Tag 1: Über Bahrain in die Khaosan Road

Curry-Competition

2010 04 21 09.02.44

Dienstag & Mittwoch, 23. & 24. Februar 2010
Frankfurt – Bahrain – Bangkok

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Mein Handy klingelt. Hartnäckig. Irgendwann gehe ich also doch ran: »Weißt du, wo ich bin?«, frage ich meinen Nachbarn Alex.
»Oh, Scheiße. Seid ihr schon unterwegs?«
»Yepp.«
Rebekka und ich sitzen gerade im Flughafen des Königreichs Bahrain, unser erster und einziger Stopp auf dem Weg nach Bangkok. Alex ist übrigens in Berlin. Aber das nur nebenbei. In Deutschland haben wir gerade den kältesten Winter seit Menschengedenken erlebt: Berlin liegt bereits seit circa zehn Wochen unter einer mittlerweile recht dicken Eisschicht. Dass der Schnee liegen bleibt, hat wohl keiner erwartet. Zumindest kam das Eis-und-Schnee-Räumungskommando (presented by Arbeitsamt) erst vor knapp zwei Wochen auf die eisglatten Straßen und bohrt und klopft sich seither Berlins Straßen auf und ab. Zwei Glatteis-Todesopfer gibt es angeblich auch schon zu vermelden.
Wie auch immer: Rebekka und ich wechseln mal eben das Minus- in ein Pluszeichen um und entkommen somit dem sicheren Kältetod.
Nach Hawaii 2004 und Kuba 2007 ist 2010 also Thailand dran. Für zwei Monate mit dem Rucksack durch das Land der leckersten Küche der Welt!
Doch der Reihe nach: Der Bankautomat der Sparkasse verweigert heute Morgen seinen Dienst. Kein Problem, denke ich, am Frankfurter Flughafen wird’s schon einen Sparkassenautomaten geben. Dem ist aber nicht so. Die Deutsche Bank hat in Frankfurt das Monopol auf Geldautomaten! Schweinerei. Kostet Gebühren, da bin ich nicht dabei. Weiteres Suchen hilft jedoch nicht und so entscheide ich mich dazu, mal zu testen, ob mir die PIN meiner VISA-Card noch geläufig ist. Also doch noch zum Geldautomaten, VISA rein, vermutlich richtige PIN eintippen … yeah, kein Meckern … gewünschten Betrag angeben und Auftrag abschicken. Der Automat rumort und arbeitet. Geldzählgeräusche ertönen, der Kartenschlitz öffnet sich wieder und befördert die Kreditkarte nach draußen. Ich positioniere meine Hand vor dem Schlitz, der die Millionen ausspucken soll und warte. Das dauert ja immer ein bisschen länger. In Berlin warte ich an der Sparkasse an der U-Bahn-Station Eberswalder Straße immer gefühlte 30 Sekunden. Hier in Hessen dauert es nicht so lange. Dafür kommt aber auch kein Geld heraus … Äh? Stattdessen leuchtet plötzlich in einem roten Warndreieck »Automat außer Betrieb« auf! Was zum …? Was ist das denn jetzt?
Ich rufe die Nummer an, die auf dem Aufkleber am Automaten steht: »Hallo, Dennis Knickel mein Name. Ich wollte gerade bla und blub … Habe ich jetzt 100 Euro abgehoben, aber nicht bekommen oder gibt es den Auftrag nicht?« Ist anscheinend eine gute Frage, denn der Kollege am anderen Ende weiß auch keinen Rat. Ich soll bei meiner nächsten Abrechnung schauen, ob der Betrag abgebucht wurde. Hmpf. Also geht’s nun ohne allzu viel Bargeld in der Tasche auf die Reise.
Wir fliegen mit Gulf Air. Und nun, da wir den ersten Teil unserer Anreise bereits hinter uns haben, muss ich sagen, dass Gulf Air eine ziemlich coole Airline ist: Bereits bei der Online-Buchung des Flugs wurden wir gefragt, welches Essen wir serviert bekommen möchten. Und da bietet einem Gulf Air eine ziemlich nette Auswahl. Ich bin mir nicht mehr hundertprozentig sicher, aber ich glaube, dass wir tatsächlich »vegetarian without dairy products« anklicken konnten. Was auch immer wir vor vier Wochen angeklickt haben, das Essen ist vegan … und gut! Die Flugbegleiterinnen sind zudem sehr nett, bringen Rebekka und mir als Erste im Flieger das Essen (Vegetarierbonus, das gab’s ja noch nie!) und jeder hat seinen eigenen Fernseher mit einer Auswahl von drei bis fünf Filmen! Hurra!
Rebekka und ich schauen uns »The Invention of Lying« an … in der Gulf-Air-Synchro, wie es scheint. Zumindest haben die Darsteller nicht ihre bekannten Synchronstimmen, sondern werden offensichtlich von Engländern (!?) gesprochen. Auf Deutsch! Was für eine Airline. Welch Einsatz! Ich kann mich kaum auf den Film konzentrieren, da ich mir ununterbrochen vorstellen muss, wie der Co-Pilot und die Oberstewardess vorne im Cockpit sitzen und diesen Film live synchronisieren. Mag weit hergeholt klingen, aber diesen Gulf-Air-Leuten traue ich das echt zu. Am Flughafen von Bahrain werden wir vom Captain mit einem: »Cheers!«, aus dem A330 verabschiedet.
Der Flughafen von Bahrain ist klein aber durchaus spektakulär. Die arabische Atmosphäre vermischt sich hier bereits mit pakistanisch/indisch/nepalesischem Flair. In Steven Spielbergs »Catch Me If You Can« sieht man den Tross der verschiedenen Airlines durch das Terminal flanieren. Unterscheiden kann man sie an der Farbe und am Schnitt ihrer Uniformen. Hier in Bahrain funktioniert das quasi genauso. Hier stolzieren allerdings nicht die Besatzungen der Flugzeuge umher, sondern einzelne Familien oder Reisegruppen, die auch alle irgendwie uniform wirken: Zum Beispiel dadurch, dass die arabische Familie wie eine Mischung aus »Lawrence von Arabien«-Epos und koreanischem Horrorfilm (mit viel Wert auf Ästhetik und Farbgebung) wirkt, wenn der Papa mit seinem feinen hellen Zwirn, umringt von in wehende schwarze Tücher gekleideten Damen daherkommt; oder auch die Gruppe von indischen oder nepalesischen Arbeitern, die allesamt die gleich geschnittenen Bommelmützen tragen und somit wie aus einem Märchen entsprungen wirken: Bollywood adaptiert Disneys »Schneewittchen und die sieben Zwerge«. Von Schneewittchen war allerdings nichts zu sehen. Dann gibt es da noch die Ü70-Fraktion aus … ja, von wo kommen die denn? Mit einem spektakulären Auftritt können die Omis meine volle Aufmerksamkeit erhaschen: In pastellfarbenen Roben, die von Material und Schnitt an ein Dirndl aus selbst gemachter Blümchentischdecke erinnern, schweben die Großmütter ins Terminal. Die farbliche Reihenfolge wird optimal eingehalten, sodass ein blasser Regenbogen von Omamas in sympathischen Trachten den Raum erhellt.
Neben diesen schön anzusehenden Menschen in ihren edlen Stoffen und Tüchern gibt es aber natürlich auch die Burkaträger-Fraktion. Seltsamerweise sind die Männer der komplett verhüllten Frauen meist westlich gekleidet, was natürlich einmal mehr die Frage aufwirft: Machen die das freiwillig?
Überhaupt muss mir mal einer erklären, weshalb die eine Hälfte der Bevölkerung hier mit traditioneller Kleidung herumläuft und wieso die andere Hälfte in westlichen Klamotten sein Leben in Arabien zu verbringen scheint.
Auch im Bahrain gibt es Geldautomaten. Also versuche ich es noch einmal hier. VISA rein, PIN eingeben und: Automat kackt ab. Ja, was ist denn hier los? Noch einmal versuchen: PIN eingeben und … »invalid PIN« Ups, fuck. Die Karte kommt zum Glück wieder raus. Der wievielte Fehlversuch war das denn nun? Der Erste? Der Zweite? Oder bereits der Dritte? Lag es in Frankfurt am Automaten oder an der falschen PIN-Nummer? War das Fehlversuch Numero Uno? Das erste Abbrechen hier im Bahrain: meine zweite Falscheingabe? Außerdem wollte ich vorhin mein Essen auch mit VISA bezahlen, was auch nicht funktionierte. Vier Fehlversuche?
Also, um es kurz zu machen, mein Problem ist nun: Kann ich es mir noch einmal erlauben, eine falsche PIN-Nummer einzutippen, ohne dass meine Karte plötzlich gesperrt wird? Ich sehe es schon kommen: Ich bin in meinem kulinarischen Frankreich und habe kein Geld fürs Essen … Super.
Mittlerweile sind wir wieder in der Luft. Vor Kurzem haben wir Dubai überflogen. Den Burj Khalifa und das Burj al Arab haben wir zwar nicht erkennen können, aber dafür die Palmeninseln! Eine dieser Dubai-Aktionen, bei denen man eigentlich nur mit dem Kopf schütteln kann, es aber insgeheim doch irgendwie auch schon wieder so cool kitschig und bekloppt findet, dass es seinen Reiz hat. Gegen drei Uhr nachts überfliegen wir Dubai und können aus zehn Kilometern Höhe die Palmeninseln sehr gut erkennen. Das ist doch vollkommen schräg, oder? Aber auch durchaus schön.
Nachdem wir Arabien bei Muscat hinter uns lassen, geht es über die Arabische See rüber nach Indien. Im Flugzeug wird man übrigens nicht nur darüber informiert, über welches Land man gerade fliegt, nein, auf dieser Strecke wird dem interessierten Fluggast auch angezeigt, in welcher Richtung Osten ist und wie weit die Kaaba von der momentanen Position entfernt ist. Auf dem Flug nach Bahrain gab es erstgenannte Info leider nicht. Laut Ankündigung sind wir wohl aber u.a. über den Irak geflogen.
Mumbai tut sich vor uns auf. Eben war noch alles stockdunkel, der Sternenhimmel samt Milchstraße wunderschön am Firmament auszumachen. Und dann kommt Mumbai. Ich bin mir zwar nicht sicher, ob der Effekt alleine durch diese Metropole entsteht oder ob es auch daran liegt, dass wir direkt gen Sonnenaufgang fliegen, aber Meile für Meile, die wir uns Mumbai nähern, wird es heller und heller. Eine Art Nebel zieht auf (!?) und als wir Mumbai hinter uns lassen, ist da plötzlich die Sonne vor uns. Ein Sonnenaufgang, zehn Kilometer über Mumbai … und Rebekka schläft weiter.
Im Moment überfliegen wir den Golf von Bengalen. Noch zwei Stunden bis Bangkok. Die Spannung steigt und die Müdigkeit wohl auch. Auf diesem Flug gab’s übrigens wieder lecker Essen: grüner Thai-Curry mit indischen Bombay-Potatoes und Papadam, dazu eine Obstschale mit gebratenem Tofu und last, but not least: Tapioca-Pudding. Lecker!
Jetzt schaue ich mal, wann endlich das Frühstück kommt. Höhö! Schöne Grüße aus der Economy Class!

Curry-Competition: Frankfurt–Manama–Bangkok

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Nach der Zollkontrolle verlassen wir den Suvarnabhumi International Airport und holen uns ein Ticket für den Bus der Linie AE2, Endstation Khaosan Road. Die Khaosan Road ist die Backpackerstraße. Hier gibt es alles, speziell aber billige Klamotten, die man nicht unbedingt aus der Heimat mitbringt, sondern erst hier kauft und später auf der Heimreise wieder zurücklassen kann. Ich habe mir für die zwei bevorstehenden Monate drei T-Shirts, zwei kurze Hosen, zwei Handtücher, Sandalen und einen Pulli eingepackt. Bereits jetzt denke ich mir aber, dass ich durchaus noch weniger hätte mitnehmen sollen. Rebekkas Rucksack ist ähnlich spartanisch gepackt.
Der Flughafen liegt am Stadtrand Bangkoks. Auf dem Cityhighway geht es in Richtung Innenstadt. Links und rechts säumen etwa alle 500 Meter goldene Statuen, die einem offensichtlich Glück oder Ähnliches bringen sollen, den Straßenrand. Das ist durchaus spektakulär.
Wir verlassen die Schnellstraße, fahren noch etwas durch größere und kleinere Sträßchen, bis wir nach etwa 30 Kilometern die Khaosan Road erreichen.
Die Khaosan Road ist voll. Voll von Touristen, fliegenden Händlern, Hostels, Werbung, Restaurants und Geschäften aller Art. Klingt schrecklich, ist es aber seltsamerweise nicht. Vielleicht liegt es auch nur am mehr und mehr aufkeimenden Urlaubsfeeling, aber ich fühle mich sogar recht wohl hier. Das liegt wohl auch daran, dass man die Schlepper und Verkäufer durch ein einfaches Lächeln in Verbindung mit einem Kopfschütteln und einem: »No«, loswerden kann. Sofort! In Kuba funktioniert das nicht …
Wir setzen uns erst einmal auf die Terrasse eines der vielen Restaurants und trinken etwas. Ich bestelle mir ein großes Lion Beer. Große Biere, weiß ich nun, sind in Thailand keine halben, sondern lässige 0,64 Liter. So in der prallen Sonne, 30–40 °C wärmer als in Berlin, knallt das schon ein bisschen. Mir geht’s gut.
Es ist zu laut hier, als dass man hier übernachten möchte. Von daher beschließen wir, die Khaosan Road zu verlassen und uns eine Bleibe rund um den gegenüber der Khaosan Road gelegenen Tempel Wat Chai Chana Songkhram zu suchen. »Wat« heißt Tempel. Die Straße hier heißt Soi Rambuttri, ist vom Prinzip ähnlich der Khaosan Road (Essen, Party, Hostels), dabei aber nicht halb so überlaufen. Und das, obwohl wirklich nur eine Straße zwischen den beiden Backpackerdomizilen liegt.
Wir gehen ins Green Guesthouse. Die Frau an der Rezeption fragt uns, welche Preiskategorie wir wünschen: die Ventilator-und-Gemeinschaftsbad-Kategorie, die Klimaanlage-und-Gemeinschaftsbad-Kategorie oder die Klimaanlage-und-eigenes-Bad-Kategorie. Wir entscheiden uns für die billigste Kategorie. Das Doppelzimmer kostet 290 Baht, was knapp sechs Euro sind. Die Dame drückt uns einen Schlüssel in die Hand und sagt uns, dass wir uns erst das Zimmer anschauen sollen. Das Zimmer besteht die Prüfung und wird gemietet.
Um den Jetlag zu besiegen, gehen wir natürlich noch nicht schlafen. Also setzen wir uns in eines der vielen Restaurants der Soi Rambuttri und schauen dem Treiben auf der Straße zu. Und nach den nächsten 0,64-Liter-Bier bei 30 °C ist die Welt noch schöner. Bisher finde ich unsere noch sehr, sehr junge Reise großartig.
Morgen wollen wir Bangkok vorerst schon wieder verlassen. Unser Ziel heißt Koh Chang, nach Phuket die zweitgrößte Insel Thailands. Wir kaufen uns das Busticket bei einem ziemlich provisorisch wirkenden Ständchen an der Straße. Der Verkäufer trägt einen sehr großen und wild glitzernden Brillie im Ohr und hat einen extrem langen Fingernagel am kleinen Finger der linken Hand. Was er damit macht, möchte ich mir nicht vorstellen. Die linke Hand gilt in Thailand als schmutzig, weswegen man mit ihr so gut wie nichts machen sollte: essen, Hände schütteln etc. Das Ticket ist mit knapp sieben Euro für 300 bis 350 Kilometer extrem billig. Als wir den Verkäufer fragen, ob es sich dabei auch um das »richtige« Koh Chang handelt oder ob dies das Koh Chang bei Ranong an der Westküste sei, macht er »special for you« einen Sonderpreis: Nun kosten unsere Tickets nur noch knapp 5,60 Euro pro Person. Ob es jetzt tatsächlich das Koh Chang nahe der kambodschanischen Grenze ist, werden wir allerdings wohl erst morgen erfahren …
Die Kräfte schwinden langsam und der Hunger wächst. Nach einem kleinen Spaziergang landen wir in einem anderen Restaurant und essen zum ersten Mal richtiges Thai-Food auf thailändischem Boden. Und es schmeckt großartig! Ist allerdings auch chön charf … »Nicht so scharf« heißt auf Thailändisch übrigens »mai pet«. Rebekka wird diese Bitte in Zukunft öfter äußern, während ich mich langsam gen »deadly stomach exploding thai hot« vorarbeiten werde.
Unsere Köpfe liegen schon fast auf den Tischen: Feierabend.
Die Matratze ist steinhart (aber eigentlich gar nicht mal ungemütlich) und der Ventilator bläst die ganze Nacht lang. Es ist wirklich extrem schwül. Nachts um vier werde ich mal wach. Draußen auf der Soi Rambuttri ist noch immer was los. Allerdings scheinen nun nur noch die Einheimischen zu essen und sich zu unterhalten.

Vorwort   Inhaltsverzeichnis   Tag 2

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