Tag 3: Auf dem Weg zum Hualālai Mountain

Kaffee, Kiffer, Killerkatzen

Freitag, 13. August 2004
Auf dem Weg nach Kona

Ausgeschlafen. Zu dritt – wir haben uns das Zimmer mit einem Gekko geteilt – starten wir topfit in den neuen Tag: Freitag, der 13.
Zum Frühstück gibt es Mango, Banane, Pfirsich und chemischen Fruchtsaft für den Veganer sowie Pfannkuchen und Ei für die Nichtveganerin. »Monkey Bread« gibt’s auch. Ich bin mir nicht so sicher, wie vegan das Zeug ist, wohingegen Rebekka sich nicht so sicher ist, wie essbar es ist. Sieht schon strange aus: wie ein Affenarm mit Zimt drauf … Außerdem sind wir nach Wetzel’s Pretzels etwas skeptisch gegenüber US-Food.
Unsere B&B-Gastgeber Diane und Tom sind sehr freundlich und – vor allem Tom – sehr klischee-amerikanisch:
»Mexico! It’s a different culture! I would never go to Mexico!«
»Canada! They do really have one and two Dollar coins!«
»European water is dirty. Here you can see like a ¾ mile under water!«
»You go coffee picking? Well, I will give you the number of a minister. He’s one of my friends!«
Nach dem Frühstück fährt uns Diane zur Bushaltestelle. Nach knapp zweieinhalb Stunden, inklusive einer stylishen 20-Minuten-Pause in Waimea, erreichen wir Kailua. Hawaii ist wirklich unglaublich schön! Alle 20 Minuten verändert sich die Landschaft so extrem, dass es fast unglaublich ist, dass wir auf einer einzigen Insel sind: Urwald, Hochebenen, Weideflächen, extrem coole Dörfer, erloschene Vulkane, unglaubliche Pflanzen etc. pp.
Beim Bus-Stop Matsuyama Store in Kalaoa bei Kailua endet schließlich unsere Odyssee.
Die Hawaiianer sind wirklich alle extrem freundlich, offen und neugierig, sodass wir einige Unterhaltungen während der Fahrt und auch am Matsuyama Store haben. Äußerst sympathisch, diese riesige Insel, die knapp dreimal so groß wie Mallorca ist.
Nachdem wir eine knappe ¾ Stunde an der Bushaltestelle gewartet haben, holen uns Trent, der Chef der Farm, und Thomas, einer seiner Arbeiter, ab. Die Wartezeit vergeht aber recht fix, da uns über die komplette Dauer hinweg ein Vietnam-Veteran zutextet:
»Germany! Oh yeah! I have been to Germany … bla bla bla … huge harbor, oh yeah, with a huge ship! I never saw a ship like that! Hamburg! … Huge ship, huge harbor! … I was so drunk! … beer … beer … beer!« Außerdem werden wir ganze vier Mal von vorbeifahrenden Autos gefragt, ob wir mitgenommen werden wollen: »Do you need a ride?«
Es gibt offenbar eine ausgeprägte Tramperkultur auf der Big Island. Fett!
Trent und Thomas, ein langhaariger, gemütlich und auf Anhieb sympathisch wirkender Typ mit dicker Wampe, fahren uns den Hualālai Mountain bis auf 3000 Fuß hinauf zur Mountain Thunder Coffee Farm – unserem neuen Zuhause für die nächsten vier Wochen. Wir sammeln erste Eindrücke:
Die Farm hat drei Zugänge. Der Erste führt zu einer grünen Halle mit einem netten Pavillon davor. Hier werden Kaffeefarmtouristen mit dem Angebauten verköstigt. Durch die nächste Pforte gelangt man zur Villa der Großgrundbesitzerfamilie. Der Weg hinter dem dritten Eingang fällt direkt steil ab. Links steht lediglich ein grüner Bauwagen, wohingegen sich auf der dem Meer zugewandten rechten Seite das Treibhaus und die Maschinen befinden. Wir beteten das hölzerne Gebäude und stellen fest, dass hier sicherlich kein preisgekrönter Architekt am Werk war: Das Treibhaus steht auf Stelzen. Den Raum darunter hat man – mit offesnsichtlich in nicht all zu großer Menge zur Verfügung stehenden Materialien – mehr provisorisch als professionell selbst ausgebaut. Wir werden an allerhand Werkzeug und Gerümpel vorbeigeführt, wobei wir aufpassen müssen, im wahrsten Sinne des Wortes, nicht neben den Boden zu treten und noch eine Etage tiefer im Dreck zu landen. Als wir auf der anderen Seite das »Gebäude« wieder verlassen, offenbart sich uns eine grüne Freifläche, die einige hundert Meter den Hang hinunterreicht, bevor einem der Wald wieder den Blick auf die Küste versperrt. Auf dem Hang befinden sich ein junges Kaffeepflanzenfeld, einige Schafe, die dazugehörige Wiese und ein Boot, an dem gerade ein weißbärtiger Mann mit ebenso weißem langen Haupthaar herumschraubt. Sein Name ist Mark und wie sich schnell herausstellt, ist er der Prototyp des christilichen Hippie-Fundamentalisten. In seiner Gegenwart darf man nicht fluchen! Nachdem ich einmal »fucking« sage, stöhnt er gequält: »Please, stop talking like that.«
Außerdem sind wir alle »children of the Lord«. Mark geht auch gerne fischen, denn Fische enthalten schließlich »the proteines of our Lord«. Ansonsten ist er aber ganz lustig, da er sich auch christlich die Kante gibt – und das ordentlich!
Trent ist der Schablonenfirmenbesitzer; ein Kapitalist, wie er im Buche steht. Er ist nur etwas alternativer, wie ich denke. Ansonsten entspricht er dem Klischee: »Dieser Sack Bohnen ist 200 Dollar wert!«
Trents Sohn, den wir noch nicht kennengelernt haben, heißt übrigens tatsächlich – achtung, es wird lustig – Brent. Haha, klasse!
Unser Zimmer befindet sich direkt hinter der Holzveranda, im Nordflügel des L-förmigen Provisoriums, und ist gerade groß genug für eine große Matratze, ein kleines Tischchen und die Tür. Alles in allem misst unser Domizil etwa sechs Quadratmeter. Die Wände sind aus Sperrholz zusammengezimmert und direkt über uns trocknen im Treibhaus Kaffeebohnen und Macadamianüsse. Unser Fenster führt zur Veranda. Mark bewohnt das Nachbarzimmer. Sowohl seine Klimaanlage als auch der Fernseher auf der Veranda dröhnen. Thomas versucht gerade einen lautstark krachenden Actionfilm zu schauen. Allerdings höre ich den besoffenen Mark wesentlich besser als all die Bombenexplosionen und Hilfeschreie aus Hollywood: »Always be good! Never do bad! At the end of your life … bla bla bla … reborn … bla bla bla …«
Bei diesem Zitat handelt es sich übrigens um eine Live-Mitschrift. Hat er gerade eben genauso gesagt. Authentizität wird groß geschrieben!
So lässt sich also abschließend sagen: Nach 69 Stunden sind wir tatsächlich auf unserer Farm gelandet. Ein Wort über Arbeiten hat hier noch keiner verloren. Wir haben die verschiedensten Charaktere hier, was ich ohne rot zu werden bereits jetzt behaupten kann, obwohl wir erst drei Leute kennengelernt haben. Uns erwarten vier lustige Wochen auf dem Hualālai Mountain im Distrikt Kona auf der Big Island Hawaiis.

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