Tag 45: Day off – Aloha Friday
Kaffee, Kiffer, Killerkatzen
Freitag, 24. September 2004
Pahoa, Hawaii
Dem Amerikaner fällt es offenbar ziemlich schwer, sich über längere Zeit – also über mehr als zwei bis drei Sätze – verbal mit anderen Menschen zu unterhalten. Entweder versuchen sie dich, sobald es ihnen zu viel wird, zu ignorieren – meistens indem sie dich einfach stehen lassen und das Weite suchen – oder man kann ihnen die unmenschliche Anstrengung ansehen: hervortretende Adern im Gesicht, sich schneller als zuvor bildende Schweißperlen, rötliche Gesichtsfarbe: Stress pur!
Man merkt, dass Amerikaner nicht so viel für ihren Führerschein tun müssen wie Deutsche. Dass Amis auf ihren Highways maximal 55 mph (ca. 90km/h) fahren dürfen, liegt wohl zum einen daran, dass Highway-Ausfahrten keine Brücken, Unterführungen oder andere uns in Deutschland bekannte, ausgefeilte Abfahrtssysteme vorweisen können: Man überquert tatsächlich die anderen, in die Gegenrichtung führenden Fahrbahnen, um den Highway zu verlassen! Zum anderen ist die Drosselung sicherlich damit zu erklären, dass hier jeder Autofahrer so sehr mit sich selbst beschäftigt ist, dass es unmöglich scheint, auf Andere achten zu können. Trotz relativ langsamen Tempos und nur zwei Pedalen sind Amerikaner die eindeutig schlechteren Autofahrer als Europäer. Der Beweis hierfür ist die eindeutig höhere Unfallzahl.
Was die Amerikaner frei nennen, ist bei uns schon so was von unfrei, dass es schon fast strafbar ist. So betrachtet, sind sie ja dann doch wieder freier als wir … Hm!?
- Beispiel 1:
Möchte man ein Paket ins Ausland verschicken, muss man auf das Paket den genauen Inhalt inkl. Einzel- und Gesamtwert in Dollar schreiben. Bitte!? - Beispiel 2:
Zoll. Wenn ich da an unsere Einreise denke. Meine Fresse. - Beispiel 3:
Man darf in der Ă–ffentlichkeit keinen Alkohol trinken. AuĂźerdem ist Alk unbezahlbar. - Beispiel 4:
Ăśberall ist Polizei, Polizei, Polizei, Polizei. - Beispiel 5:
Trotz nicht vorhandener Sperrstunde, schließen alle Restaurants spätestens um 21 Uhr. Bars schließen um 23 Uhr. - Beispiel 6:
Auf dem Campus der Uni Hilo rennen uniformierte Securitys herum. - Beispiel 7:
Jedes Grundstück ist mit »Keep Off«-, »Private Property«- oder »No Trespassing«-Schildern umzäunt. - Beispiel 8:
Ihr »Präsident« …
Die Liste lieĂźe sich problemlos weiterfĂĽhren.
Was sollen wir dazu noch sagen? Hier gibt es einfach keine Esskultur! Den Ami wollen wir mal sehen, der sich als Gourmet bezeichnet. Fast Food, Fast Food, Fast Food. Zudem werden in unserem Hostel täglich (!) Pancakes gemacht. Täglich!
Was man relativ vielen Amerikanern jedoch hoch anrechnen muss, ist ihr stark ausgeprägtes Bedürfnis nach biologisch angebautem Essen und der anscheinend sehr hohen Zahl an Vegetariern und Veganern.
So scheint es zwei Extreme zu geben: die Fast-Food-Junkies und die Healthy-Food-Yankees, wobei die »FFJler« eindeutig die Mehrheit ausmachen.
So fette Kinder wie hier haben wir noch nie gesehen. Gestern in der Prince Kuhio Plaza haben wir einen maximal fĂĽnf Jahre alten Jungen gesehen, der von seiner Mutter auf einen Stuhl gehoben werden musste, weil er sich selbst von alleine nicht hoch hieven konnte! Ist das krank, oder was?
Die Erwachsenen hier sind aber nicht viel besser. Den fettesten Arsch haben wir in Kailua in der Karaoke Bar Sam’s Hideaway entdeckt, die fettesten Beine vor dem 7-Eleven in Pahoa und die dickste Wampe erst heute im Schwimmbad von Pahoa.
Fragt mal Bekki, was sie am Kehena Black Sand Beach gesehen hat … oder eben nicht gesehen hat. Außerdem fahren auffällig viele Monster Trucks über die Insel.
In der Nacht werden wir plötzlich von einem – wie Rebekka vermutet – heulenden Gespenst beziehungsweise einem – meiner Vermutung nach – jaulenden Tier geweckt. Wie sich jedoch nach kurzem, sich gegenseitig »Was ist das denn?«-Fragen herausstellt, sind wir lediglich akustische Zeugen von purem, animalischem, zweieinhalbstündigem, amerikanischem Sex. Unser Zeltnachbar, den wir noch nie zu Gesicht bekommen haben, hat eine ziemlich krank klingende Schnitte aufgerissen. Nach einiger Zeit – und das ist kein Witz – antworten sogar die Hunde im Umkreis der wild kreischenden Dame … und wir können vor Staunen, Lachen und Lärm nicht mehr einschlafen. Selbst die ansonsten immer nonstop zwitscherquakenden Coquà Frösche scheinen irritiert zu sein und lauschen schweigend den Kopulierenden im Nachbarzelt und den Hunden Osthawaiis.
Jeremiah, Torey und die anderen Hausbewohner können trotz ihrer 50 Meter Entfernung zum Tatort und trotz geschlossener Fenster offensichtlich auch nicht mehr schlafen: »Shut the fuck up!«, bellt es vom Hostel amüsant doppeldeutig über die Zeltwiese …