Tage 30 & 31: Die Tempel von Angkor

Curry-Competition

Angkor Wat

Donnerstag & Freitag, 25. & 26. März 2010
Siem Reap – Angkor, Kambodscha

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Wir haben uns für acht Uhr morgens mit dem Tuk-Tuk-Fahrer unseres Guesthouses verabredet. Vorher bekommen wir noch ein im Zimmerpreis inbegriffenes Frühstück serviert, welches von unserem – wie wir erst anschließend erfahren – Tuk-Tuk-Fahrer aufgetischt wird.
Chel (oder so ähnlich) spricht leider so gut wie gar kein Wort Englisch und versteht auch nahezu nichts. Das ist etwas schade, da wir schon von Tuk-Tuk-Fahrern gehört haben, die sogar etwas zu den Ruinen von Angkor erzählen können. Das können wir uns nun also abschminken.
Die Fahrt im Tuk-Tuk nach Angkor dauert eigentlich gute 20–25 Minuten. Kurz vor der Ticketstation bricht Chel aber eine Schraube am Roller ab, weswegen er versucht eine Ersatzschraube zu organisieren, was leider erfolglos bleibt. Also müssen wir zum Hostel zurückfahren. Das erweist sich dann aber als glückliche Fügung, da wir keine Ahnung haben, wie teuer der Eintritt zur Anlage ist und »nur« 60 Dollar mitgenommen hatten. Alle Versuche aus Chel den Preis für ein Drei-Tages-Ticket herauszubekommen, scheitern an seinen extrem geringen Englischkenntnissen. Als wir kurz neben einer Travel Agency halten, nutze ich die Chance, um mich dort über die Kosten zu informieren: 40 Dollar pro Person. Wow.

Mit neuer Schraube und genügend Geld in der Tasche geht es wieder zurück nach Angkor, einer Region, die über sechs Jahrhunderte das Zentrum des historischen Khmer-Königreiches Kambuja bildete. Nacheinander wurden in diesem Gebiet mehrere Hauptstädte und in deren Zentrum jeweils ein Haupttempel errichtet. Das Gelände, auf dem die Ruinen der Tempel stehen, ist riesengroß: über 200 km²! Es gibt Vermutungen, dass im Großraum von Angkor am Höhepunkt des historischen Königreiches bis zu einer Million Menschen auf etwa 1000 km² gelebt haben könnten.
Nach dem Ticketschalter, wo man ein personalisiertes Ticket mit Webcamfoto darauf erhält, fährt man noch ein paar Kilometer durch den Wald, ehe man vor einem breiten Wassergraben ankommt. Die Außenmauern, die Angkor Wat, den berühmtesten Bau der Anlage, umgeben, sind auf der anderen Uferseite bereits zu sehen.
Wir umfahren den rechteckig angelegten und gut 200 Meter breiten Wassergraben bis zum westlichen Steinsteg, der als Haupteingangsportal zum berühmten Tempel führt.

Angkor Wat ist wahnsinnig beeindruckend. Die Tempelanlage ist 1500 mal 1300 Meter groß und mit solch einer Detailverliebtheit erschaffen, dass man nur staunen kann. Man bedenke auch, dass der Tempel schon fast 1000 Jahre alt ist! Als grober Erbauungszeitraum wird 1113 bis 1150 vermutet.

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Angkor Wat war ursprünglich ein hinduistischer Tempel und trug den Namen Brah Bishnulok oder Vrah Vishnuloka, was soviel heißt wie »heiliger Wohnsitz von Vishnu«. Im 13. Jahrhundert kam es unter König Jayavarman VII. zu einer religiösen Revolution und das Khmer-Reich wurde buddhistisch, weswegen der Hindu-Tempel zu einem buddhistischen Wat umgewandelt wurde. Um den zentralen Prasat (= Pyramidentempel oder Turmheiligtum), von dem aus man eine super Aussicht genießen kann, betreten zu dürfen, muss man – wie üblich in buddhistischen Tempeln – in angemessener Kleidung erscheinen. Das bedeutet, dass man seinen Hut oder seine Kappe abnehmen muss, die Schultern bedeckt und Beinkleider trägt, die bis über die Knie reichen.

Rebekka erfüllt am heutigen Tage die letzten beiden Anforderungen nicht und muss sich lustigerweise für einen Dollar eine Hose und ein Schultertuch mieten.

Nach etwas mehr als zwei Stunden haben wir den ersten Tempel des Tages – und auch den größten Tempel der kompletten Anlage – ausgiebig erkundet und gehen zurück zu unserem Tuk-Tuk-Fahrer. Auf dem Weg zu ihm kommt eine strahlende Kambodschanerin auf uns zu und bietet uns diverse Bücher an. Wir verhandeln kurz mit ihr – was man in Angkor auch bei Getränken, Armbändchen etc. machen muss – und kaufen uns für zehn Dollar den National Geographic Art Guide von Angkor, der in Deutschland für 30 Euro zu haben ist. Ein Schnäppchen also und wir bekommen jetzt auch Informationen zu den Ruinen von Angkor. (Interessante) Informationstafeln sucht man hier nämlich vergeblich, ein registrierter Fremdenführer kostet zehn Dollar aufwärts am Tag und mit einem Buch in der Hand kann man sich die Zeit nehmen, die man selbst wählt, um durch die imposanten Bauten zu flanieren und wird nicht von einem hektischen Guide durchgeschoben.

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Der nächste Stopp ist der Bayon, ein Tempel, der so oft verändert wurde, dass Archäologen eine Interpretation schwierig fiel. Erst 1925 einigten sich die Wissenschaftler darauf, dass er buddhistischen und nicht hinduistischen Ursprungs ist. Der im Vergleich zu Angkor Wat mit 156 mal 141 Metern eher kleine Tempel ist neben Angkor Wat der wohl schönste Bau im gesamten Komplex. In konisch geformte Steintürme gemeißelte Gesichter von imposanter Größe und Detailtreue blicken über den Besucher hinweg in den Dschungel. Wirklich wunderschön!

Die Toilette neben dem Tempel hingegen ist alles andere als wunderschön und beim Anblick der stockdunklen Kabäuschen vergeht mir der Wunsch mich zu erleichtern. Die kambodschanischen Mädels, die mir das hinter einer hölzernen und sehr einfach gehaltenen Mönchsbehausung gelegene Klo zeigen, verlangen zudem noch eine Million Dollar für die Nutzung. So viel habe ich gerade nicht dabei und ich beginne zu verhandeln. Bei einer halben Million einigen wir uns und ich verspreche hoch und heilig, das Geld später vorbeizubringen, was ich aber … nicht tue.

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Chel fährt uns nun zum Ta Keo, einem Tempel mit extrem dünnen und steilen Stufen. Rebekka sind die Stufen zu steil, weswegen ich den Pyramidenturm alleine erklimme.

Kaum bin ich oben im zentralen Prasat angekommen – was übrigens wirklich nicht ganz ohne ist – werde ich von zwei jungen Kambodschanerinnen empfangen: »Buy something, Sir! Buy something!«
Die zwei Kleinen halten mir ihre Ware entgegen, ihre schweigsame Oma bleibt ruhig und regungslos im Hintergrund. Ich lehne dankend ab und versuche noch etwas durchzuschnaufen. Die Hitze macht einem schon zu schaffen. Die tüchtigen Verkäuferinnen versuchen weiter ihr Glück und ich beginne langsam die Flucht nach unten. Eine der beiden gibt den Kampf auf, wohingegen die andere neue Geschütze auffährt: »When you buy this, you can show everyone at home«, sagt die eine und grinst dabei verschmitzt. Wieso sind hier eigentlich alle Kinder so zum Knuddeln? Gerade als ich die ersten fünf Stufen hinabgeklettert bin, ändert sie erneut ihre Taktik: »Hey Mister! You look like monkeys.«
Bitte wie?
»Did you say that I look like a monkey?«, frage ich vorsichtshalber noch einmal nach.
»Yes!«, ruft sie und fährt mit ihrer einen Hand über ihre Backen und das Kinn, mit der anderen zeigt sie auf mich. Oha, mein mittlerweile prächtig gewachsener Vollbart lässt mich in ihren Augen animalisch aussehen. Ich stoße ein empörtes: »Oh!«, aus und beginne dann wie ein Affe auf den Stufen umherzuspringen, kratze mich am Kopf und unter der Achsel und gehe vom empörten: »Oh!«, in ein affieskes: »Uh uh, ah ah!«, über. Das amüsiert die Kleine so sehr, dass sie mich jetzt in Frieden die Pyramide hinabklettern lässt. Aus Sicherheitsgründen unterlasse ich dabei das Springen und das auf die Brust klopfen.

Außer mir, den beiden Mädels und der Oma befindet sich übrigens kein anderer Mensch im oberen Teil des Tempels. Manchmal hat man in Angkor wirklich Glück und ein anderes Mal sind die Tempel vollkommen überlaufen. Als Rebekka und ich den Bayon besichtigt haben, hatten wir ebenfalls riesiges Glück und waren dort quasi alleine.

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Es ist heiß und staubig …

Ta Prohm heißt das nächste Ziel, ein in die Länge gezogener flacher Tempel, der im Laufe der Jahrhunderte von zwei riesigen Bäumen überwuchert wurde. Rund um den Tempel, der knapp einen Hektar einnimmt, lebten im ausgehenden 12. Jahrhundert auf einer Fläche von rund 60 Hektar an die 80.000 Menschen!

Nach dem Ta Prohm sind wir von der Hitze zu geschafft, um uns noch Banteay Kdei anzusehen. Wir beenden die »kleine Tour« nach gut sechs Stunden und bitten Chel uns zum Hostel zu fahren.

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Am nächsten Tag machen wir die »große Tour«. Die Definition »groß« oder »klein« bezieht sich einzig und allein auf die vom Tuk-Tuk heruntergerissene Strecke. Zeitlich gesehen sind wir nämlich mit der »kleinen Tour« länger beschäftigt. Für die »große Tour« benötigen wir lediglich vier Stunden, in denen wir uns Preah Khan, Neak Pean, Ta Som, den östlichen Mebon und Pre Rup ansehen. Diese Tour ist ebenfalls sehr schön, so extrem beeindruckende Tempel wie Angkor Wat und den Bayon bekommen wir aber nicht mehr zu sehen.

Preah Khan

Neak Pean

Ta Som

Östlicher Mebon

Pre Rup

Angkor Karte Routen Tag 1 2 25. und 26.3.2010

Zurück in Siem Reap statten wir noch dem knapp 500 Jahre alten Wat Preah Prom Rath einen Besuch ab. Die beeindruckende und prunkvolle Pagode ist das älteste Kloster der Stadt.

Im Hostel werden wir jeden Abend von der vermeintlichen Chefin, deren Namen wir wieder vergessen haben, zugetextet. Das macht die an sich recht nette Lady sehr gerne und hört damit auch nicht mehr so schnell auf: Sie ist seit September mit einem Engländer verheiratet. Die Hochzeitsfotos – auf denen man sie überhaupt nicht wieder erkennt – hat sie uns bereits gestern gezeigt … zusammen mit Fotos von ihrem »stupid puppy«. Das ist ein kleines weißes Wollknäuelhündchen, dessen Geschlechtsidentifikation schiefgelaufen ist, weswegen sie jetzt Marco heißt. Natürlich dürfen Bilder ihrer neuen Verwandtschaft in »bloody« England auch nicht fehlen. Die Frau flucht schon wie ein Brite! Jedes dritte Wort ist »bloody«, »shitty«, »stupid« oder »f***ing«. Letzteres verschluckt sie aber bewusst so sehr, dass man nur noch den ersten Buchstaben und die Endung verstehen kann. Oh ja, sie erzählt viel: auch, dass sie gar nicht die Chefin ist, sondern nur aushilft. Die eigentliche Chefin – eine gute Bekannte – hat nämlich einen Nervenzusammenbruch erlitten und weiß nicht mehr, wo oben und unten ist. Seit zwei Wochen ist sie erst im Business und das merkt man dann auch. Als sie uns beispielsweise fragt, wie zufrieden wir mit unserem ersten Tag sind und wir mit asiatisch korrekter Diplomatie, also ohne direkte Kritik, andeuten, dass Chel kein Wort von dem versteht, was wir sagen und wir uns eigentlich die ein oder andere Info zu den Bauten erhofft haben, geht sie sofort zu unserem Fahrer und sagt, dass wir unzufrieden mit ihm sind. Was!? Oh nein! Ich erkläre ihr, dass dem gar nicht so ist, und entschuldige mich mit gefalteten Händen und leichter Verbeugung bei Chel. Toll gemacht, Chefin. Das Gleiche macht sie übrigens am nächsten Tag erneut, weswegen sie uns dann doch irgendwann etwas auf die Nerven geht. Und habe ich schon erwähnt, dass sie nicht aufhört zu reden?

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