzählen und Bier trinken.

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