Tag 8: Surat Thani, Donsak und rüber nach Koh Pha Ngan

Curry-Competition

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Mittwoch, 3. März 2010
Bus – Surat Thani – Donsak – Fähre
Thong Sala & Chaloklum, Koh Pha Ngan

Von der Fahrt gibt es nichts Besonderes zu berichten. Draußen ist es dunkel und ich versuche so viel es geht zu schlafen. Die Fahrt soll zwischen zehn und 15 Stunden dauern. Und wir haben bereits über acht Stunden Reise von Koh Chang nach Bangkok hinter uns. Uff.
Thailand sieht auf der Landkarte ein wenig wie ein Elefantenkopf aus. Koh Chang liegt im »Stoßzahnbereich« und Bangkok dort, wo der Übergang von Mund zu Rüssel anzusiedeln wäre. Unsere Busfahrt geht etwas mehr als die Hälfte des »Rüssels« entlang in Richtung Süden. Wir kommen an Thailands schmalster Stelle vorbei, von wo aus es nur noch ein Katzensprung rüber nach Myanmar, dem ehemaligen Burma, ist.
Nach über zehn Stunden erreichen wir Surat Thani, was übersetzt so viel wie die »Stadt der guten Menschen« heißt. König Rama VI. verlieh der Stadt vor knapp 100 Jahren diesen Titel, da die Einwohner wohl ganz besonders gute Buddhisten waren.
Surat Thani ist ein Verkehrsknotenpunkt. Hier treffen die Busse am »Wait for the Bus«-Restaurant zusammen, um dann die Passagiere der einzelnen Busse neu zu sortieren. Wir erwarten keine größere Busfahrt mehr, da Surat Thani am Meer liegt und von hier aus wohl auch die Fähren nach Koh Samui, Koh Pha Ngan und Koh Tao ablegen. Andere »Farangs«, so die Bezeichnung für westliche Ausländer in Thailand, fahren von hier aus weiter nach Süden (nach Phuket oder Krabi) beziehungsweise in Richtung Norden (Bangkok etc.) weiter.
Diese »Wait for the Bus«-Restaurants haben ihren ganz eigenen Charme. Dieses ist sicherlich das bislang krasseste auf unserer Reise: Der Raum ist circa 50 m² groß und beherbergt neben Tischen, Stühlen und einer Theke noch einen Ticketschalter für die Weiterreise. Hier wird man als Erstes hingebeten, gibt sein fälschungsunsicheres Ticket ab und bekommt dafür einen handbeschriebenen Aufkleber auf die Brust. In unserem Fall steht »PNG« auf dem kleinen Aufkleber. Zusätzlich bekommen wir noch einen leuchtend rosa Fährenaufkleber, der tatsächlich mal bedruckt ist.

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Um uns die Wartezeit zu verkürzen, legt man noch schnell eine gebrannte DVD von Roland Emmerichs »2012« ein. Der Handel mit gebrannten DVDs und gefälschten Marken boomt in Thailand. Überall sieht man kleine Stände oder sogar Läden in gemieteten Geschäftsräumen, die die bei uns illegale Ware für kleines Geld verscherbeln. In Thailand scheint der Verkauf von Raubkopien nicht geahndet zu werden. Vor solchen DVD-Ständen sitzt meist der Verkäufer, der ausgedruckte Cover zusammenfaltet und zusammen mit den Rohlingen in kleine Plastiktütchen packt.
Es warten knapp 200 Leute in und vor dem Warterestaurant! Dafür gibt es lediglich eine Toilette, die sich zudem noch als ein Loch im Boden entpuppt, also ohne Schüssel. So kann wenigstens keiner behaupten, dass der Vordermann oder die Vorderfrau die Klobrille besudelt habe.
Sobald eine Busladung bereit ist, weitertransportiert zu werden, spaziert ein Thai laut singend durch den Raum: »Koh Tao, Koh Tao, Koh Tao! Tao, Tao, Tao! Koh Taooouuu! Koh Tao!«
Eine kleinere Gruppe wird von einem Pick-up-Taxi abgeholt, welches seltsamerweise zehn Minuten später mit gleicher Ladung wieder am Restaurant ankommt und unter anderem uns noch miteinlädt. Wir fahren wenige Kilometer aus der Stadt heraus und erreichen einen Holzpier, welcher nicht etwa am offenen Meer, sondern an einem Fluss liegt. Ein kleiner Schlepper zieht gerade fünf fette Schiffe den Fluss entlang, was unglaublich langsam vonstattengeht.

Nach einer knappen halben Stunde werden wir auf einmal wieder aufgefordert, einen Bus zu besteigen!? Dieser Bus ist bei Weitem nicht so komfortabel wie die Langstreckenbusse. Dafür läuft die Klimaanlage auf Hochtouren, wogegen wir nichts unternehmen können, da der Regler über uns zerbrochen ist. Wir kühlen also ordentlich ab und fahren tragischerweise noch eine knappe halbe bis dreiviertel Stunde mit dem klapprigen Teil, bis wir endlich in Donsak, dem endgültigen Pier, ankommen. Hier steht ein knappes Dutzend Fischer mit Netzen in der Hand auf dem Kai und schaut wartend unter sich ins Wasser. Zu meinem Erstaunen und meinem veganen Entsetzen ist die Ausbeute nicht schlecht. Einer der Fischer hat sogar eine Sepia gefischt, die nun, gemeinsam mit anderen Fischen, elendig in der prallen Sonne erstickt.
Es dauert wieder eine halbe Ewigkeit, bis endlich die Schnellfähre ankommt und Menschenmassen auf die Landungsbrücke wirft. Die letzte Full-Moon-Party auf Koh Pha Ngan ist gerade zu Ende gegangen. Das merkt man.

Ein Italiener geht auf einen Polizisten zu, der sich gerade neben mich gestellt hat, und fragt ihn, wie viele Fähren hier zwischen den Inseln hin- und herfahren. Plötzlich dreht sich der Polizist herum und zeigt auf mich: »Hä?«, fragt der Uniformierte. Ich, etwas verunsichert, versuche mit Händen und Füßen zu antworten, denn englischer als der Italiener kann ich diesen Satz auch nicht formulieren: »Uhm, he [ich zeige auf den Italiener] wants to know [Finger auf meinen Kopf] how many [ich zähle die Finger meiner rechten Hand ab] ferries [ich forme mit beiden Händen ein Boot] there are driving between Koh Samui and … uhm … yes.«
Der Polizist grinst breit, nickt mit dem Kopf, deutet auf mich und sagt: »Yes, yes. You know!«
Äh … nö. Dann lacht er laut auf, sagt: »One hour and half«, und weg geht er.
Nun sind wir dran. Das Gepäck wird an Deck zu einem großen Haufen getürmt und mit einer Plane befestigt. Beim Ablegen sehen wir tatsächlich noch den Rücken eines Delfins (oder gar eines Wals?), bevor die Überfahrt beginnt. Der Golf von Thailand ist wirklich ein so wunderschönes und großartiges Gewässer! Überall ragen kleine und größere grüne Inseln mit traumhaft weißen Sandstränden aus dem Wasser. Das Wasser selbst ist ruhig wie ein Ententeich, durchweg kristallklar und schimmert türkisblau. Nach etwas mehr als einer Stunde erreichen wir Koh Samui. Die Meisten verlassen hier das Schiff, neue Fahrgäste steigen auf.

Nach insgesamt 25 Stunden Anreise landen wir dann letztendlich in Thong Sala, Koh Pha Ngans größtem Ort, der im Süden der Insel liegt. Kaum legen wir an, bricht ein ohrenbetäubendes Stimmengewirr aus. Auf dem Steg stehen massenhaft Thais, die, sobald man Blickkontakt mit einem von ihnen hat, auf einen zeigen und: »Hey Sir! Taxi! Where you going?«, rufen.
Kaum betrete ich den Pier, bricht mir die Sohle meiner einstmals teuren Jack-Wolfskin-Sandale ab. Ich wollte mir sowieso Neue kaufen. Das war dann wohl das Zeichen, es auf Koh Pha Ngan zu tun. Mein Kumpel Thorsten bittet darum, ihm irgendwelche besonderen Flip Flops von hier mitzubringen, die wohl extrem toll sein sollen. Welche genau das sind, muss ich noch in Erfahrung bringen … dann hole ich mir vielleicht auch diese Wunderschlappen.

Der Steg ist relativ schmal, zumindest zu schmal für all die Touristen, Taxifahrer und Schlepper, die sich darauf tummeln: Quetschen und sich Durchzwängen ist also angesagt.
Vom Pier kommt man direkt auf einen ungepflasterten Kreisverkehr. Einen Bürgersteig gibt es nicht, aber die Überquerung ist nur mäßig gefährlich. Thong Sala erinnert von seinem Aufbau und der Architektur irgendwie an eine Stadt aus einem Robert-Rodriguez-Film mit asiatischem statt mexikanischem Flair. Durch den ungepflasterten, rotbraunen Boden des Kreisverkehrs wirkt Thong Sala trocken und staubig. Auf den Straßen des Örtchens herrscht jedoch ein wirklich reges Treiben: Überall bieten sich Pick-up-Taxis an und es gibt viele kleine Restaurants und Geschäfte. Vor allen Dingen Tücher, T-Shirts, Strandmatten und Flip Flops gibt es hier.
Auf Traets Geburtstagsparty auf Koh Chang habe ich Caipi aus Deutschland kennengelernt, der mir den Tipp gegeben hat, auf Koh Pha Ngan ins Coconut Beach zu ziehen. Die Coconut-Beach-Bungalows liegen im Norden der Insel und gehören zum Örtchen Chaloklum. Sie liegen etwas außerhalb des Dorfes am Hat Khom. »Hat« heißt Strand. Für 300 Baht fährt uns ein Taxi die zehn Kilometer auf die andere Seite der Insel. Koh Pha Ngan ist an seiner längsten Stelle 19 Kilometer lang und bis zu zwölf Kilometer breit.
In Chaloklum fährt uns das Taxi quasi auf den Strand. Die Straße ist auf den letzten Metern nicht mehr asphaltiert und der Bodenbelag geht bereits in weißen Sand über. Wir passieren das einzige Haus, das uns noch vom Strand trennt und stehen vor einer Posterwand: Dutzende bunte Longtailboote, die auf vollkommen flachem, türkisblauen Wasser liegen und von einer weitläufigen, grünen Bucht umsäumt werden.

Wir wollen erst einmal unser Gepäck loswerden und wandern in Richtung Osten über den Strand. Wir wissen nicht genau, ob und wo eine Straße zum Hat Khom führt, gehen aber davon aus, dass es über den Hat Chaloklum am kürzesten sein dürfte. Wir durchwaten mit unseren Rucksäcken einen kleinen Fluss, der hier ins Meer mündet, durchqueren dann, gestoppt von Felsen, ein teureres Bungalow-Resort, hinter dem wir einen Trampelpfad durch das Gestrüpp finden, der zu einer gepflasterten Straße führt. Es geht bergauf und das Klima auf Koh Pha Ngan ist noch mal eine Nummer drückender als auf Koh Chang. Die Luft steht und es ist heiß.
Klatschnass geschwitzt überholt uns ein Thai auf seinem Roller: »Where you wanna go?«, fragt er lächelnd.
»Coconut Beach. Is it far?«
»Oh, well: We have room. See you!«
… und fährt davon. Wir lauschen dem Geräusch seines Motors und stellen fest, dass es nicht mehr weit sein kann.
Coconut Beach besteht aus pastellgrünen, nicht allzu hübschen Steinbungalows mit blau glänzenden Wellblechdächern, die irgendwie an Club-Urlaub erinnern. Dafür entschädigen ein hübsches, offenes Bambusrestaurant direkt am wieder einmal sehr schönen Strand und die wahnsinnig gastfreundlichen, sympathischen und lustigen Betreiber dieser Anlage für den etwas verloren gegangenen Style der Bungalowsiedlung.
Bungalows kosten hier zwischen sieben und 20 Euro pro Nacht. Wir bekommen noch eins für zehn. Die Bungalows sind einfach, aber für diesen Preis gut ausgestattet. Wir haben zu drei Seiten Fenster samt Moskitoschutz, ein eigenes gekacheltes (aber nicht gut riechendes) Badezimmer, den üblichen Ventilator und eine acht Quadratmeter große Terrasse.
An der Badezimmertür hängt ein Zettel: Strom gibt es nur zwischen »ungefähr 14 und 24 Uhr«. Außerdem sollen wir bescheid geben, falls sie vergessen sollten uns das Wasser anzustellen. Lustigerweise mache ich das dann auch schon wenig später. Und Strom gibt es heute erst ab 19 Uhr. – Dafür gibt es ihn aber auch länger als bis 24 Uhr.
Damit wir uns keinen Jetlag einfangen, gehen Rebekka und ich erst einmal ins Meer. Der Sand ist strahlend weiß und pudrig weich. Es fühlt sich an, als ob man durch Puderzucker läuft! Zum Wasser hin und im Wasser selbst liegen dafür massenhaft Steine, Muscheln und tote Korallen. Leider ist es hier jedoch noch seichter als auf Koh Chang. Man kann sehr weit hinauslaufen und wird maximal bis zur Hüfte nass. Und natürlich gibt es den obligatorischen Strandhund, der sich zu einem legt.
Beim Abendessen bestätigt sich der Eindruck, dass die Betreiber des Coconut Beach supercool sind. Da hätten wir zum einen den – wie wir vermuten – Chef, ein etwa 30-jähriger Thai, der sich total über Abschiedsgruppenfotos freut, sich hierfür sein hölzernes »Coconut Beach«-Schild schnappt, in die Luft springt und sich zum Foto bereitstellt. Der Kellner, etwa gleiches Alter wie der vermeintliche Chef, rennt in einem Fußballtrikot herum, das er sich ab und an beim Bedienen bis über den Bauch hochzieht. Außerdem setzt er sich auch mal zu den Gästen an den Tisch, erzählt kurz mit ihnen und erkundigt sich quer durch das Restaurant, ob das Essen schmeckt: »You like? Is good?«
Die kleine Köchin rennt in einem Polohemd mit dem Berliner Bären hinten drauf herum, trägt eine weiße Ballonmütze und macht manchmal zusammen mit dem Kellner Zigarettenpausen im Restaurant. Außerdem salutiert sie einem Franzosen zur Begrüßung und spielt mit dem Hund beziehungsweise lässt ihn Kunststückchen aufführen, während sie ihn füttert.
Bestellen ist hier auch eine urkomische Angelegenheit. Wie im Independent Bo gibt es Büchlein mit der Zimmernummer darauf, die der Gast selbst führt. Darin werden sämtliche Bestellungen eingetragen. Im Independent Bo darf man ja selbstständig an den Kühlschrank gehen und sich seine Getränke nehmen. Dies geht im Coconut Beach auch, wird allerdings noch dadurch getoppt, dass man sich beim Abendessen sein Büchlein schnappt und selbst die Bestellung hineinschreibt. Dann kommt der Kellner vorbei und checkt, ob er die Schrift entziffern kann, bevor er den Auftrag der Köchin bereits auf dem Weg zur Küche zuruft.
Vom Meer aus leuchtet es unglaublich hell an Land: Bestimmt ein Dutzend Fischerboote mit mehreren Masten voller extrem heller Glühlampen liegt vor der Bucht. Und ab und an rattert lautstark ein Longtail Boat vorbei.

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Ich habe es getan! Bereits in der letzten Nacht im Independent Bo wurde ich in diese Situation gezwungen. Heute tat ich es freiwillig … Auch im Coconut Beach darf man nichts die Toilette herunterspülen, was nicht aus einem selbst gekommen ist. Der Rosettenschlauch blickt mich an und ich wage es. Keine Lust mehr, benutztes Klopapier in einer Plastiktüte zu entsorgen, die dann noch im Badezimmer herumsteht und Ameisen anlockt! Genug damit! Es reicht. Ich teste den Strahl des Arschabputzers über dem Abguss in der Ecke des Bades; ein Loch im Boden, in das das Duschwasser fließt. Eine Duschkabine gibt es auch hier nicht. Der komplette Raum ist die Dusche. Aber ich schweife ab … Um es kurz zu machen: Es hat funktioniert – keine Sauerei und es fühlt sich zudem noch sauber und frisch an. Rebekka ist geschockt. It’s the thai way it is, Baby: Same same … but different.

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