Tag 56: Goldrausch
Serendipity – Teil 2

Freitag, 4. Januar 2013
San Francisco – ??? – Livingston – Atwater – Knights Ferry – Turlock – Atwater
»Let’s go to some hot springs«, schlägt er aus heiterem Himmel vor.
»It’s 4 a.m.«, merke ich an.
»They’re open 24/7.«
Na, dann: Klar! Nichts wie hin da! Wo sind die heiĂźen Quellen?
»Oregon.«
Ähm, im Norden? Mindestens fünf Stunden weit im Norden?
»Yepp«, bestätigt Brian den nun eher schrägen Vorschlag. Ich sollte gegen neun Uhr bei meinem Gastgeber Joey in Merced eintrudeln, lasse ich ihn wissen.
»Sure. You wanna go to Yosemite?«
»Yes …?«
»Okay.«
Er wird es noch zwei weitere Male versuchen, mich von einem Schlenker nach Oregon zu überzeugen. Oder will er auf einmal gar nicht mehr zu seiner Mutter? Brians Spezialität neben lungenzerreißendem Husten, plötzlichem Verschwinden und kurz angebundenen Sätzen ist auch das spontane Ändern eines zuvor besprochenen Planes. Weiter geht’s über die Richmond–San Rafael Bridge. Damit schlagen wir nun auch endgültig die richtige Richtung ein. Es geht fortan nach Osten.
Ich schlafe kurz darauf sehr schnell ein und wache auf, als wir eine groĂźe Stadt passieren. Obwohl ich schlaftrunken bin, wundere ich mich ĂĽber den Anblick der GroĂźstadt. Ich habe mir auf Google Maps die Route angesehen und kann mich nicht daran erinnern, eine Stadt auf dem Weg ausgemacht zu haben.
»Where are we?«
»Sacramento.«
Jetzt wundere ich mich noch mehr. Wenn ich mich nicht vollkommen irre, liegt Sacramento gut und gerne 60 Meilen, also knappe 100 Kilometer nördlich von der optimalen Strecke nach Merced. Wir fahren einen riesigen Umweg. Ich schneide das Thema kurz an, möchte Brian aber nicht auf den Sack gehen und ihn als orientierungslos dastehen lassen. Schließlich macht er das alles primär für mich.
»I know the route. My mom lives there.«
Ich verstumme nach meiner kurzen Andeutung also wieder und lasse Brian nicht weiter spüren, dass ich den richtigen Weg wohl besser gefunden hätte als er.
Ich wäre Brian gerne ein besserer Beifahrer, würde ihn gerne unterhalten und bei Laune halten. Außerdem möchte ich zusätzlich noch darauf achten, dass wir am Ende nicht in Nevada landen. Der gestrige Wandertag fordert jedoch offensichtlich seinen Tribut, weswegen ich kurz hinter Sacramento wieder einschlafe.
Gegen halb sieben steuern wir eine Tankstelle an. Ich habe nicht den blassesten Schimmer, wo wir uns befinden. Am Horizont geht langsam die Sonne auf. Es dauert noch ein bisschen, meint Brian, während ich mir das Lachen verkneifen muss. Laut Google Maps fährt man etwas mehr als zwei Stunden von San Francisco nach Merced. Wir haben bereits drei Stunden hinter uns gebracht und sind dem Zielort offensichtlich noch nicht allzu nahe gekommen. Mich übermannt nach dem kurzen Stopp abermals die Müdigkeit.
Vor der nächsten Tankpause wache ich wieder auf. Halb neun – fünf Stunden. Mittlerweile ist das Ende unserer oder Brians Odyssee aber in Sicht: Wir betanken den Wagen in Livingston, einem Ort, der 25 Kilometer von Merced entfernt liegt. Hätte ich mich von Amtrak chauffieren lassen, wäre ich übrigens um neun Uhr in Merced angekommen.
Brian ruft seine Mutter an. Sie lebt in Sonora, was noch einmal gute 100 Kilometer von Merced entfernt liegt.
»Hi mom. I’m close to Merced and … Yes. Okay. Well, enjoy. Bye.«
Das klang seltsam.
»What’s up?«, frage ich Brian.
»She’s leaving for some days.«
»So you won’t visit her?«
»No.«
Er erzählt mir, dass das kein großes Problem für ihn ist. Seit dem Tod des Vaters ist das Verhältnis der beiden vollkommen abgekühlt und nahezu zum Erliegen gekommen.
»She doesn’t like me«, merkt er in seiner typisch trockenen, nahezu analytischen Weise an, während er mit den Schultern zuckt und einen seiner Mundwinkel hochzieht. Brians Übernachtungsmöglichkeit hat sich also soeben zerschlagen. Ich trete daher mit Joey in Kontakt. Dieser dürfte mittlerweile wach sein. Wir benötigen außerdem noch seine Adresse. Ich schreibe Joey von Brians spontaner Hilfeleistung, der Entscheidung, mit mir zu reisen und frage ihn, ob er auch zwei Couchsurfer bei sich aufnehmen kann oder ob wir uns etwas anderes suchen sollen. Joey reagiert vollkommen entspannt und lädt auch Brian herzlich ein. Sehr schön. Unser Host lebt in Atwater, was noch vor Merced liegt. Wir haben also keine zehn Meilen mehr vor uns. Die Tankstelle liegt am Winton Parkway, Joey lebt in der Nähe vom Winton Way. Brian geht daher davon aus, dass wir einfach den Parkway entlangfahren sollten, bis wir den Way kreuzen. Ich bin da etwas anderer Meinung. Schließlich sind wir in Livingston und nicht in Atwater. Brian will es aber unbedingt wissen, weswegen wir in der Tanke nachfragen. Ich habe recht. Brian will aus unerfindlichen Gründen aber nicht auf den Highway 99 zurück – was am einfachsten wäre –, sondern stellt unbeirrt erneut die Frage, ob wir nicht einfach den Winton Parkway bis nach Atwater fahren können.
»No«, wiederholt der Tankstellenangestellte. Wir fragen daraufhin, wo der Winton Parkway hinführt: »Uhm, I don’t know. Into nowhere?«
Die Landschaft ist flach. Wäre es nicht so neblig, könnte man vermutlich sehr weit blicken. Außer Merced und den Käffern, die es umgeben, scheint es hier tatsächlich nicht viel zu geben. Dass Straßen ins Nirgendwo führen, kann ich mir also sehr gut vorstellen. Zum Glück lässt sich Brian dazu bewegen, wieder auf den Highway zurückzufahren. Wer weiß, wo wir bei Brians Orientierung sonst wieder gelandet wären.
Brian beginnt zu ĂĽberlegen, ob er nicht besser direkt nach Los Angeles oder Santa Fe weiterfahren sollte. In Santa Fe hat er vom Vater ein Lagerhaus geerbt, das er sich noch nicht angesehen hat. Ich schlage ihm vor, erst einmal eine Pause zu machen. SchlieĂźlich hat er schon ziemlich lange kein Auge mehr zugemacht.
Nach knapp sechs Stunden ist unser Zwei-Stunden-Trip beendet. Ich würde wirklich zu gerne wissen, wo wir alles waren. Da Brian im Schnitt nahezu 80 Meilen in der Stunde drauf hatte, müssen wir ganz gut herumgekommen sein. Wir klingeln zunächst am falschen Haus. Keiner macht auf. Vermutlich auch besser so. Als wir das richtige Haus eine Kreuzung weiter finden, entdeckt Brian eine Immobilie, die zum Verkauf angeboten wird. Er steuert direkt darauf los, während ich bei Joey klingele. Als dieser mir öffnet, habe ich Brian aus den Augen verloren. Joey ist ein ganz schön hübscher und stylisher Typ. Auch an seiner Einrichtung kann man sehen, dass der Halbmexikaner ein Mensch ist, der viel Wert auf die Dinge legt, die sein Auge erfreuen. Mir ist es zwar teilweise ein bisschen zu kitschig, dafür finde ich es aber umso besser, dass man seine »Marke« deutlich zu spüren bekommt.
»Where is Brian?«, fragt mich der 40-Jährige.
»He’s buying the house on the opposite side of the street.«
Er lacht. Brian rennt mittlerweile tatsächlich mit seinem Handy am Ohr um das Nachbarhaus und verabredet lautstark einen Besichtigungstermin, bevor er zu uns stößt und sich bei Joey für die überfallartige Couchanfrage entschuldigt. Joey lächelt mit seinen strahlend weißen Beißerchen und heißt auch Brian herzlich willkommen.
Joey ist Lehrer, ein äußerst professionell agierender Hobbyfotograf und Drehbuchautor. Das ist doch mal eine Mischung. Im Flur seines Hauses, das er alleine bewohnt, hängen einige seiner Bilder. Er scheint auf fantastische und Märchenmotive zu stehen und hat so manch bekannte Szene vor seiner Kamera nachstellen lassen. Die Szene mit dem verrückten Hutmacher aus »Alice im Wunderland« gefällt mir am besten.

© Joe Torres Photography
Wir setzen uns auf die schwarzen Ledersofas. Brian beginnt zu frieren. Er ist maßlos übermüdet und trägt nur ein kurzärmeliges Hemd und eine Cordhose. Andere Klamotten hat er auch gar nicht dabei. Kein Wunder, die Idee nach Atwater zu fahren kam ihm vermutlich erst, als er mich eigentlich verabschieden wollte. Der Kamin wird angeworfen und Kaffee gekocht, während Brian sich eine Decke schnappt und sich langlegt. Wir unterhalten uns gut. Brian hört anfangs noch zu und wirft zwischendurch auch einmal einen Satz ein, bevor er in seinen wohl verdienten Tiefschlaf verfällt.
Im Garten hinter dem Haus lebt Joeys Husky. Sasha heißt das hübsche weiß-graue Tier mit den eiskalten blauen-weißen Augen. Joey schlägt einen entspannten Hike mit dem Hund vor. Da bin ich dabei. Brian hat vorher schon wegen seiner Blasen kein Interesse bekundet. Wir lassen ihn schlafen und fahren mit dem Auto nach Knights Ferry.
Der Nebel des frühen Morgens hat sich längst verzogen. Die Sonne strahlt und es ist recht warm – perfektes Wanderwetter. Wir stellen den Wagen ab und spazieren in die Natur. Viel Zivilisation gibt es hier sowieso nicht. Als Erstes kommen wir an der Ruine einer Mühle vorbei.
Hinter der Mühle erstreckt sich die mit 100 Metern längste überdachte Brücke westlich des Mississippi.
Die Brücke führt über einen kleinen Fluss, der sich durch eine gewundene Schlucht zieht. Wir folgen einem der Pfade. Es ist schön hier, so ruhig. Außer uns spazieren nur wenige andere Menschen durch die hügelige Gegend. Braune Felsen sind von Büschen, leuchtend grünem oder ausgedörrt braunem Gras umgeben. Zwischen die belaubten Bäume mischen sich auch immer wieder tote Bäume, deren fast schon versteinert aussehenden Äste teilweise von anderen Pflanzen eingenommen wurden. Es ist schon merkwürdig: Nicht allzu weit westlich von hier sind Brian und ich heute Morgen noch durch eine vollkommen flache Landschaft gefahren. Nun bin ich von Hügeln umringt in einem kleinen Canyon und morgen werde ich laut Joey im Yosemite National Park auf schneebedeckte Berge treffen.
Joey zeigt mir seinen Lieblingsbaum. Der Baum ist spektakulär auf der Spitze eines fast schon pyramidenförmig anmutenden Felsens gewachsen. Seine Wurzeln umklammern den Stein und schlängeln sich freiliegend bis zum Boden hinab, bevor sie in ebendiesem verschwinden.
Wir klettern hinter dem Felsen näher zum Fluss hinab. Der Husky genießt den Ausflug sichtlich und Joey sieht man in jeder Sekunde an, wie sehr er seinen Hund liebt. Wir machen es uns auf einer kleinen Grasfläche bequem. Wenige Hundert Meter hinter meinem Rücken erstreckt sich die Brücke über den Fluss. Vor mir macht der Fluss eine Biegung. Das vollkommen ruhige Wasser ist bestimmt schweinekalt. Joey und ich bleiben recht lange sitzen, unterhalten uns und streicheln Sasha. Joey ist einer dieser extrem begeisterten Couchsurfer. Er lädt sich so oft wie möglich Gäste nach Hause ein.
Wenig später treffen wir auf zwei Mütter und deren Söhne. Wegen Sasha kommen Joey und die Mütter ins Gespräch. Ich interessiere mich vielmehr für das, was die Jungs machen: Sie suchen nach Gold! Gerade als ich mich ihnen nähere, werden sie fündig. Wie jetzt? Die Kinder sind ganz aufgebracht vor Glück. Der mexikanisch aussehende kleine Mann reckt stolz seine Hand in die Höhe. Ich schaue Joey irritiert an. Er hatte mir vorher schon erzählt, dass in dieser Gegend früher Gold abgebaut wurde. Ich klettere zu den Kids hinab und sehe tatsächlich einen kleinen goldenen Schnipsel auf dem Finger des Jungen.
»Gold!«, rufe ich und beginne ebenfalls mit der Suche. Heute werde ich reich! Ich habe in den beiden Kindern jedoch zwei Kollegen vor meiner Nase sitzen, deren Gier geweckt wurde. Das kleine, mit Wasser gefüllte Loch, in dem sie buddeln, ist so klein, dass nur eine Hand hineinpasst.

»You already found gold«, meckert der andere Junge. Nicht ganz zu unrecht, wie ich meine. Neben der harten menschlichen Konkurrenz scheint auch ein Tier im Loch zu graben. Wir bekommen das eigentlich außer Konkurrenz arbeitende Geschöpf zwar nie zu sehen, können aber eine Bewegung im Wasser ausmachen, die eindeutig auf ein gieriges Wassertierchen hindeutet.
»What are you going to do when you find gold?«, frage ich. Will ich Frieden stiften oder versuche ich herauszufinden, wie weit die Goldsucher für ein Leben in Saus und Braus gehen werden?
»Who’s getting the gold?«, füge ich gekonnt subtil, aber dennoch höchst provokativ an.
»Well, I’m gonna sell it … or keep it for my collection«, lautet die Antwort des amerikanischen Bubis mit der weißen Schirmmütze.
»Aha … for your collection?«, hake ich nach. Der kleine Mexikaner hält sich noch gefährlich schweigend aus dem sich anbahnenden Konflikt heraus. Auch der Junge mit der Basecap geht nicht weiter auf meine Frage ein. Ich kann seine Augen nicht sehen und empfinde ein ungutes Gefühl in der Magengegend.
»Do you see the fish?«, wird das Thema gekonnt gewechselt. Die Jungs wissen, worum es hier geht. Ich kann den Zusammenhalt der beiden Haudegen noch nicht einschätzen. Ich muss für alles gewappnet sein, fürchte ich. Plötzlich kommt Unruhe auf. Anscheinend haben wir wieder Gold gefunden. Es klebt an den Händen des mexikanisch aussehenden Dreikäsehochs. Ich versuche einen Blick auf den Fund zu werfen. Durch hektische Bewegungen der Hand und unerwartetem, fast schon einschüchterndem Aufstehen des Bengels gelingt es mir jedoch nicht, festzustellen, ob man mich hier zum Narren halten will oder ob die Ader tatsächlich noch so viel hergibt.
»No, I don’t think it’s gold«, äußere ich Zweifel, die ich eigentlich gar nicht habe.
»Look, it’s shiny«, sagt der Goldsucher mit der Kappe. Zwei Sekunden später tun die Jungs so, als hätte ich recht und spielen mir ein aberwitziges Desinteresse am Fund vor. Der Dunkelhaarige schaut sich zwar noch ein wenig seine mit Dreck bedeckte Hand an, das Gesprächsthema wird aber erneut auf den Fisch gelenkt. Die wollen mich übers Ohr hauen. Da bin ich mir nun sicher. Ich versuche es mit einer neuen Taktik. Neben mir finde ich etwas Alufolie, die ein rauchender Umweltsünder einer Zigarettenpackung entnommen und in die Natur geworfen haben muss: »Look, I found silver!«, präsentiere ich meinen Fund.
»Is that silver?«
»Maybe …«, stottere ich. Was habe ich mir nur dabei gedacht? Wenn sie den Betrugsversuch als solchen entlarven, verspiele ich am Ende noch meine letzte Chance, an der Goldader ohne Blutvergießen beteiligt zu werden. Ich muss die Situation retten: »Maybe it is just … trash, huh?«
Der Junge mit der Mütze, den ich der Einfachheit halber »Pokerface« nenne, reißt mir die Folie aus der Hand: »Oh yeah, it’s just trash.«
Keine Sekunde später liegt das Verpackungsstück wieder im Dreck. Unterschätzt zu werden ist besser, denn als Betrüger enttarnt zu werden, denke ich mir und überlege diesmal sorgfältiger meinen nächsten Schritt.
»Is it kinda hard to find gold?«, schaut mich »El Niño« mit seinen Bambi-Augen fragend an. Ist das ein Test?
»I think so«, antworte ich – meiner Überzeugung entsprechend – und füge desillusionierend an, dass ich davon ausgehe, dass man vor langer, langer Zeit bereits alles Gold gefunden und mitgenommen hat. »El Niño« will das so offenbar nicht stehen lassen und fängt an, von irgendeinem Teich zu erzählen. Ein Ablenkungsmanöver? »Pokerface« unterbricht den lahmen Vortrag glücklicherweise: Es gibt einen neuen Fund! Das Glänzen des Goldes vernebelt meine Sinne. »El Niño« erzählt weiter. Irgendetwas von seinem Vater, einem selbst gebauten Teich und einer Schaukel. Rührseliges Geschwätz.
»Hm«, reagiere ich mit gekonnt aufgesetztem Interesse. Ich habe keine Ahnung, ob er mir eine Frage gestellt hat oder worum es überhaupt ging. Seinen Augen entnehme ich, dass er mich durchschaut hat.
»Mom, I found gold!« Der kleine Yankee setzt sich in Bewegung.
»Cool!«, hallt es von weiter oben zu uns hinab. »It might be fool’s gold, but it’s good enough.«
Der Hosenscheißer haut mit der Beute ab. Deswegen also die Geschichte vom Vater, dem Teich und der Schaukel: Man hat mich reingelegt! »Pokerface« rennt mit der Beute zu den Erwachsenen, während ich mit »El Niño« vor der Mine sitze.
»Fool’s gold?«, frage ich mich indes.
»That’s gold. That is gold«, beschwört »El Niño«, während er erneut seine Hände inspiziert.
»Oh yeah, that’s gold«, bestätige ich und zeige auf die glänzende Stelle auf seinem Ringfinger.
Kurz darauf kommt »Pokerface« wieder. Er hat sich anscheinend von seiner Mutter einreden lassen, dass er tatsächlich nur Katzengold gefunden hat – oder »Narrengold«, wie man es in Amerika unromantisch auf den Punkt bringt.
»Why did the people put fool’s gold here?«, meckert »Pokerface«, während er sich desillusioniert wieder zu uns setzt.
»I also don’t understand that«, gebe ich ehrlich zu. Wer macht denn so etwas?
Die MĂĽtter mĂĽssen nun einen auf erwachsen machen und entfĂĽhren mir meine lieb gewonnenen Prospektoren.
Bevor wir unsere kleine und einfache Wanderung beenden, klettern Joey, Sasha und ich noch einen anderen, etwas steileren Weg entlang und spazieren einen höher gelegenen Pfad wieder zurück zu unserem Ausgangspunkt. Schön war’s.
Wir kontaktieren Brian. Der hat sich mittlerweile ausgeschlafen und ist genauso hungrig wie wir. Wir verabreden uns mit ihm beim Mexikaner in Turlock, einem Ort, der circa 25 Kilometer nördlich von Atwater gelegen ist. Nachdem er uns endlich gefunden hat, gibt es ein Sandwich, Sweet Potato Fries und Tacos mit zwei Salsas. Lecker. Danach ziehen wir wenige Häuser weiter in die Bar der Dust Bowl Brewing Company. Ich bestelle mir für sieben Dollar fünf Probiergläser, die zusammen einen guten Liter ergeben dürften. Aus einer Liste kann man sich seine fünf verschiedenen Biere zusammenstellen. Der Geschmack der Biere wird auf der Karte erklärt. Das sieht man des Öfteren in Amerika, was ich durchaus spaßig finde: »Although an ale style, this beer is fermented relatively cold for a clean malt character: 7,6 %.« Oder: »Dark ale brewed with piloncillo sugar for a malty, slightly spicy character: 9,6 %«
Ich entscheide mich für das India Pale Ale (IPA), das Schweet, das Double IPA, das Belgian Dark und das Scotch Ale. Joey trinkt Wasser aus einem Einmachglas, während Brian, der sich von Joey Klamotten leihen durfte, ebenfalls Bier trinkt. Die Mikrobrauerei ist recht cool, die Biere aber wieder einmal größtenteils … Geschmackssache.
Da Joey bereits ankündigte, dass mich morgen im Nationalpark Schnee erwarten wird, ich aber nur immer löchriger werdende Turnschuhe und Flip Flops aus Deutschland mitgebracht habe, versorgt mich unser sympathischer Gastgeber mit Gummistiefeln. Die haben zwar kein Profil, dafür halten sie warm und trocken. Was will ich denn mehr? Joey gibt mir auch noch einen Schlüssel für sein Haus, den ich Brian geben soll, falls er morgen ins Haus möchte. Brian wird aufgrund seiner Blasen und wegen nicht wirklich vorhandenem Interesse morgen nicht mit mir in den Nationalpark fahren. Sein Tagesplan besteht aus Hausbesichtigungen und dem Aufsuchen von diversen Maklern.
Es ist zwar noch recht früh am Tag, aber Brian und ich sind doch ziemlich geschafft. Das spielt Joey gut in die Karten, da er seine Mutter besuchen möchte. Er kündigt an, nur 30 Minuten wegbleiben zu wollen. Wir können gerne den Fernseher einschalten und einen Film gucken. Er hat »Looper«. Fett, der lief doch gerade noch im Kino. Wir schlafen beide auf dem Sofa ein und wachen gute zwei Stunden später wieder auf. Joey ist noch immer unterwegs. Das ist aber eine lange halbe Stunde. Als wir uns gerade bettfertig machen – jeder hat sein eigenes Zimmer und Bett –, kommt der Herr des Hauses zurück. Er ist vollkommen aufgelöst und teilt uns mit, dass ihn seine Schwester gerade angerufen hat. Kurz nachdem er seine Mutter verlassen hat, ist diese auf einmal erblindet. Ach du Scheiße! Natürlich muss er sofort wieder weg. Später schreibt er mir, dass er über Nacht bei seiner Mutter bleibt. So endet ein lustiger und schöner Tag ganz schön doof. Hoffentlich ist es nichts Schlimmes und Joeys Mutter erholt sich wieder …
Die Beschreibungen der Biere stammen von der Karte der Dust Bowl Brewing Company. Die beschriebenen Biersorten sind das Scotch Ale und das Belgian Dark.
Einfach grandios: diese wundervolle Landschaft, der liebenswert schrullige Brian, der bildhübsche Husky Sasha, der charmante Lehrer Joey und die niedlichen Goldsucher. Ach ja – und schade, dass Du keine Goldnuggets gefunden hast. ;o))