Tag 17: Der Tag des Arsches

Curry-Competition

2010 03 12 11.45.50

Freitag, 12. März 2010
Ao Chalok Ban Kao & Ao Thian & Ban Mae Hat, Koh Tao

Heute ist der Tag des Arsches, was kein religiöser Feiertag, sondern unser leider nicht allzu positives Resultat des heutigen Tages ist: Es ist unser letzter Tag auf Koh Tao. Ich tauche nicht, dafür wollen Rebekka und ich heute bei den Schwarzspitzen-Riffhaien in der benachbarten Shark Bay beziehungsweise – auf Thailändisch – Ao Thian schnorcheln. Hierzu leihen wir uns bei Cheng für 200 Baht einen Kajak für die nächsten fünf Stunden und paddeln hinaus zum Buddha Rock. Das Meer ist heute etwas welliger als sonst, weswegen wir schon befürchten, dass die Sicht in der Shark Bay unter diesen Umständen womöglich nicht die beste sein dürfte. Knapp 200 Meter hinter dem Buddha Rock eröffnet sich uns die Shark Bay. Unsere Befürchtung wird nicht nur bestätigt, sondern noch übertroffen: Die Welle geht genau in die Bucht hinein und das Sediment im Wasser ist dementsprechend aufgewühlt. Noch geben wir die Hoffnung aber nicht auf und steuern in dieser – wen überrascht es – sehr schönen Bucht einen klitzekleinen Strand auf der Westseite an. Neben diesem kleinen Strandabschnitt wurde vor einer Reihe Bungalows ein Steinsteg errichtet, der so aussieht, als sei er extra zum Haieangucken angelegt worden. Wir lassen uns von der Welle an den Strand spülen und stellen fest, dass es von hier aus keinen Zugang zum Steg gibt. Also steigen wir auf steilen Stufen den Hang hinauf und gehen über die Straße zum benachbarten Resort. Dort geht es einen kleinen Treppenirrweg wieder hinunter zum Wasser, an dessen Ende wir dann doch noch auf dem Steg landen. Die Welle prescht recht stark gegen den Felsen, weswegen ich erst einmal teste, ob es überhaupt Sinn macht, hier zu schnorcheln. Ich springe ins Wasser, möglichst weit vom Einstiegsplateau weg, damit mich die Welle nicht gleich wieder dagegen drückt. Trotz Maske sehe ich kaum mehr als 20 Zentimeter weit. Das wird wohl nichts, das ist für’n Arsch. Also wieder raus da.

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… und ich hätte so gerne Haie gesehen …

Wir klettern zurück zu unserem kleinen Strand und stellen fest, dass uns die Welle und die Felsformation im Wasser vor dem Strand in perfekter Harmonie daran hindern, mit dem Kajak wieder herauszurudern. Tja, da stehen wir nun dumm herum. Ein Pärchen kommt vorbei und bemerkt unser Problem. Er ist laut Aussage seiner Freundin ein erfahrener Paddler, sieht für uns aber auch keine wirkliche Möglichkeit herauszukommen. Das motiviert. Da der Kajak verdammt schwer ist, ist es unmöglich, ihn die steile, enge und ungleichmäßige Treppe hinauf zur Straße zu schleppen, um ihn dann am Hauptstrand wieder ins Wasser zu lassen. Über die Felsen direkt am beziehungsweise im Wasser gelangen wir auch nicht zum Hauptstrand, ohne Knochenbrüche zu riskieren. Verdammte Scheiße … was machen wir denn jetzt?
Ich bemerke, dass vom Strand aus ein Seil ins Wasser reicht, das uns durchaus hilfreich sein könnte. Also schlage ich Rebekka vor, dass ich alleine versuchen werde mit dem Kajak hinauszurudern und sie dann am Hauptstrand abholen komme. Zunächst ist Rebekka nicht so begeistert von der Idee. Ich taste mich vorsichtig nach vorne. In der einen Hand halte ich das Seil, das im Meer verschwindet, in der anderen Hand ein Seil des Kajaks. Als Rebekka bemerkt, dass mein Plan ziemlich einfach aufzugehen scheint – ich habe mich bereits an zwei problematisch platzierten Felsen vorbeigestohlen –, höre ich, als ich gerade in den Kajak springe, um loszupaddeln, von hinten nur noch ein: »Ich schiebe dich an!«
Bevor ich den Satz überhaupt realisiere, bekomme ich von hinten einen unerwarteten Schub und werde von meiner Freundin auf die Welle zugestoßen. Mutig und waghalsig: Noch hatte ich mir nämlich die Möglichkeit offen gehalten, kontrolliert aus dem Kajak herauszuspringen, ohne gegen einen Felsen zu knallen. Den Plan kann ich jetzt vergessen. Zum Glück geht aber alles gut und ich befinde mich in sicheren Gefilden.
Wenig später erreiche ich den sehr idyllischen Hauptstrand und erwarte Rebekka, die jeden Moment ankommen müsste. Dies will aber einfach nicht geschehen, weswegen ich nach wenigen Minuten beschließe, ihr entgegenzugehen. Hinter dem Strand erstreckt sich ein weitläufiges Bungalowresort, dessen Ein-/Ausgang ich schlicht und ergreifend zunächst nicht finden kann. Also irre ich zunächst ein wenig durch die große, grüne Anlage, bis ich dann doch endlich eine Schotterpiste entdecke, die aus der Bucht herauszuführen scheint. Der unasphaltierte Weg befindet sich an der Ostseite der Bucht, was schon einmal erklären dürfte, warum Rebekka so lange benötigt, um zum Strand zu kommen. Wahrscheinlich findet sie den Zugang nicht. Außer einer Badehose trage ich nichts am Körper, wodurch ich die Aufmerksamkeit eines Thais gewinne. Er fragt mich, ob er mir helfen kann, was ich nicht verneine: »I’m looking for my girlfriend«, lasse ich ihn wissen. Er bietet mir an, mich auf seinem Roller mitzunehmen. Ja, warum auch nicht, denke ich mir und schon geht es die steile Kieselsteinstraße nach oben. Nach einigen Hundert Metern erreichen wir dann die Pforte des Resorts. Hier lädt mich der nette Thai ab und ich wundere mich, wo um alles in der Welt ich jetzt auf einmal gelandet bin. Die Straße hier oben sieht so überhaupt nicht nach der Straße aus, die zur Westseite der Bucht, geschweige denn zu unserem »Heimatstrand« führt. Es ist ein verdammter Feldweg, der in Richtung Norden führt! Ich wandere den Weg noch ein paar Hundert Meter barfuß entlang, beschließe dann aber wieder umzukehren. Falls dies der einzige Weg zur Westseite der Bucht sein sollte, hat Rebekka wahrscheinlich auch keine Lust darauf, ihn barfuß entlang zu spazieren. Es sieht nach einer mehrere Kilometer langen Strecke aus … Ja, leck mich doch am Arsch.
Ich gehe also wieder zurück zur Pforte und sehe bewusst hilflos aus. Der nette Rollerfahrer von eben und sein Security-Kollege sprechen mich dann auch direkt an.
»I can’t find my girlfriend«, lasse ich die beiden wissen. Allerdings verstehen sie mich nicht. Auch als ich mit Händen und Füßen versuche zu erklären, was los ist, kommt herzlich wenig an. Der Security-Mann rafft dann aber immerhin, dass ich nichts gegen einen kleinen Ausflug mit seinem Roller einzuwenden habe und macht die Maschine startklar. Blöderweise richtet er den Roller aber zur falschen Richtung aus, also in Richtung Strand. Das bringt mir herzlich wenig, also lehne ich dankend ab, laufe wieder runter zum Strand und bin erstaunt darüber, wie schnell sich anscheinend Hornhaut auf der Fußsohle bilden kann: Die Kieselsteine machen mir gar nichts. Yeah.
Ich erreiche den Kajak und sehe am kleinen Strand Rebekkas Paddel winken. Oha, sie ist tatsächlich wieder zurückgekehrt und gibt mir Zeichen. Ich wedle mit meinem Paddel zurück, errege so die Aufmerksamkeit der sich Sonnenden und paddle Rebekka entgegen. Ich sammle sie auf ein paar Felsen auf, über die sie gerade den Hauptstrand erreichen möchte. Bewusst hat sie mir übrigens gar keine Zeichen mit dem Paddel gegeben. Das Paddel diente ihr nur als Kletterhilfe. Hm.
Der einzige Weg von der Westseite der Shark Bay zur Ostseite führt nebenbei tatsächlich über einen mehrere Kilometer langen Umweg über Ao Chalok Ban Kao!
Als wir wieder aus der Shark Bay herausrudern, merkt Rebekka an, dass ihr die Wellen mittlerweile zu hoch sind, um wieder zurückzurudern. Schwimmwesten hat Cheng uns übrigens keine mitgegeben. Als wohlsorgender Freund akzeptiere ich ihre Entscheidung. Wir machen kehrt und nehmen uns ein Taxi-Boot. Gerade als ich, mit dem höchst wahrscheinlich ziemlich bekifften Bootsführer, den Kajak in das Longtail Boat hieve, rutsche ich in dem durch Algenbewuchs spiegelglatten Boot aus und knalle volle Möhre auf meinen Allerwertesten. Für einen Moment bleibt mir die Luft weg und ich sehe Sternchen um meinen Hintern tänzeln. Der Longtail-Boat-Fahrer kann sich zudem ein kurzes, aber dafür ziemlich breites: »Ähö höö«, nicht verkneifen. Mit schmerzendem Steiß und laut tuckerndem Motor zuckeln wir zu Cheng zurück.
Den Rest des Tages fällt mir Bücken und Sitzen schwerer als sonst, weswegen Marie mir eine Thai-Massage empfiehlt. Super Idee, denke ich mir und wenige Minuten später werde ich am Strand von einem Masseur bearbeitet. Der Mann hat magische Hände, die zwar hier und da auch mal ordentlich fiese Punkte penetrieren, aber auch wirklich Linderung verschaffen: Er lässt meine Wirbelsäule knacken und dehnt und zerrt meinen Körper in Richtungen, die ich mir seit Beendigung meiner sportlichen Laufbahn nicht mehr zugetraut hätte. 30 Minuten kosten übrigens gerade einmal 150 Baht. Für die volle Stunde nimmt er 250 Baht.
Mit der Nachtfähre werden wir heute Koh Tao in Richtung Krabi verlassen. Um 19 Uhr werden wir daher von einem Pick-up-Taxi nach Ban Mae Hat an den Pier gefahren. Auf dem Weg dorthin winkt uns die Frau, die die vielleicht besten Fruit Shakes unserer bisherigen Reise mixt, freundlich zum Abschied hinterher und ruft laut: »Bye bye!«
Einfach süß.
Warum uns die Travel Agency, bei der wir uns die Tickets gekauft haben, bereits so früh abholen lässt, verstehen wir nicht wirklich. Die Fähre legt nämlich erst um 21 Uhr ab.
Wir spazieren also noch durch das touristische Örtchen und entdecken dabei neue Fruit Shakes: Longan heißt die Frucht, die ich mir mixen lasse und die wie eine Mischung aus Traube und Kokosnuss schmeckt, dabei aber wie eine Litschi mit trockener brauner Schale aussieht. Schmeckt gut, ist aber nach einiger Zeit dann doch etwas zu extrem im Geschmack. Rebekkas Coconut Shake schmeckt, um es mal mit den seltsamen Worten meiner Mutter auszudrücken, »wie der Arsch vom Friedrich«. Das soll »langweilig« à la »eingeschlafene Füße« heißen.
Gegen 21 Uhr dürfen wir dann auf die Fähre und sind doch etwas amüsiert und überrascht, als wir unsere Betten für die acht Stunden lange Überfahrt direkt nach Surat Thani sehen. Wir hatten bereits gerätselt, was uns erwarten würde. Eine badische Taucherin, die wir bei den Reef Riders kennengelernt haben, hatte bereits wüste Storys über die Nachtfähre gehört, war sich selbst aber über deren Wahrheitsgehalt nicht sicher: »Stimmt dess, dass die do all üwwereinander liegen? Dess isch so en riesegroßes Gemeinschaftszimmer!«
So ganz daneben liegt Simone mit ihren Infos nicht: Es liegen tatsächlich knapp 120 Leute auf harten Matten nebeneinander in einem einzigen Raum. Wenn es dann auch noch wellig sein sollte, ist die Wahrscheinlichkeit, dass »die dann do all üwwereinander liegen« auch durchaus gegeben. Lustig ist zudem noch, dass man sich eine Matratze teilen muss. Ich teile mir meine Matratze mit einer Wildfremden, die außer: »This is the border«, kein Wort mit mir wechselt. Rebekka teilt sich ihre Matte mit Jeneke aus Holland, die seit Oktober durch Südostasien reist und gleich den ersten Ort, an dem sie war, nämlich Peking bislang am coolsten findet … weil es dort so asiatisch ist.

Die Fähre legt ab und wenig später schaukelt es ordentlich hin und her. Zwar liegen doch nicht plötzlich alle übereinander, aber Rebekka wird es schlecht, weswegen sie sich zur Sicherheit vor das geöffnete Fenster kniet. Zum Fische Füttern kommt es aber nicht, da Bekki sich im Knien irgendwie so merkwürdig bewegt, dass sie sich irgendwas irgendwo im Hintern eingeklemmt hat. Der schmerzt ihr nun so sehr, dass sie sich nicht mehr auf den Wellengang konzentrieren kann und somit die lange Fahrt über die stockdunkle See ohne Kotzen übersteht. Ich verstehe nicht so ganz, was genau da in ihrem Popöchen passiert ist, … aber auf jeden Fall spüren wir jetzt beide unsere Poperze.

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