»Serendipity«: Eine Rezension des Fachjournalisten Michael F. Koch
Michael F. Koch ist Mitglied im DFJV (Deutscher Fachjournalisten Verband)

Dennis Knickel: »Serendipity – Die unverhofften Glücksfälle eines Backpackers in den USA«
Eine Rezension von DFJV (Deutscher Fachjournalisten Verband)
, Fachjournalist imDennis Knickel ist ein besonderer Autor. Mehr noch: Er ist unabhängiger Filmemacher, agiert vor und hinter der Kamera. Außerdem ist er the voice of »6 Gramm Caratillo« – einer deutschen Punkband. Und er schreibt Bücher über seine Abenteuer als Backpacker.
Ich – Fachjournalist im DFJV (Deutscher Fachjournalisten Verband) – lernte Dennis Knickel in einer Situation kennen, die für sein Wesen typisch ist:
Ich pendelte als einer von 10.000 akkreditierten Berichterstattern zwischen den riesigen Ausstellungshallen der internationalen Buchmesse Frankfurt. Die Termine waren eng gesetzt. Interviews mit renommierten Autoren und Verlegern, Pressekonferenzen, Buchpräsentationen, dazu die Suche nach interessanten Neuigkeiten.
Vor einer der Messehallen – direkt neben dem Eingang – saß ein junger Mann auf einem niedrigen Hocker. Eine Erscheinung irgendwo zwischen Bob Dylan und dem Darsteller aus der Naturkostwerbung. Mit einer Prise Rock ’n’ Roll.
Der Typ liest aus einem Buch (seinem eigenen, wie ich bald erfahre). Zweierlei wird ihm dabei als Fehler angekreidet:
Erstens benutzt er Mikrofon und Verstärker. Klar, er möchte gehört werden.
Neben den richtigen hören ihn aber leider auch die falschen Leute. Und die wollen ihn hier nicht haben. Dennis Knickel hat (im Gegensatz zu den Messe-Ausstellern) nichts bezahlt. Das macht ihn zum Feind.
Fehler Nummer zwei ist Knickels Performance. Sein »Guerilla-Auftritt« transportiert eine Botschaft zu den Ausstellern und zu den Messebesuchern, die ganz klar lautet: LITERATUR KOSTET HIER NICHTS.
Dennis Knickel verlangt kein Geld. Trotzdem – was er bietet ist etwas wert. Ist ohne Zweifel Literatur. Gute Literatur.
Seine Demonstration kollidiert freilich mit der überall gegenwärtigen Message des Veranstalters. Und die lautet: HIER GIBT ES NICHTS UMSONST!
Der Eintritt, die Garderobe, eine aus kulinarischer Sicht nicht gerade wertvolle, dafür aber umso teurere Bockwurscht oder ein labbriges Sandwich – für alles knöpft man dem Besucher hier unverschämt viel Geld ab.
Kein gutes Pflaster fĂĽr einen, der etwas umsonst anbietet. Weg mit ihm!
Platzverweis. Ausführendes Organ ist ein gemischtes Trio von der Messe-Security. Zwei Männer und eine Frau in paramilitärischem Outfit. Die Special Forces aus diversen Hollywood-Action-Movies könnten kaum kriegerischer aussehen:
Blaue Uniformen, dick gepolstert (sicher kugelfest), etliche schwarze Lederfutterale an Gürteln und Riemen. Hallo?! Es ist Buchmesse – kein Kriegseinsatz.
Solche Privatsheriffs hießen früher »Ordner«. Aber das passt wohl nicht mehr in unsere amerikanisierte Welt. Security nennen sie sich im Neusprech von heute. Paramilitärischer Look. Grimmige Mienen. Wie schaffen die es nur immer, so provozierend zu wirken? Lernen sie das auf ihrer Ordnerschule? Sollten sie nicht in erster Linie deeskalieren? Sowas hört man doch immer in den Nachrichten.
Nee. Denen hier geht es nicht um Deeskalation. Sie kommen nicht – sie rücken an. Sie reden nicht, sie bellen. Die uniformierten Rottweiler des Messebetreibers haben endlich ein Feindbild. Ein Straßenleser, in der Oktoberkälte auf dem Boden sitzend, und zwei Journalisten. Gefahr. Alarmstufe Rot. Da muss durchgegriffen werden.
Um unsere gut sichtbaren Pressebadges (ausgestellt vom Messeveranstalter, in dessen Diensten diese Ordner stehen) sowie um unsere amtlichen Presseausweise scheren sich die »Ordnungshüter« einen feuchten … Noch weniger um Kultur, die Immanuel Kant einst »Endzweck der Natur« nannte. Natur hin, Kultur her. Auch auf einer renommierten Buchmesse geht offenbar Hausrecht über Kunst.
So habe ich den Autor Dennis Knickel kennengelernt. Das geschilderte Erlebnis machte mich um eine Erfahrung und um ein gutes Buch reicher. Ein Exemplar von Knickels »Serendipity – die unverhofften Glücksfälle eines Backpackers in den USA« hätte ich ansonsten vielleicht nie in die Hände bekommen. Was sehr schade gewesen wäre.
Im Laufe meines (Arbeits-)Lebens sind mir genau zwei wirklich aussagefähige Bücher über das Reisen und Leben in den USA begegnet: »Der andere Planet: Ansichten von Amerika« vom großartigen Günter Kunert (u.a. Vorsitzender des P.E.N.-Zentrum deutschsprachiger Autoren, Mitglied der »Freien Akademie der Künste Hamburg« sowie der »Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung«) – und eben »Serendipity« von Dennis Knickel.
Letzterer erfährt den nordamerikanischen Kontinent in echt – so wie dieser sich präsentiert, wenn man vom Mythos Amerika die Abenteuerlegenden und die Fernwehverklärung subtrahiert:
Ein »melting pot« von Menschen aller Klassen und Schichten. Nirgendwo liegen ganz Oben und ganz Unten wohl näher zusammen als hier. Und gerade dort, wo Mancher vielleicht vom »unteren Rand der Gesellschaft« sprechen würde, erlebt Dennis Knickel erfrischende, horizonterweiternde Geschichten, die das Leben schreibt. Er trifft Menschen, für die das menschlich Sein selbstverständlich ist – und auch solche, die das noch lernen müssen.
Eine Tatsache insbesondere verleiht den Storys ihre Qualität und ihren Reiz: Dennis Knickel geht nicht auf Reisen, um ein Buch zu schreiben. Er ist in erster Linie ein Weltenbummler – und dabei kommt nebenbei auch noch ein Buch heraus. Das ist handwerklich gut gemacht, weil sein Verfasser – wie viele Globetrotter – schlichtweg ein guter Erzähler ist.
Sein literarischer Stil? Ganz einfach: so wie ihm der Schnabel gewachsen ist. GlaubwĂĽrdigkeit inklusive.
Gibt es in der deutschsprachigen Literatur heutzutage noch gute Abenteuer-Storys mit Realitätsbezug? Eine zumindest habe ich mit »Serendipity« gefunden. Und empfehle sie guten Gewissens weiter.
… und ich bedanke mich herzlichst für diese Rezension!
Dennis Knickel
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