Tage 6 & 7: Hang loose in Kailua-Kona

Kaffee, Kiffer, Killerkatzen

Montag & Dienstag, 16. & 17. August 2004
Kona, Hawaii

Nachdem wir gestern einen Chill-Out-Tag zelebriert haben, da James nichts eingefallen ist, das er uns auftragen könnte, ist heute wieder mehr Action angesagt: Zwei Stunden schwere Arbeit, in denen wir diesmal nicht nur rot, sondern auch grün gepinselt haben, sind vorbei. Also geht es wieder runter nach Kailua-Kona.
Heute ist es anstrengender vom Berg herunterzukommen als wieder auf ihn hinauf zu gelangen: »James Pesci«, unser sympathischer Vorarbeiter, der aus Ohio stammt und dessen Vater in einer Kohlenmiene arbeitete, fährt grandioserweise fast täglich nach Kailua-Kona und kann uns somit wohl auch fast täglich wieder mit nach oben nehmen. Also haben wir uns für später mit James am Burger King, Ecke Ali’i Drive/King Kamehameha’s Kona Beach Hotel verabredet.
Auf dem Weg nach unten will uns aber zunächst keiner mitnehmen. Der positive Nebeneffekt dabei ist aber – und das ist jetzt ganz besonders interessant für meine Mutter, da sie mir ja nicht glauben wollte, dass das hier tatsächlich möglich wäre –, dass wir einen Avokadobaum entdecken und uns somit Nahrung für den Weg pflücken können … einfach so am Wegesrand! Yeah, ich liebe diese Insel! Lustigerweise ist der Avokadobaumbesitzer gerade dabei, den Rasen rund um sein Anwesen zu mähen, sodass er uns sogar dazu einlädt, seine Avokados zu pflücken. Ich liebe Avokados …
Schließlich werden wir dann aber doch noch mitgenommen: zuerst von einer Floristin, die von Amsterdam träumt (»The tulips!«) und danach von einem Kaffeefarmenbesitzer, der vorher in L.A. beim Filmemachen mitgewirkt hat.
Wir beobachten eine seltsame, aber äußerst liebe und niedliche Gepflogenheit der hiesigen Autofahrer: Wenn du läufst und ein Auto kreuzt deinen Weg, winken dir die Autofahrer immer zu … Hm? Cool. Eine weitere kulturelle Angewohnheit der Autofahrer ist »hang loose«. Ein Zeichen, womit man sich anscheinend gegenseitig begrüßt: die Autofahrer wohlgemerkt! Fußgänger scheinen hiervon ausgenommen zu sein. So ganz sind wir da noch nicht hintergestiegen …

<center>Die Bedienungsanleitung für das »Hang Loose«-Zeichen</center>
Man mache eine Faust, spreize nun den Daumen und den kleinen Finger von der Faust ab und halte nun die Hand einfach in Richtung des »angesprochenen« Autofahrerkollegen. Oder aber man drücke sich bei der Ausführung des Grußes den Daumen an die Schläfe! Dies macht man glaube ich, wenn man dem anderen Wagen die Vorfahrt genommen hat oder sich ähnlich rüde und unkoordiniert einem Straßenmitnutzer gegenüber verhalten hat und sich dafür entweder entschuldigen will oder dem Gegenüber mitteilen möchte, dass er doch einfach cool bleiben soll: »Hang loose.«

In Kailua-Kona essen wir wieder bei Lu Lu’s und trinken wieder einmal ordentlich, ohne groß etwas dafür zahlen zu müssen. Mittlerweile haben wir auch auf der Karte entdeckt, dass man sich seine Getränke einmal umsonst nachfüllen lassen darf.
Bei Lu Lu’s gibt’s übrigens so eine Art Pizzaboden, der in acht Stücke geschnitten ist und mit sehr leckerem, veganem Dip und etwas Salat dazu serviert wird: Veggies & Hummus. Schmatz.
Aus irgendwelchen Gründen bekommt mir das Essen bei Lu Lu’s oder die viele Cola aber nicht all zu gut, zumindest muss ich plötzlich mal ganz dringend wo hin …
Vor dem Haus von Dr. Harada kann man sich für lockere 50 Cent seine Gallone Wasser neu auffüllen. Da unsere leer ist, machen wir das dann auch direkt. Die Ladestation funktioniert wie ein Kaffeeautomat: leeren Kanister drunterstellen, 50 Cent einwerfen und zugucken, wie 3,78 Liter in deinen Kanister strömen. So lebt man hier ökonomisch und ökologisch! Ein neuer Kanister hätte 2,50 Dollar gekostet und wir hätten Müll produziert. Wir Helden!
Nachdem wir uns ökonomisch/-logisch korrekt um unser physisches Überleben gesorgt haben, machen wir uns auf die Suche nach einem neuen, schönen Strand. Die Suche verbinden wir mit etwas Kultur und statten der ältesten Kirche Hawaiis, der Moku’aikaua Church, die 1820 gegründet, aber erst 1837 erbaut wurde, einen kurzen Besuch ab. Die Kirche wurde von den ersten US-Missionaren gegründet und besteht aus Korallenmörtel und Vulkangestein. Das Innere wurde mit dem hawaiianischen Holz »ohia« und »koa« eingerichtet. Außerdem befindet sich im Inneren der Kirche noch ein Modell der Thaddeus, dem Schiff, welches die ersten Missionare nach Hawaii brachte. Der Kirchturm gilt als ein Wahrzeichen im Kailua Village.
Wir führen unsere Erkundungstour durch Kailua fort und entdecken, dass es tatsächlich, allen deutschen Unkenrufen zum Trotz eine hawaiianische Bierbrauerei gibt! Zu schade, dass Rebekka keine Biertrinkerin ist …
Aus irgendwelchen Gründen verfliegt der Tag mal wieder und schon ist es 17:30 Uhr. Das ist die mit James verabredete Zeit, um mit auf den Berg genommen zu werden. Zum Strand haben wir es nicht mehr geschafft. Naja, das Wetter war heute sowieso nicht so prickelnd. Dafür habe ich mittlerweile Prospekte verschiedener Tauchschulen organisiert und dabei sogar eine entdeckt, die moderate Preise hat. Perfekt.
Bekki und ich haben uns jetzt sowieso mal Gedanken gemacht, was wir alles machen müssen, solange wir hier sind. Hier sind unsere, vielleicht teilweise etwas zu teuren, Ideen:

  • Da wäre zum zunächst einmal die Helikopter-Tour, die uns über Vulkane, an Wasserfällen vorbei und über den Regenwald führen wird.
  • Whale und Dolphin Watching soll auch zu dieser Jahreszeit funktionieren. Lediglich der Buckelwal ist derzeit nicht vor Ort.
  • Ich werde bis zur Sauerstoffvergiftung tauchen gehen.
  • Der Observatoriumsbesuch auf dem Mauna Kea samt grandiosem Sonnenuntergang und der Milchstraße die sich über das komplette Firmament erstreckt, sollte auch gemacht werden.
  • Captain Cook ist ein Dorf, südlich von Kailua-Kona, das von Touristen noch ziemlich frei zu sein scheint. Also, nichts wie hin da! In Captain Cook gibt es das berühmte Captain Cook Monument, welches übrigens eine äußerst amüsante Geschichte zu erzählen hat, die unbedingt erzählt werden sollte:

Den Engländern gehört tatsächlich noch ein klitzekleines Stückchen Land in Captain Cook, und zwar genau jenes klitzekleine Stückchen Land, auf dem das Captain Cook Monument steht! Da die Engländer ja bekanntlich seit der Amerikanischen Revolution auf der Westseite des Atlantiks nichts mehr zu melden haben, ihre Jungs aber einen nicht zu verachtenden Teil Amerikas überhaupt erst entdeckt und/oder erschlossen haben – wie eben Kollege Cook –, lassen es sich die Engländer nicht nehmen, jedes Jahr mit einem Schiff nach Hawaii zu cruisen, um ihren Captain Cook in einer kleinen Zeremonie … zu putzen! Köstlich, oder?
Des Weiteren gibt es in Captain Cook noch den (angeblich) weltweit schönsten Platz zum Schnorcheln. Da sind wir ja mal gespannt drauf!
Auf alle Fälle: Wir rocken die Insel!
Jetzt noch zu den Klischees des Tages:

  • Hier hat wirklich jeder diesen Kenn-ich-aus-dem-Fernsehen-Briefkasten mit dem roten Fähnchen dran.
  • Der Autohändler in Kailua-Kona hat an jedes Auto ein USA-Fähnchen gehängt.
  • Wir haben noch mehr Kirchen entdeckt: Church of the Nazarethans, Church of … Ich hab die ganzen Namen wieder vergessen. Es gibt hier aber massenhaft unterschiedliche Gemeinden.
  • Bei Lu Lu’s – und vermutlich in jedem anderen Restaurant auch – gibt es die Klischee Ketchup- und Senfflaschen, wie sie in jedem Cop-Movie zu sehen sind.
  • Fast jeder auf der Insel fährt einen Monster-Truck! Und wenn’s schon kein Monster-Truck ist, dann ist es wenigstens ein Cabrio, ein Dodge, ein Cadillac oder ein ähnliches Klischee-Auto: zu dick, zu groß, zu protzig, zu laut und irgendwie auch aus einer anderen Zeit …
  • Emily aus San Francisco, neben uns die einzige WWOOFerin auf der Mountain Thunder Coffee Farm, telefoniert bestimmt fünf Mal am Tag mit irgendwem aus irgendwo. Das Klischee der »Telefonitis« bei Amerikanern sehen Bekki und ich hiermit als bestätigt an. Apropos Telefon: An einer Telefonzelle kostet ein Anruf auf ein Festnetztelefon innerhalb der USA für unbegrenzte Zeit nur 50 Cent! Ja, krass!

Hawaii hat übrigens kein AKW: sehr lobenswert. Vielmehr bekommen die Bewohner und Touristen Hawaiis ihren Strom durch Dampf bei der Müllverbrennung und Diesel.

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