Tag 4: Khlong Phlu Waterfall

Curry-Competition

2010 02 27 15.05.28

Samstag, 27. Februar 2010
Koh Chang

Wir verhandeln kurz mit dem Taxifahrer und lassen uns dann zum heutigen Ziel, dem Khlong Phlu Wasserfall, fahren. Wir gehen eigentlich davon aus, dass der Taxifahrer uns nur bis zum Khlong Phrao Beach fahren wird und wir die restliche Strecke zum Wasserfall laufen werden, doch dann biegt unser Taxi links ab und wir werden bis zur Kasse des Wasserfalls gefahren. Ups, denke ich mir. Da wollte der gute Taxifahrer uns gar nicht für einen überteuerten Preis zum Beach fahren. Der mag uns jetzt bestimmt nicht mehr …
Der Eintritt zum 22 Meter hohen, aber ziemlich schmalen Wasserfall zu dem ein 500 Meter langer Pfad durch den Dschungel führt, kostet vier Euro pro Person. Das ganze Koh Chang-Archipel ist übrigens ein Nationalpark. Eintrittsgeld wird aber nur in Bereichen wie beispielsweise diesem hier verlangt.
Für Botaniker hat man diversen Bäumen Namensschilder verpasst. Mich fasziniert indes viel mehr eine kleine Liane! Egal wie ihr botanischer Name auch lauten mag: Schwingen und meine 75 Kilo muss sie aushalten können. Wie Tarzan schwinge ich todesmutig knappe 35 Zentimeter über dem Boden. Vor und zurück. Vor und zurück. Rebekka muss, seltsamerweise peinlich berührt, Fotos schießen. Ihr: »Du musst nicht alles machen, was dir die kleinen Kinder vormachen«, überhöre ich und beginne wie Tarzan durch den Urwald zu johlen.

Im Becken unter dem Wasserfall kann man im kühlen Süßwasser schwimmen. Den Geheimtipp haben aber außer uns auch andere irgendwie mitbekommen und so ist das Becken bereits voll von Touristen, als wir ankommen. Immerhin sind hier aber die, gegenüber den Europäern, weitaus amüsanteren Asiaten in der deutlichen Mehrheit. Wir vermuten, dass es sich um Hongkong-Chinesen oder Taiwanesen handelt. Warum auch immer …
Von einem knapp drei Meter hohen, kleinen Felsvorsprung kann man ins Wasser springen, was die höchst unterhaltsamen Chinesen auch ausgiebigst zelebrieren. Besonders amüsant sind dabei zwei etwas dickere Chinesen, von denen einer regelmäßig auf dem Weg nach oben ausrutscht und dementsprechend früher als geplant bereits im Wasser landet. Auch putzig ist die von uns liebevoll getaufte »kleine Showmakerin«, die bestimmt 20-mal ins Wasser springt, aber bei jedem Sprung von neuem so tut, als würde sie vor Angst sterben. Alle anderen Chinesen – und das sind sehr viele – bejubeln jeden mutigen Springer und schießen Fotos. Die halsbrecherischen Heldinnen posen hierfür in typisch asiatischer Manier mit auf die linke Seite ausgefahrenem Becken und dem mit der rechten Hand geformten Victory-Zeichen. Die harten Kerle indes versuchen auf den Fotos noch ängstlicher auszusehen.

Drei Österreicher sitzen auch am Becken und halten Rebekka und mich wohl ebenfalls für Chinesen. Anders kann ich mir nicht erklären, dass einer der drei Burschen Rebekkas Vorbeischweben im Bikini mit: »Jetzt schau dia die Mööpse oan!«, kommentiert. Hm?
Auf dem Weg zum Wasserfall gibt es neben den Baumnamensschildern noch diverse andere Schilder zu lesen. Seltsamerweise steht auf den größten Texttafeln der immer gleiche Text über den Urwald. Dies soll wohl dazu beitragen, dass man schnell wieder vergisst, dass am Eingang eine Karte hing, die eindeutig einen Rundweg zeigt. Hier am Wasserfall ist aber an einem »No Entry«-Schild Schluss und alle Gäste müssen wieder den gleichen Weg zurückgehen. Da wir uns aber nicht ins Bockshorn jagen lassen, suchen wir am Eingang nach dem Ausgang des Rundwegs. Wir gehen eine kleine, steile Schotterpiste hinauf, die sich oben nach links und rechts gabelt. Glücklicherweise sitzt ein recht überrascht dreinblickender Thai mit ein paar Hühnern auf dem Weg und deutet uns den Weg. Wir verstehen seine Zeichen aber nicht so recht und gehen erst einmal in die falsche Richtung. Als er zu protestieren beginnt, erinnere ich mich wieder daran, gelesen zu haben, dass Thais, wenn sie einen zu sich winken wollen, das Gegenteilige tun, also eine für unsere Augen eher nach: »Hau ab!«, aussehende Geste vollführen. Dementsprechend gehen wir nun auf den freundlich grinsenden Thai zu, woraufhin er aber erneut anfängt, zu lamentieren. Ja, was denn nun? Sollen wir etwa doch gehen? Auf einmal deutet er mit seinen Fingern schräg hinter sich auf den dichten Urwald. Ja, da wollen wir hin. Ich gebe auf und deute ihm mit meinen Armen und Schultern an, dass ich offensichtlich auf der Leitung stehe. Er wiederholt seine Auf-die-Bäume-Zeigerei und siehe da, eine bereits ziemlich zugewachsene, kleine, unasphaltierte Treppe führt in den Wald hinein.
»Aaah!«, kommt es aus mir heraus. Na, nichts wie rein da!
Wir dürften die ersten Menschen oder zumindest Europäer seit der Herrschaft von Sukhothai sein, die diesen Pfad betreten. Immer tiefer dringen wir mit unseren kurzen Hosen und den sockenlosen Sandalen in den Dschungel vor. Ich entdecke eine historische Schrifttafel, auf der dasselbe steht, wie auf dem Weg zum Wasserfall. Merkwürdig, auch Plastik hatten die Thais damals schon. Ein Spinnennetz versperrt uns den Weg! Jeder einzelne Faden ist seildick. Ohne Angst zu verspüren, entferne ich das Netz.× Rebekka sichert mir derweil den Rücken, falls die Riesenspinne zum hinterhältigen Angriff auszuholen gedenken sollte.
Vollbracht! Der Weg ist wieder frei und wir dringen weiter in den Urwald vor.
»Denkst du nicht, dass es hier Schlangen geben könnte?«, fragt mich mein ängstliches Weib, verunsichert durch einen Bericht in einem Reiseführer, der auf Schlangen im Dschungel hinweist und empfiehlt, in Gruppen von mindestens vier Personen die Wildnis zu erforschen. Vermutlich, damit man dem gefräßigen Getier Kameraden überlassen kann, sodass wenigstens einer der Gruppe den Triumph des endgültigen Erforschens genießen kann. Lässig überhöre ich das Narrengeschwätz und setze unbeirrt meine Entdeckertour fort. Plötzlich trete ich auf etwas! Es zischt und hört sich irgendwie verärgert an. Als ich – noch immer die Ruhe selbst – wieder auf dem Boden lande, beschließe ich, das junge Leben meiner holden Begleiterin zu retten und sie wieder in die Zivilisation zurückzuführen. So eine Dschungelerforschung in Sandalen und ohne Machete ist halt nichts für jeden … Wir gehen die 30 Meter zur Schotterpiste zurück und sind froh, dass der Thai mit seinen Hühnern nicht mehr da sitzt. Es wäre ihm sicherlich peinlich gewesen, dass er uns einen solch blöden Weg gezeigt hat. In ein paar Jahren werden wir mit langen Hosen und festem Schuhwerk zurückkehren und dem Dschungel zeigen, wer hier der Boss ist.
Irgendwie haben wir vergessen, Geld mitzunehmen. Mit nur noch 90 Baht in der Tasche stehen wir vor den Taxifahrern. Unter ihnen befindet sich auch der Kollege, der sich schon auf dem Hinweg auf 100 Baht herunterhandeln ließ. Noch einmal scheint es jedoch nicht zu funktionieren … Tja, nach einem peinlichen Moment des beidseitigen Schweigens ziehen Rebekka und ich zu Fuß von dannen. Dieser Spaziergang lohnt sich allerdings! Auf einer kleinen Brücke sehen wir auf einmal Elefanten einen Weg herunter in Richtung Straße kommen.

Abends essen wir bei Maylamean, was sich in der direkten Nachbarschaft unseres heiß geliebten Independent Bo befindet und von einer Deutschen betrieben wird. Hier sitzt man auf einer acht bis zehn Meter hohen überdachten Terrasse und hat einen wunderbaren Ausblick aufs Meer. Das Essen ist wie immer billig und es gibt Cocktails zu nahezu lächerlichen Preisen: So kostet ein Strawberry Daiquiri, der extrem lecker ist, da er auch mit frischen Erdbeeren und nicht etwa mit fertigem Erdbeersaft zubereitet wird, gerade einmal 80 Baht. Danach gibt es noch einen Thaipirinha für 70 Baht. Als wir die Rechnung bekommen, wundern wir uns noch mehr: Da kann wohl jemand nicht rechnen. Weil alles so preiswert ist und es wirklich nett bei Maylamean ist, machen wir die Bedienung auf den Rechenfehler aufmerksam und werden dafür gefeiert.
Danach setzen wir uns noch in unsere hauseigene Bar, wo wir unter anderem auch wieder Danielle und John treffen, sowie die 40-jährgie Katharina aus Wiesbaden kennenlernen. Der Abend ist sehr lustig, da die drei Independent-Bo-Stammgäste die ein oder andere Anekdote zu erzählen haben. So gibt es zum Beispiel eine kleine Schaukel vor dem Independent Bo, auf die sich gerne mal Touristen setzen, die nicht im Independent leben. Einer der Dauergäste kam dann eines Tages auf die glorreiche Idee, die Schaukelnden erschre-cken zu wollen. Und so kann man nun von der knapp 20 Meter entfernten Bar aus eine Angelleine, die an einem Nagel befestigt ist, lösen, an deren anderem Ende eine eklige Latex-Zombiemaske im Wasserleichenlook hängt, die dem Schaukelnden aus dem Baumwipfel heraus direkt vors Gesicht fällt. Was für einen Spaß die Leute damit schon hatten, kann man sich vorstellen. Allerdings geht einer guten Idee und einer architektonischen Meisterleistung stets der ein oder andere, nennen wir es einmal »Fehlversuch« voraus. Bevor der Plastikkopf herunterschnellte, versuchte man es hier mit anderen Mitteln:
Versuch Nummer 1 war eine ziemlich echt aussehende Plastikschlange, die die Touristen unter Panikattacken ins Wasser rennen ließ. Klingt auch nicht schlecht, musste aber noch perfektioniert werden.
Die Perfektion wurde dann bei Versuch Nummer 2 erst einmal böse verfehlt, als man eine Kokosnuss an die Leine hing und einen kleinen Jungen damit K.o. schlug. Tja, und danach kam dann bereits der weitaus ungefährlichere Plastikkopf …


× Anmerkung von Rebekka: »Ach was, Du hast das Netz entfernt?!«

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