Tag 7: Oppenheim & Mainz
Das Tagebuch des Straßenlesers: 1. Tour (2015)

Sonntag, 13. September 2015
Oppenheim
Ein Reporter der Allgemeinen Zeitung ruft mich an und fragt, wo er mich finden kann – sprich: wo ich bleibe. Ja, ich bin spät dran. Wenige Minuten später habe ich sowohl den Journalisten als auch das Café gefunden. Ich lasse mich kurz interviewen und kläre dann mit Irina, der unglaublich sympathischen Besitzerin des schnuckeligen Cafés, wo ich denn nun am besten lese. Zum Glück macht sie mir den Vorschlag, aus der Straßenlesung einfach eine Café-Lesung zu machen. Mein Auftritt ist also gerettet und ich muss mich nicht ärgern, nur wegen eines geplatzen Termins den sonnigen Süden verlassen zu haben. Auf einer Tafel vor dem Café wird mein Auftritt sogar bereits angekündigt. Wirklich sehr süß.

Im Café ist das Publikum überschaubar. Nach Irinas Ankündigung, dass es nun eine Lesung im größeren der beiden Räume des Cafés gibt, zieht eine Frauenrunde in den anderen Raum um. Jetzt sitzen nur noch ein Mann und ein Ehepaar in dem Raum, in dem ich lesen werde. Und das Ehepaar … sind meine Eltern.
Die Lesung macht dennoch Spaß: Der Mann hört freudig lächelnd mit und meine Eltern erleben mich erstmals als Vorleser. Nach der Lesung erfahre ich, dass der Mann der Vater der 17-jährigen Kellnerin ist und der Mann erfährt, dass das Ehepaar meine Alten sind. Finden wir irgendwie alle ziemlich ulkig. An ihn und Café-Besitzerin Irina verkaufe ich am Ende noch vier Bücher und bleibe noch ein wenig zum Quatschen. Allzu lange kann ich jedoch nicht bleiben: Gegen sechs Uhr werde ich am Gartenfeldplatz in Mainz erwartet.
Mainz: Gartenfeldplatz
Der Wettergott ist mir wohlgesonnen. Es ist zwar nicht sommerlich warm wie im Süden der Republik, der Regen bleibt aber glücklicherweise aus. Am Gartenfeldplatz, dem Szenekiez der Mainzer Neustadt, der gerne mal mit dem Prenzlauer Berg in klein verglichen wird, warten bereits einige meiner Freunde. Es kommt sogar dazu, dass sich einige meiner Freunde, die – obwohl sie in Mainz leben – sich teils jahrelang nicht gesehen haben, heute wieder aufeinandertreffen. Allein dafür lohnt sich mein Erscheinen schon, wie ich finde. Das ZDF lässt sich leider nicht blicken. Dafür erscheinen neben meinen Freunden und Eltern auch der Bruder und Freunde meiner Freundin, die mich teilweise noch gar nicht kennen. Sauber, Julia. Auf mein Mädel ist Verlass. Für Freunde zu lesen, ist eine schöne, aber auch irgendwie schräge Sache. Schließlich hat mich keiner meiner Freunde bisher als Vorleser erlebt. Umso mehr freue ich mich, als ich nach der Lesung sowohl von Freunden als auch von Fremden gefragt werde, ob ich plane, das Buch auch als Hörbuch zu veröffentlichen.
»Ich könnte dir stundenlang zuhören«, meint eine Freundin von mir.
Diese Frage höre ich tatsächlich nicht zum ersten Mal und mir gefällt die Idee auch sehr gut. Im Hinterkopf habe ich sie zudem schon seit Längerem. Wird vielleicht Zeit, dass sie vom Hinterkopf mehr in den Fokus rückt. Ja, es soll ein Hörbuch zu »Serendipity« geben!
Gerade als ich mit dem Abbau und dem Verkauf von Büchern fertig bin, steht mein Kumpel Alex Martens vor mir: »Verdammt. Hab ich’s doch verpasst«, ärgert er sich kurz. »Ich bin gerade auf den Gartenfeldplatz gekommen, als ich einen Typen, der hier immer herumsteht, gefragt habe, ob er weiß, wo die Lesung stattfindet. Daraufhin meinte der nur: ›Die hat gerade aufgehört … War total geil.‹«
Yeah, das geht runter wie Öl!
Nach und nach verabschieden sich alle Zuhörer. Alex hat glücklicherweise keine Pläne für den Abend und schlägt vor, mit mir auf Jona zu warten, der noch keinen Feierabend hat. Ich will heute wieder bei Jona pennen, da ich morgen »uff die eebsch Seit« nach Wiesbaden fahren will. Ins hessische Feindesland also, wo das Schönste noch der Blick rüber nach Mainz ist.
Alex und ich spazieren um den Block und lernen für einige Minuten einen äußerst amüsanten Pfälzer kennen, bevor Jona auf dem Gartenfeldplatz zu uns stößt. Bevor »Easy J« und ich abhauen, lädt Alex uns zu einem Bier in seinem neuen Laden ein, der sich direkt am Gartenfeldplatz befindet: das Klotz & Quer.
Ab sofort auch im wunderbaren Klotz & Quer erhältlich: »Serendipity – Teil 1«