Tag 64: Zum Waikiki Beach

Kaffee, Kiffer, Killerkatzen

Mittwoch, 13. Oktober 2004
Hilo, Hawaii – Honolulu, O’ahu

Um sechs Uhr klingelt der Wecker.
Um 6:02 Uhr klopfen dicke Regentropfen auf die Zeltplane.
Um 6:03 Uhr wissen wir, dass dieser Tag ja mal total beschissen anfängt.
Luft aus der Luftmatratze lassen, Schlafsäcke zusammenrollen und raus mit den Koffern. So einen starken Regen am Morgen hatten wir in den gesamten letzten zwei Monaten nicht. Das gute Zelt müssen wir aus Platzmangel leider zurücklassen.
Um 6:45 Uhr kommt unser Taxi. Kurz darauf befinden wir uns am Hilo International Airport. Und von nun an soll der Tag erst so richtig scheiße werden …
Zwei unserer Koffer haben Übergepäck. Hä? Wie? Kann gar nicht sein. Leider doch, denn Aloha Airlines hat andere Gepäckregeln und niedrigere Gewichtshöchstwerte als Delta Airlines. Aus diesem Grunde haben zwei unserer Koffer – die wir beim Hinflug übrigens noch problemlos bei Aloha unterbringen konnten – Übergewicht.
»That’s another 50 Dollars, please.«
Ja, leck mich! Wieso denn das?
»Inlandsflug«, lautet die Erklärung. Für Inlandsflüge gelten andere Gepäckbestimmungen, was bedeutet, dass wir weniger Gepäck als für internationale Flüge mitnehmen dürfen. Als ich der Dame erkläre, dass Honolulu nichts weiter als ein Zwischenstopp auf unserem internationalen Weg nach Hause sei und wir laut Delta bis zu 32 Kilogramm pro Koffer mitschleppen dürfen … hört diese erst gar nicht zu, sondern fragt nur »ganz höflich«, wer denn so schön unsere Koffer bemalt habe.
Dann klebt sie auf Bekkis Koffer – natürlich auf die Seite auf der Jeremiah ihn bemalt hat – und auf meine Tauchtasche dicke Übergewichtsaufkleber und lässt uns dumm herumstehen. Als nächstes wird jeder einzelne unserer Koffer noch einmal vom Zoll geöffnet. Die sind dabei aber wenigstens freundlich. Ebenfalls freundlich sind die Menschen bei der Personenkontrolle: Als ich bereits mein Handgepäck zur Durchleuchtung auf das Förderband befördert habe und durch den Metalldetektor gewandert bin, frage ich die Uniformierte, ob ich noch einmal zurück darf, um Bekki mit ihrem Handgepäck zu helfen. Wir haben recht viel Handgepäck … Die Dame nickt mir zu und ich eile meinem Schatz zur Hilfe. Als ich nach getätigter Hilfe wieder durch den Detektor zurückkomme, stoppt die Zöllnerin mich plötzlich, schaut mir tief in die Augen und sagt: »This is what I call real love!«
Ach, wie Recht sie doch hat …
Trotz der Tatsache, dass eine Hawaiianerin unseren Sinn für Aloha erkannt hat, sind wir beiden dennoch ziemlich genervt. Regen, teures Taxi, noch teurerer Check-In und (teilweise) unfreundliches Flughafenpersonal. Reisetage sind scheiße.
Um kurz vor halb neun heben wir ab.
Aloha Big Island! Mahalo für eine großartige Zeit!
42 Minuten später landen wir auf O’ahu.
Unser Gepäck bekommen wir sehr flott. Allerdings wollen wir noch einmal mit jemandem von Aloha Airlines reden, da wir es nach wie vor nicht einsehen, 50 Dollar für Übergepäck zu zahlen, was wir knappe zwei Monate zuvor noch nicht tun mussten. Im August wurde die Strecke von Honolulu nach Hilo offenbar als Teil unseres internationalen Trips mit Delta angesehen. Wieso soll es nun also andere Regeln für den Rückflug geben? Die Dame hinter dem Schalter will jedoch lieber ihren Burger verdrücken als mir zuzuhören und argumentiert lediglich mit dem Mörder-Satz: »Your flight is not international as soon as you can touch your bags on American soil.«
Bitte, was?
»Your flight is not international as soon as you can touch your bags on American soil.«
Das ergibt doch überhaupt keinen Sinn! Soll ich etwa die Hälfte meines Gepäcks wegwerfen, sobald ich nicht mehr aus dem Ausland in die USA einreise?
»Your flight is not international as soon as you can touch your bags on American soil.«
Und wieso kann ich dann solch einen Flug buchen, ohne die Auskunft zu erhalten, dass ich für die Pupsstrecke von der Big Island nach O’ahu nur knapp halb so viel Gepäck mitnehmen darf?
»Your flight is not international as soon as you can touch your bags on American soil.«
Danke.
Jetzt muss nur noch der Übergewichtsaufkleber von unseren Koffern und dann auf zum Hotel. Als ich den scheiß Sticker von Bekkis Koffer entferne … Jawohl. Da die intelligente Frau, die in Hilo unsere schönen Koffer so bewundert hatte, den Aufkleber natürlich auf die bemalte Seite kleben musste, bleibt selbstverständlich ein Teil der Farbe am Sticker hängen. Toll. Heute klappt ja auch wirklich alles …
Als nächstes werden wir von der vermutlich unsympathischsten und unfreundlichsten Hotel-Shuttle-Busfahrerin Hawaiis zu unserem Hotel gebracht: »Where do you wanna go, huh?«
»Uhm, one moment, please …«
»Aarrgh! Get in the bus! In the bus! Bus! Aaaarrgh!«
Erinnert irgendwie an South Park …
Unser Hotel, das Ohana Maile Sky Court Hotel, ist 44 Stockwerke hoch. Als wir vor einigen Wochen in der Uni Hilo im Internet nach einem Hostel in Honolulu suchten, entdeckten wir dieses Hotel. Inklusive kleiner Küchennische ist eine Woche im Ohana Maile Sky Court Hotel nur unwesentlich teurer, als die gleiche Zeit in einem Hostel am Waikiki Beach. Zudem ist unser Hotel lediglich drei Blöcke vom Waikiki Beach entfernt.
An der Anmeldung staunt der Rezeptionist nicht schlecht, als er sieht, welchen Preis wir für unser Zimmer bezahlt haben: »Wow! Where did you get this offer?«
»Internet.«
»Incredible! Congratulations!«
Wir erfahren, dass in unserem Hotel ein Zimmer pro Nacht eigentlich 150 Dollar kostet. Muahahaha! Wir bezahlen, dank eines absoluten Internetschnäppchens, noch nicht einmal 45 % des Preises! Und das auch noch geteilt durch zwei! Hawaii-Urlaub kann ja so billig sein …
So haben wir nun also ein incredibly preiswertes Zimmer, das mitten in Honolulu, knappe zehn Minuten vom vermutlich berühmtesten Strand der Welt entfernt, im 29. Stockwerk einen unfassbar phänomenalen Panoramaausblick bietet: Schaut man aus dem einen Riesenfenster, sieht man die unglaublich malerischen Ko’olau Mountains. Das sind wunderschöne, grüne Berge mit kantigen und steilen Schluchten, die aus einem Märchenbuch entsprungen scheinen. Sieht man aus der anderen Scheibenfront, sieht man neben dem Waikiki Beach den Diamond Head, einen total stylish neben dem Beach gelegenen, erloschenen Vulkankrater, der direkt am Meer liegt und einfach nur genial aussieht.
Der Ausblick macht neugierig auf mehr, weswegen Bekki und ich uns direkt Honolulu auf Straßenebene anschauen müssen.
Honolulu hat knapp 800.000 Einwohner. Im Sommer kommen zusätzlich noch mindestens genauso viele Touristen hinzu. Von daher kann man schon fast von zwei Städten reden: der Touristenstadt Waikiki und Downtown.
Wir schauen uns heute Waikiki an und müssen sagen: Noch nie haben wir so eine pompöse, luxuriöse und ästhetische Touristenstadt wie Waikiki/Honolulu gesehen! Zwar ist Waikiki eindeutig eher für den wohlhabenden Touri konzipiert, dennoch überzeugt dieser Stadtteil das Auge mit unglaublich feinsinnig und stilvoll eingerichteten Shoppingzentren. Der wunderbar architektonisch mit der Natur verbundene International Market Place, der sogar eine gewisse Festivalatmosphäre bietet, versprüht eine Menge Charme und ist preislich zum Glück auch etwas für den weniger gut betuchten Besucher. Ebendieser International Market Place hat es uns auch direkt angetan: Mehrere Bäume machen aus dem Markt einen schattigen, fast schon versteckt wirkenden Ort mit dutzenden von kleinen Läden und Ständen. Alles ist aus Holz und wirkt wie eine kleine Stadt in den Bäumen. Geht man die kleinen Gässchen entlang, kommt man irgendwann im Food Court an. Hier befinden sich mehrere kleine internationale Imbisse: chinesisch, mexikanisch, japanisch, griechisch, noch mehr chinesisch, ein French Café und so weiter. Die Büdchen sind rund um eine kleine Bühne postiert, auf der dreimal die Woche Hula getanzt und live hawaiianische Musik gespielt wird.
Der Rest von Waikiki ist wie gesagt einfach nur extrem edel, aber auch äußerst stylish: Chanel, Hilton, Hyatt, Sheraton, Dior, Gucci. Die DFS-Galleria beispielsweise ist wie ein altes prunkvolles Schiff aufgemacht. Mitten im Haus steht man plötzlich vor einer etwa 15 Meter hohen Wand, die wie ein altes Kreuzfahrtschiff aussieht. Sieht großartig aus! Ethisch absolut unkorrekt aber leider toll anzusehen ist ein Teil der Außenwand des Gebäudes: In einem riesigen Aquarium schwimmen drei Stachelrochen, zwei Schwarzspitzenriffhaie und unzählig viele kleine Fische um ein Riff herum! Noch krasser ist die Tatsache, dass man in einer Röhre durch das Aquarium hindurchlaufen kann. Mamma mia!
Die Baumeister haben in Waikiki wirklich volle Arbeit geleistet. Entweder in oder vor jedem größeren Haus – egal ob Shopping Center oder Hotel – gibt es riesige Brunnen, wunderschöne Palmenalleen ziehen sich durch den Bezirk und die Straßen und Fassaden sind unglaublich sauber. Man könnte es schon als steril bezeichnen. Der Autoverkehr ist allerdings immens. Ansonsten ist Waikiki ein wohl perfekter Ort zum Urlaub machen … für so ziemlich jeden Geldbeutel würde ich sogar sagen.
Auch einen Health Food haben wir bereits gefunden. Der Health Food gehört einer japanischen Familie und wirkt wie ein Tante-Emma-Laden mit kleiner Essenstheke. Die Smoothies sind sehr lecker und das Essen recht preiswert. Wunderbar: Hungern müssen wir also auch nicht.
Apropos Essen: Hier gibt es ein sehr interessantes China Restaurant. Das älteste China Restaurant Waikikis – von 1929! An der Außenwand des Restaurants prangt stolz: »The World’s Most Beautiful China Restaurant!« Und … wow … das Lau Yee Chai sieht wirklich mal supergenial aus! Heute hat es geschlossen, aber da es nicht wesentlich teurer als gewöhnliche Asia Restaurants ist, werden wir uns das »schönste chinesische Restaurant der Welt« natürlich mal genauer ansehen.
Das war also unser erster Tag in Waikiki. Hier wird es – wenig überraschend – genauso früh dunkel wie auf der Big Island. Dafür hat die Stadt aber ganz offensichtlich ein Nachtleben … und bereits jetzt hell erleuchtete Weihnachtsbäume.
Es folgt unsere erste Nacht seit über vier Wochen in einem Bett! Ach, das tut gut …

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