Tag 13: Mit Passion bei der Arbeit

Kaffee, Kiffer, Killerkatzen

Montag, 23. August 2004
Kona, Hawaii

Heute wird gerackert und geackert. Zuerst wird wieder Māmaki gepflückt, zwischen A und B unterschieden und zum Trocknen ins Greenhouse gelegt. Daraufhin wollen wir eigentlich nur Lolo die Machete zurückbringen, doch Lolo hat Interessanteres mit uns vor: Er zeigt uns, wo Passionsfrüchte wachsen und verlangt von mir, dass ich den Baum hochklettern und ihm die Früchte in die Arme werfen soll. Ich habe aber keinen Plan, wie ich auf den Baum kommen soll, da die ersten Äste erst in circa zweieinhalb Metern Höhe aus dem Stamm wachsen. Lolo kniet sich daher einfach vor den Stamm und sagt, ich müsse mich auf ihn draufstellen, von seinem Rücken aus hochspringen, mich am Ast festhalten und dann einfach daran hochziehen. Also hechte ich vom Rücken des 60-jährigen Salvadorianers, dessen Mama eine Heilige ist, auf den Passionsfruchtbaum. Lolo überlebt diese Aktion unbeschadet.
Nachdem ich dann knapp 20 Passionsfrüchte nach unten geworfen und den Baum artistisch wieder verlassen habe, wollen Bekki und ich wissen, wo wir die Früchte nun hinbringen sollten.
»Eat it! Eat it!«
Ach so! Das war für uns! Wunderbar, jetzt wissen wir also, dass wir uns neben Avokados auch Passionsfrüchte direkt von den Bäumen holen können. Was will man mehr – Mama?
Als nächstes zeigt uns Lolo noch, wie man so eine Passion Fruit richtig isst: Man kaut nicht darauf herum, sondern zutzelt die glibberigen Kerne aus dem Inneren der Schale heraus und schluckt den Spaß ungekaut runter. Der Geschmack der Frucht ähnelt dem der Honigmelone. Lecker!
Einen Avokadobaum gibt es außerdem auch noch auf der Farm. Ja, Wahnsinn.
Nach dem Sportunterricht werden wir für James kreativ: Die Holzhütte, die wir vor ein paar Tagen grün gestrichen haben, soll auf einer Seite mit Kaffeesäcken behangen werden. Allerdings will James nicht nur einfach ein paar Säcke dranhängen. Nein, der Herr wünscht es sich »more like Picasso«. Dem Sport- folgt also der Kunstunterricht mit der Frage: Wie würde Picasso Kaffeesäcke an ein grünes Haus hängen?
Voller Stolz können wir behaupten, dass unsere Idee Picasso in den Schatten stellen wird. James ist auf alle Fälle schon schwer begeistert: »It is much better than I have ever imagined! I am impressed!«
Tja, und folgendermaßen werden wir das Haus bestücken, nachdem wir die Säcke zurechtgeschnitten und auf dem Boden in Form gelegt haben:
Oben links und rechts wird jeweils »Mountain Thunder« stehen. Dazwischen erklären wir anhand der Bilder, die bereits auf die verschiedenen Kaffeesäcke gedruckt wurden, die Evolution des Kaffees von der Pflanze bis in die Tasse. Darunter bilden wir mit den Kaffeesackbildern die Big Island geografisch korrekt nach.
Auf diese Art und Weise »arbeiten« wir also erstmals sagenhafte acht Stunden an einem Tag, haben viel Spaß dabei und genießen außerdem währenddessen noch durchgehenden Sonnenschein. Es ist seit unserer Ankunft der erste Tag hier oben, an dem es nur fünf Minuten ganz leicht nieselt.
Abends lernen wir einen »neuen« Arbeiter kennen. Sein Name ist Israel und er glaubt an Gottes Gesetze, nicht aber an menschliche. Genau deshalb war der Mann mit den langen weißen Haaren und dem ebenso langen weißen Vollbart die letzten zehn Tage auch nicht auf der Farm, sondern wegen wiederholten Fahrens ohne Führerschein im Knast. Führerschein und Pass sind nämlich Verträge mit Menschen. Israel macht aber nur Verträge mit Gott. Ach du heilige Scheiße …

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