Tag 3: Backnang & Ludwigsburg

Das Tagebuch des Straßenlesers: 1. Tour (2015)

© Jörg Kopp - Eigenes Werk. Lizenziert unter CC BY-SA 3.0 über Wikimedia Commons

Mittwoch, 9. September 2015
Backnang

Nur unweit von Murrhardt liegt Backnang. Ich war als Jugendlicher schon einmal in der 35.000-Einwohner-Stadt, da zwei alte Skiurlaub-Freunde von hier kommen. Leider haben wir keinen Kontakt mehr. Aber ein klein wenig hoffe ich, dass serendipity – die Gabe, zufällig glückliche und unerwartete Entdeckungen zu machen – die beiden heute in die Fußgängerzone führt. Es klappt nicht. Dafür soll ich wegen Falschparkens später noch einen Knollen bekommen. Hmpf.
Als ich in Backnang ankomme, beschließe ich, die Redaktion der Backnanger Zeitung aufzusuchen, bevor ich mit meiner Straßenlesung loslege. Ich frage ein Mädel, das in einem Handy-Shop arbeitet und gerade für eine Kippenpause vor dem Laden sitzt, wo ich die Fußgängerzone finde. Die schaut mich jedoch nur hochgradig irritiert an und schüttelt den Kopf: »Fußgängerzone? Gibt’s hier nicht.«
Einen Block weiter stehe ich plötzlich in der Fußgängerzone. Aha. Seltsam. Vielleicht hat sie mein Schild so verstört, welches ich um meinen Hals hängen habe? Auf dem Schild steht, dass ich »Deutschlands erster Straßenleser« bin, dass die Menschen es sich gemütlich machen sollen und dass ein Buch zwölf Euro kostet. Darunter ist in Postergröße der Buchdeckel von »Serendipity – Teil 1« platziert.

2015 10 16 Deutschlands erster Straßenleser Schild

In der Redaktion der Backnanger Kreiszeitung werden ich und meine Geschichte mit großer Begeisterung aufgenommen: Sofort setzt sich ein Redakteur mit mir in einen Raum und interviewt mich. Es wird sogar noch schnell ein Fotograf für den Artikel organisiert. Dieser führt mich dann auch in die Fußgängerzone und zeigt mir Plätze, die sich für eine Straßenlesung eignen. Ich lese vor einem Tabakladen, gegenüber dem Café Weller.
Nach der Lesung kauft mir eine Frau zwei Bücher ab. Sie arbeitet ehrenamtlich in einer Flüchtlingsunterkunft und will die Bücher nutzen, um Flüchtlingen Deutsch beizubringen, was ich absolut großartig finde.

2015 09 10 Backnanger Zeitung Der Wanderprediger war nur ein Vorleser

Ludwigsburg

Gegen 16:30 Uhr erreiche ich Ludwigsburg. Ich habe wenig Hoffnung, noch einen Journalisten der Ludwigsburger Zeitung mobilisieren zu können. Anstatt den Sitz der Zeitung zu suchen, rufe ich schnellstens bei der Redaktion an … und bekomme – wenig überraschend – eine Absage. Damit mir dasselbe nicht morgen auch in Stuttgart passiert, klingel ich direkt im Anschluss bei der Stuttgarter Zeitung durch. In der Schwabenmetropole kommt mein Projekt direkt gut an. Ich soll mich morgen – sobald ich weiß, wo ich lesen werde – wieder melden. Nice!
Ich lese auf dem Ludwigsburger Marktplatz. Der große und schöne Platz liegt zwischen zwei Kirchen: einer evangelischen und einer katholischen. In der Mitte des Platzes steht ein Brunnen und die hübschen Arkadenhäuser, die den Platz begrenzen, beherbegen Gastronomiebetriebe. Zunächst wundere ich mich über die wahllos erscheinende Platzierung der Sitzmöglichkeiten auf dem Platz. Als ich schließlich bemerke, dass sämtliche metallenen Bänke und Stühle in der Sonne stehen, wird mir klar, dass die Sitzmöglichkeiten transportabel sind. Das ist ja mal cool.
Eine Freundin meiner ältesten Schwester Andrea bat darum, ihr Bescheid zu geben, wenn ich in Ludwigsburg ankomme. Neben ihr hören mir auch ein paar Sonnenanbeter und später auch eine Gruppe Skateboarder zu. Die Kids hören auf, ihre Tricks zu üben und setzen sich auf ihre Bretter genau vor mich. Sie hören bis zum Ende zu und spenden mir wohltuenden Applaus.
Ich packe zusammen, wecke den Straßenmusiker auf, der sich mitten in meiner Lesung zur Mittagsruhe auf meine Isomatte gelegt hat, und düse weiter in Richtung Stuttgart.

Stuttgart

Mein Kumpel Alex Mink aus Mainz ist nach Stuttgart gekommen. Er hat gehört, dass ich bei unserem gemeinsamen Freund Max übernachten werde und gönnt sich daher eine Auszeit im Schwabenland. Alex hat übrigens den Buchdeckel von »Curry-Competition« designt. Und aus Max Köglers kreativem Kopf stammen das DVD-Cover und die Poster zu »Erinnerungen«.

Alexander Mink
Digital Visual Effects, Motion Design, Title Design, Artwork, Requisite, Szenenbild, Stuntman
Alex Mink erblickt am 4. Juli 1984 in Mainz das Licht der Welt. Im Jahr 2001 beginnt er eine dreijährige Ausbildung zum Werbetechniker. Danach geht's zum Zivildienst. 2006 macht Alex das Fachabitur zum staatlich geprüften Gestalter. Ab 2006 studiert er Kommunikationsdesign an der FH Mainz.
Für die DVD von Die Treppe designt er das offizielle Logo der Tupamaros Film Productions.
Für Die Füchsin kreiert und baut er das Türschild, das über dem Eingang des Renard Rouge hängt, bastelt Celines Schminkspiegel in der Garderobenszene und malt das »Heute tanzt Celine«-Plakat, das in der Straßenszene zu sehen ist. Zudem stammt noch das DVD-Cover von ihm, wofür Carsten Selak die Fotos beisteuerte. In Erinnerungen fungiert Alex als Stuntman und Edelstatist. Er ist außerdem sowohl verantwortlich für das Titeldesign als auch für die Gestaltung des Abspanns und die im Film enthaltenen visuellen Effekte.

Mehr über die Crew der Tupamaros Film Productions gibt’s hier.

Mein allererster Abend in der Stuttgarter City ist ein feucht-fröhlicher. Max führt uns umher und zeigt uns zum Abschluss noch das Café Galào. Der Betreiber des Cafés hat mich für morgen zur Lesung eingeladen. Auch dieser Kontakt ist – wie schon meine Engagement in Gaildorf – über die liebe Lena zustande gekommen. Reiner, der Betreiber des Galào, ist ein herzensguter Kerl, der sämtliche Getränke aufs Haus gehen lässt. Wir halten uns aber selbstverschänntrslich shrerrej zuerräcük … Man wiklklkl jka nishct ungkhöflich weorkrlenm!
Guutr Nscht.

Copyright
• Titelbild: Marktplatz, Ludwigsburg
   © Jörg Kopp - Eigenes Werk. Lizenziert unter CC BY-SA 3.0 über Wikimedia Commons
• Foto vom Schild »Deutschlands erster Straßenleser«: Michael F. Koch

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