Tag 10: Kanaka Kava und Sam’s Hideaway

Kaffee, Kiffer, Killerkatzen

Freitag, 20. August 2004
Kona, Hawaii

Es geht wieder in den Wald, um Māmaki-Tee zu pflücken. Diesmal läuft das Ganze aber etwas abenteuerlicher ab: Lolo stattet mich mit einer Machete und Bekki mit einem großen Eimer aus. Nun sollen wir uns durch das Gestrüpp schlagen, bis wir auf Wildschweintrampelpfade stoßen. Richtig: Das sind die Tiere, denen wir eigentlich besser nicht begegnen sollten. Wir sollen bislang vom Menschen noch vollkommen unerforschte Gebiete erschließen, um weitere Māmakibäume zu finden.
Wir finden dann auch dank der Machete tatsächlich halbwegs begehbare Pfade und sogar Māmakibäume. Bekki findet die Arbeit zum Kotzen. Ich hingegen fühle mich wie Indiana Jones: Yeah. Ein Mann, eine Machete. – Eine Frau, ein Eimer. Uh, yeah.
Der Eimer ist irgendwann voll und der Urwald um ein paar Äste ärmer, als wir uns wieder einmal ans Einteilen der Blätter in A- und B-Qualität machen. Dann ist schon wieder Feierabend: Kaffee trinken.
Abends taucht plötzlich Thomas wieder auf, den wir seit dem Tag, als er uns mit Trent am Matsuyama Store abholte nicht mehr gesehen haben. Er hat die letzten Tage in Kailua-Kona verbracht und fragt uns: »Wanna go to town, tonight?«
Allez hop.
… Und der Abend wird heiß:
So um neun trampen Bekki und ich runter in Richtung Ali’i Drive. Viel mehr als den Ali’i Drive hat das überschaubare Kailua-Kona nicht zu bieten. Wir beschließen, zunächst in der äußerst stylishen Kavabar Kanaka Kava das namensgebende traditionelle Getränk Hawaiis zu trinken, bevor wir uns mit Thomas treffen. Zur Erklärung:
Kava ist eine hawaiianischen Pflanze, aus deren Wurzel man ein Konzentrat gewinnt, »that relaxes you« (O-Ton vom »Kava-Man« Zach). Das Zeug schmeckt, da es sehr bitter ist, nicht all zu gut. Bekki hat den Geschmack zudem noch am nächsten Tag im Mund. Der Saft betäubt leicht die Oberlippe und die Zunge durchaus stärker. Dafür hat er tatsächlich eine relaxende Wirkung, was sehr angenehm und lustig ist:
Am Nachbartisch sitzt ein Japaner, der schon einige halbierte Kokosnussschalen voll Kava hinter sich hat und daher äußerst entspannt ist und sich laaangsaaam und ruuuuhig seine Uuuuuummmweeeeeelt gaaaaanz geeeenau anschaaauuut … ein höchst amüsanter Anblick.

<center>Die Herstellung von Kavasaft (Kava Juice)</center>
Man nehme eine Socke voll Kavawurzeln, tunke sie in Wasser und presse, bis das Wasser dreckig aussieht. Fertig ist der Kava Juice!

Wir trinken noch eine Kava Colada, die neben Kava Juice noch eisgekühltes Kokosnussmark enthält und schon besser, wenn nicht sogar gut schmeckt.
Von Zach erfahren wir, dass Deutschland und England die einzigen Staaten auf der Welt sind, in denen Kava verboten ist, da es Fälle von Leberversagen gab.
Nach dem Kavagenuss spazieren wir zu Thomas in die … Karaoke-Bar. Und – ach du Scheiße – ist das eine strange Bar! Es gibt keine Bühne oder Vergleichbares für den Sänger. Es gibt allerdings auch keinen Sänger, der sich ein Lied wünscht und dies dann allen vorträllert. Nein: Das Mikro wird einfach durch die komplette Bar gereicht. Wenn einer singt, bekommt man davon aber meistens nicht so viel mit, da die gesamte Bar mitgrölt. Haha!
Thomas gibt mir ein Bier nach dem anderen aus, sodass mein Kava-Feeling ziemlich schnell dahin ist.
Die Kundschaft dieses Etablissements besteht aus schwerst übergewichtigen Amis, die allesamt 35 Jahre und älter sind, ein paar Japanern, dem Klischee-Honeymoonpärchen, welches sich aus zwei dicken Hawaiihemdenträgern zusammensetzt und eine Hula tanzende Hawaiianerin, die sich von der überragend großen Fraktion der Notgeilen befummeln lässt.
Die Bar ist klasse. Und mittendrin sitzt Thomas mit seiner dicken Wampe, auf der sein deutscher Nachname tatöwiert ist: »Hey, Dennis and Rebekka! Look at this! I am a German, too!«
Er heißt Fuchs.
Thomas zeigt uns seine Lieblingsstammkundenkollegin: »Isn’t she beautiful? She is so beautiful!«
… Es ist die Frau mit drei Hintern in der Hose … der vermutlich dickste Hintern, den wir je in einer Jeans gesehen haben. Unglaublich. Thomas steht allerdings tatsächlich auf – Entschuldigung, es wird politisch unkorrekt – richtig fette Frauen. Bei dieser Beauty ist nicht nur der Hintern fett …
Man kann auf Hawaii übrigens XXXL-Klamotten kaufen! Kein Witz!
Wobei Beauty No. 1 wohl auch mit dreimal X Probleme haben dürfte. Große Probleme.
Mit uns am Tisch sitzt auch Mr. Strumpf, der natürlich – der Name lässt es vermuten – auch deutsche Vorfahren hat: Ein widerlicher Kerl, der aussieht wie einer von den Mystery Men. Mr. Strumpf trägt Stiefel, in die er die Beine seiner grauen Sporthose gestopft hat, ein orangenes T-Shirt und darüber einen Blaumannmantel. Außerdem pisst er sein eigenes Auto an und wartet sehnsüchtig auf seine Katalogphilippinin … 
Außerdem sitzt Christoph bei uns, der uns voller Enthusiasmus, Überzeugung und Erregung erklärt, wie Courtney Love Kurt Cobain erschossen hat.
In Sam’s Hideaway wird beim Tanzen also gefummelt, jeder singt bei der Karaoke lauthals mit und um Mitternacht brummt plötzlich die wohl coolste Motorradgang aller Zeiten mit ihren dicken Maschinen vorbei an: The Midnight Riders!
Die Biker sind allesamt über 50, tragen langes, graues Haar, die übliche Lederkluft … und sind – wie könnte es in dieser Bar auch anders sein – schwerst notgeil.
Irgendwann endet dann auch dieser Abend …

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