Tag 24: Schräge Sekten und schräge Weltmeisterschaften

Kaffee, Kiffer, Killerkatzen

Freitag, 3. September 2004
Kona, Hawaii

Es ist Freitagmorgens. Bekki und ich wollen uns unbemerkt von der Farm schleichen, aber wie das Schicksal so spielt, muss der Big Boss ausgerechnet heute genau vor unserem Trailer Unkraut jäten, was er sonst natürlich nie macht.
Bekki und ich müssen also im Trailer verharren, bis Trent endlich seine »Back to the Roots«-Arbeit beendet. Als wir uns dann aufmachen wollen, steht plötzlich James vor uns, was einen klitzekleinen Nachteil und einen viel größeren Vorteil mit sich bringt: Ich soll mit einem Hochdruckreiniger eine Wand säubern (= »Nachteil«), wofür James uns dann runter in die Stadt fährt (= Vorteil!).
Und wie immer, wenn man sich mit James unterhält, ist es sehr interessant. Oder wie James sagen würde: »Oooh, that’s really veeeeery interesting!«
Denn auf unserer – leider viel zu kurzen – gemeinsamen Fahrt erfahren wir folgendes über unsere Fundamentalistenfreunde Israel & Mark:
Beide, sowohl Israel als auch Dummbatz Mark, waren bereits verheiratet und haben Kinder. Marks Sohn Brandon haben wir sogar schon kennengelernt, da er zu Beginn unseres Aufenthalts Daddy hier besucht hatte. Sowohl Israels als auch Marks Ehe wurde jedoch mittlerweile geschieden und – und ab jetzt wird’s interessant – sämtliches Eigentum inklusive der Kinder und des Vermögens haben sie großzügigerweise ihren Frauen überlassen.
»Hä? Wieso denn das?«
Well, that’s pretty interesting: Die beiden gehören einer Art Sekte an, die menschliche Gesetze und Verträge ablehnt, worunter auch Geld, Kreditkarten, Pässe und Führerscheine fallen. Aus diesem Grund fährt Israel ohne Führerschein Auto, arbeiten die beiden ohne Lohn und besitzen von daher auch nichts Materielles auf dieser Welt. Für Trent ist das natürlich absolut genial, da er somit eine Menge Kohle spart. Das einzige, was er den beiden Helden bezahlt, ist Essen. Aber es kommt noch besser: Israel – der übrigens in Wirklichkeit Richard heißt – war, bevor er geschieden wurde und alles verschenkt hat, stolzer Besitzer einer eigenen Farm und sogar Geschäftspartner von – na, von wem wohl? – von Trent! Tja, und heute wohnt er in einem zehn Quadratmeter großen Palast als kleiner Arbeiter auf der Farm seines Ex-Geschäftspartners.
Den Grund für die Scheidungen glaubt James auch zu wissen: Die beiden kiffen – aus Glaubensgründen wohlgemerkt – wie die Ochsen … und das schon seit Jahrzehnten. Israel war früher sogar Teil der … und jetzt solltest Du, werter Leser, Dich besser hinsetzen. Jetzt kommt der Brüller des Jahres! Israel war früher … Setz Dich, setz Dich! Israel war Teil der … jetzt kommt’s … Israel war tatsächlich Mitglied in der … Meine Güte! Es ist zu hart! Ich versuche es noch einmal. Also: Israel, Kiffer aus Glaubensgründen, war ein Mitglied der sogenannten – und sie wird wirklich so genannt:
Church of the Hoy Smoke.
Wir beruhigen uns und kehren zurück zum eigentlichen Thema:
Mark ist ein wirklich dämlicher Zeitgenosse. Sorry, falls ich mich wiederholen sollte. Selbst zum Mitlaufen ist er zu dumm. Zumindest hat er sich schon mehrmals seinen Führerschein, den er ja eigentlich gar nicht hat, abnehmen lassen. Na, wie geht denn so was?
Der Guru der mit zehn Mitgliedern florierenden Sekte Marks und Israels, hat ebenfalls eine Zeit lang bei Mountain Thunder gearbeitet, ist jedoch gefeuert worden, da er – als Guru – es nicht eingesehen hatte zu arbeiten. Dumm gelaufen.
Jaja, soviel also über unsere bärtigen Brüder hier. Der Richie und der Mark … verrückte Jungs. Church of the Holy Smoke …
Bekki und ich wollen auf jeden Fall noch an den Strand, bevor ich zum Tauchen abgeholt werde. Aber: Unser Strand ist heute voller Kanus! Der Grund dafür sind die an diesem Wochenende (unangekündigten?) Kanu-Weltmeisterschaften mit so verrückten Teilnehmerländern wie z. B. den … äh … USA – oder aber auch den … äh … USA!? Weltmeisterschaften? Weltmeisterschaften.
Damit ist unser Strandfreitag kein Strandfreitag. Ich werde später wieder zum Tauchen abgeholt und Bekki bezahlt, wie letzte Woche auch schon, mit meiner VISA-Card unser Hostel fälscht dabei meine Unterschrift.
Meine Tauchgänge sind – speziell der Nachttauchgang, wenn auch diesmal ohne Mantas – wieder sehr schön. Danach gibt’s noch ein frisches Kava und ein veganes Stück Kuchen, welches sehr, sehr lecker ist, und dann ab ins Bett.

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