Tage 14–16 : Tauchen, tauchen, tauchen …

Curry-Competition

2010 03 09 11.50.48

Dienstag–Donnerstag, 9.–11. März 2010
Ao Chalok Ban Kao, Koh Tao

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Ich gehe jeden Tag mit den Schweizern tauchen und sehe unter anderem zwei für dieses Gewässer eher seltene Feuerfische, viele große Zackenbarsche, Barrakudas, Muränen, Kugelfische, Sternschnecken, Porzellanschnecken, einige wunderschöne Blaupunkt-Stechrochen und weitere Drückerfische, die mich diesmal aber in Ruhe lassen. Rebekka genießt derweil an Land die Sonne.

Die Tauchgänge machen allesamt Spaß. Besonders genial verläuft der Tauchgang am White Rock: Nach knapp 25 Minuten nähert sich uns – wie ein zur Landung ansetzendes Flugzeug – eine aus dem Blau des Meeres kommende Schildkröte von gut einem Meter Länge! Das tapsig, aber doch auch irgendwie weise – vermutlich, weil alt – wirkende Tier, steuert direkt auf unsere kleine Gruppe zu, streift haarscharf an unseren Köpfen vorbei und macht sich zum großen Fressen an die Korallen und Anemonen hinter uns ran.

Wir beobachten dieses wunderbare Geschöpf mehrere Minuten lang, bis wir uns dazu entschließen, weiterzutauchen. Die Schildkröte hat aber anscheinend Gefallen an unserer Gegenwart gefunden und folgt uns! Nach etwas mehr als 80 Minuten, locker 50 davon in Begleitung des lustigen Tieres, beenden wir dann begeistert den Tauchgang.
Am nächsten Tag steht Haiegucken auf dem Plan! Am Chumpon Pinnacle gibt es eine Haigarantie! Quasi immer sind hier Bullenhaie anzutreffen, die zu den gefährlicheren Haien gehören: Neben dem Weißen Hai und dem Tigerhai gehen die meisten Angriffe auf Menschen auf den, oftmals auch bis zu mehrere Tage in Süßwasserflüssen lebenden, Bullenhai zurück.
Wir gehen auf knapp 30–35 Meter runter. Die Sicht hier unten ist nicht allzu gut – fünf Meter vielleicht. Eine braune Suppe. Langsam lassen wir das Riff hinter uns und tauchen vorsichtig ins Braune hinaus. Ein Rotfeuerfisch sitzt im Sand. Von den Haien ist noch nichts zu sehen. Wir tauchen tiefer in die gespenstische Atmosphäre hinein. Es fühlt sich schon etwas seltsam an, wenn man, mitten im Ozean, in einer ordentlichen Tiefe, bei schlechter Sicht auf »Haijagd« geht. Man stelle sich nur mal vor: Die Sichtweite beschränkt sich auf fünf Meter und plötzlich kommt aus dem Nichts ein dreieinhalb Meter großer, 200 Kilogramm schwerer Bullenhai auf einen zu! Oder gleich mehrere … Auch möglich wäre, dass wir drei, vier Meter nach oben tauchen, die Sicht sich aufklart und wir von, wer weiß wie vielen Haien umzingelt sind. Ich für meinen Teil bin ziemlich scharf auf diesen Nervenkitzel, der plötzlich zusätzliche Nahrung bekommt: Ein Pilotfisch kommt aus der Suppe auf uns zu! Bepi, der den Tauchgang leitet, dreht sich zu Tomato, meinem schweizer Buddy bei sämtlichen Tauchgängen auf Koh Tao, Jan, dem Mann, der sich weder in den Anzug pisst, noch im Flugzeug scheißen geht, und mir um und gibt uns das Zeichen für »Hai«. Daraufhin dreht er sich wieder nach vorne und schaut suchend um sich. Tomato, Jan und ich tun es ihm gleich. Wenig später ist es dann soweit … Bepi dreht ab und wir tauchen zurück zum Riff. Keine Haie. Hmpf. Zwar haben sich die Haie, auf die ich mich so gefreut habe, nicht blicken lassen, aber trotzdem ist der Tauchgang sehr schön. In der Mitte des Tauchgangs wird Jan auf einmal hektisch, macht laute Geräusche und zeigt wild in meine Richtung. Ich gehe davon aus, dass er etwas Interessantes hinter mir entdeckt hat und drehe mich um. Ich kann aber nichts entdecken, woraufhin ich mich wieder zu Jan drehe, um ihm deutlich zu machen, dass ich keine Ahnung habe, wovon er da blubbert.
»Hmmm! Hmmmmmm!«, kreischt er und deutet auf meine Füße, dann auf meinen Bauch und schließlich auf mein Gesicht. Was zum …? Üüaargh! Ein Pilotfisch schwirrt um mich herum und versucht sich an mich dranzuheften. So weit ich weiß, weiß ich nichts darüber, was diese Fische genau machen. Beißen oder saugen sie sich an ihren Wirten fest? Sind es Parasiten oder leben sie symbiotisch mit den Walen und Haien zusammen, an die sie sich heften? Gibt es überhaupt einen direkten Körperkontakt oder wird lediglich der »Windschatten« ausgenutzt? Wie dem auch sei: Auf diese Art der Symbiose kann ich verzichten. Zudem bin ich – schon wieder!? – ordentlich erschrocken und zapple nun gemeinsam mit Jan in gut 20 Metern Tiefe herum. Dem Fischlein scheint das zu unchillig zu sein, weswegen es dann auch wenig später von mir ablässt. Vielleicht erschrecke ich ihn aber auch zu sehr, als ich versuche, ihn zu fotografieren … als ich ihn gerade an meinem Hintern vermute. Das Foto ist übrigens nichts geworden und trotz zweimaligen Auftauchens eines Pilotfisches gibt es bis zum Ende des Tauchganges keine Haie zu bewundern. Aber sie waren da … irgendwo im dichten Schleier der braunen Suppe auf 30 bis 35 Metern.

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<center>Die Reef Riders</center>
Bepi ist mit Leib und Seele Taucher. Seit nunmehr zwölf Jahren leitet er die Reef-Riders-Tauchschule im Laem Klong Resort und taucht noch heute nahezu jeden Tag. Zwischen den beiden Tauchgängen bleibt Bepi stets in seinem Tauchanzug, klappt sich diesen noch nicht einmal herunter. Wie eine Mischung aus solch schroffen Figuren wie dem Seewolf Wolf Larsen und Kapitän Ahab sitzt Bepi am Bug, eine Zigarette im Mund, den Blick meist aufs Wasser gerichtet, als könne er den nächsten Tauchgang nicht erwarten.
Philip war früher Handballer. Er spielte sogar in der Swiss Handball League, der höchsten Handballliga der Schweiz und war Nationalspieler! Ausgerechnet, als sich die Schweiz für die EM qualifizierte, brach Philip sich kurz zuvor das Wadenbein.
Daniel Jackson, genannt »Jackson« – vor allen Dingen wird er von sich selbst so genannt –, ist ein sehr lustiger Zeitgenosse aus Manchester. Sein Englisch ist das wohl verständlichste Englisch, das ich je zu hören bekommen habe … und das, obwohl er sehr gerne Green Label und andere alkoholische Getränke zu sich nimmt. Dazu steht er auch, denn davon redet er den halben Tag lang. Eigentlich ist Jackson genauso wie man sich einen Menschen aus Manchester wünscht: Er wirkt prollig, mag Fußball, hat Humor, beherrscht Selbstironie und kann natürlich trotz seiner eher kleinen Körpergröße ordentlich trinken. Ich mag ihn. Allerdings legt er bei Nachttauchgängen ein ordentliches Tempo vor.

Die neueste und auch einzig weibliche Besetzung in der Reef-Riders-Crew ist die Wienerin Marie. So wie Philip ist sie DMT, also in der Ausbildung zum Divemaster. Zuvor hat sie Berge und Vulkane bestiegen, was nicht nur abenteuerlich klingt, sondern offenbar auch ist: Einmal ist unter ihr eine Eisbrücke eingestürzt und Marie hat sich die darunter liegende Gletscherspalte mal genauer angeschaut. Ohne Seil wäre sie in ein tiefes schwarzes Loch gefallen, dessen Boden sie nicht einmal erahnen konnte. Und manche Leute behaupten, Tauchen sei ein Extremsport …
Wohl eigentlich kein Reef Rider, sondern vielmehr die Chefin des Laem Klong Resorts ist die charmante Laotin Cheng. Die meiste Zeit ist sie auf ihrem Stuhl hinter der Theke anzutreffen, von wo aus sie Getränke verteilt, Essensbestellungen annimmt und die Zimmer verwaltet. Cheng ist anscheinend immer gut gelaunt. Und wenn sie es mal nicht ist, dann wirkt sie trotzdem äußerst cool dabei. Wie beispielsweise einmal, als wir von einem Tauchgang zurückkommen:
Philip: »Hello Cheng. How are you?«
Cheng: »Not good.«
Philip: »Oh, why?«
Cheng: »Cannot shit!«
Neben Cheng arbeiten im Laem Klong Resort noch ihre Mutter, die offenbar genauso cool drauf ist wie Cheng (»How can you make photo without the mama?!«), und Lalala aus Myanmar, die auch Tralala genannt wird. Ob Lalala wirklich so heißt, wie sie hier jeder nennt, mag bezweifelt werden. Dass sie aus Myanmar kommt, weiß ich ebenfalls nicht. Ich bilde es mir aber ein, da ich gelesen habe, dass die Myanmarinnen als Sonnenschutz eine Creme auf der Backe – und manche auch auf der Nase – tragen. Die hübsche Lalala trägt jeden Morgen diese Creme.
Bleibt letztendlich noch Tomato übrig, der mit bürgerlichem Namen Thomas heißt und eigentlich zu Gast bei den Reef Riders ist. Das ist er allerdings schon seit längerem, weswegen er in meinen Augen schon ein würdiges Crewmitglied ist. Außerdem ist er bei sämtlichen Tauchgängen mein mehr als angenehmer Buddy, der nie meckert, wenn ich mit meiner Kamera so lange herumknipse, bis der Fisch weg ist und er mit seiner Kamera nicht mehr zum Zuge kommt.

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